Die Freude steht ihm ins Gesicht geschrieben. So strahlt Ueli Ramseier über beide Backen, als er am Mittwoch feierlich die Innovation vorstellt: Die erste Trachtenschürze aus Schweizer Seide. Eigentlich könnte man es als selbstverständlich betrachten, dass die Seidenschürze der Berner Sonntagstracht ein Schweizer Produkt ist. Gefertigt wird sie auch hierzulande, aber der Rohstoff dafür stammt grösstenteils aus China. Das soll jetzt ändern.

«Ein Traum»

Die drei Trachtenschneiderinnen Eva Orsinger, Barbara Moor und Jrene Burkhalter posieren vor der Kamera. Sie haben die Ehre, die Schürze erstmals der Öffentlichkeit zu präsentieren. Die hellblauen Blumen wirken silbern auf dem Rot, das ein Berner Rot sei, wie die Anwesenden der staunenden Redaktorin erklären. Hier scheint nichts dem Zufall überlassen. Das im Sonnenlicht schimmernde Silber passt perfekt zum traditionellen Silberschmuck der Tracht. «Ein Traum», sagt Ueli Ramseier.

Der Landwirt, den Hans-Jörg Moser von Minnotex als «Mister Seide» bezeichnet, ist namhaft an diesem Projekt beteiligt. Auf seinem Betrieb in Hinterkappellen standen auch die ersten Maulbeerbäume, die es für die Seidenproduktion schliesslich braucht. Nun sind bei Minnotex in Herzogenbuchsee 48 Meter Stoff für diese Schürzen entstanden. Ist die Nachfrage da, soll weiter produziert werden. «Wir müssen mit einem Jahr Vorlaufzeit rechnen», sagt Ramseier. Denn die Raupen, welche die Seide für die nächsten Trachtenschürzen produzieren sollen, sind noch in der Aufzucht.

 

Die hellblaue Blume wirkt silbern

Der Verein Swiss Silk hat zusammen mit der Trachtenberatungskommission der Bernischen Trachtenvereinigung und der traditionellen Stoff- und Bandweberei Minnotex GmbH die erste Trachtenschürze mit Schweizer Seide entwickelt. Damit sei eine Innovation an der Schnittstelle zwischen Brauchtum, traditioneller Textilindustrie und Landwirtschaft gelungen.

Die Schürze ist ab Ende August bei den diplomierten Bernischen Trachtenschneiderinnen zu kaufen. «Die hellblaue Blume, welche speziell für diese Schürze aufbereitet wurde, harmoniert perfekt mit dem Rot der Trachtenschürze», erklärt Marianne Gnägi, Präsidentin der Trachtenberatungskommission der Bernischen Trachtenvereinigung.

 

Schweizer Produkt glänzt mehr und ist nachhaltiger

Wer nun glaubt, dass diese Schürze ein Mehrfaches kostet, täuscht sich. Lediglich 30 Franken teurer sei der Meter. Der Rohstoff koste in Schweizer Qualität viermal mehr, als in chinesischer. Aber die Verarbeitung der Seide sei identisch, diese Kosten daher gleich. Zudem glänze der Stoff hierzulande mehr, was Hans-Jörg Moser auf die Produktionsform und die Umweltbelastung in den anderen Ländern zurückführt. «Das Schweizer Produkt ist viel nachhaltiger», sagt er. In China fände eine industrielle Produktion statt, kein Vergleich mit dem Idyll hier auf dem Hof in Hinterkappelen.

Die grosse Vielfalt der Trachten

Im Kanton Bern gibt es 79 «bewilligte» Trachten, alleine für Frauen. Zum Teil unterscheiden sich diese aber nur in Nuancen, wie zum Beispiel die Gotthelf-Tracht und die Grindelwaldner-Tracht. Wer vom Fach ist, weiss, was zu welcher Tracht gehört. Und die Trachten hätten sich in all den Jahren auch ein wenig den Trägerinnen angepasst. Die Berner Sonntagstracht wird seit über 250 Jahren dokumentiert.

Welche Farbe die Schürze hat, ist offen, Blumen gehören darauf und aus Seide sollte sie sein. Künftig möglichst komplett aus der Schweiz, ist man sich am Anlass einig. Auf das einzigartige Produkt dürften bald auch andere Kantone aufmerksam werden. Denn diese Schürze eignet sich für mindesten zehn weitere Trachten. Eine erste Bestellung aus Zürich sei eingegangen.

Weitere Informationen: www.trachtenvereinigung-bern.ch