Das auf den 1. April 2017 in Kraft getretene revidierte Baugesetz sieht vor, dass die im Bauinventar verzeichneten Bauten nicht mehr als 7 % des Gesamtgebäudebestandes umfassen dürfen. Um diese Vorgabe umzusetzen, überarbeitete die Denkmalpflege seit 2016 im Rahmen des Projekts «Revision Bauinventar 2020» das Bauinventar und reduzierte die darin verzeichneten Baudenkmäler und Baugruppen von knapp zehn auf sieben Prozent. Die Überprüfung ist abgeschlossen, nun folgt bis Ende 2023 die rechtliche Umsetzung.
Fachliche Kriterienliste
Bei der Überprüfung der Gebäude werden folgende Kriterien berücksichtigt:
- Künstlerische Kriterien: Architektonische Qualität, Ausdruckskraft und Schmuck, Erhaltung des ursprünglichen Konzepts.
- Kunstwissenschaftliche Kriterien: Architekturgeschichtliche und stilistische Bedeutung, Einordnung des Bautyps.
- Technische Kriterien: Bedeutung innerhalb der bautechnischen Entwicklung, Qualität der Konstruktion, handwerkliche und/oder technische Qualität der Ausführung.
- Historische Kriterien: Kultur-, wirtschafts-, sozial-, ereignis- oder personengeschichtliche Bedeutung.
- Rahmenkriterien: Qualität und Zustand der Nahumgebung (Vorland, Garten, Einfriedung usw.).
- Situation: Stellung und Wirkung im städtischen oder dörflichen Raum und im Ortsbild. Stellung innerhalb einer historischen oder räumlich zusammengehörigen Baugruppe.
25 % ersatzlos gestrichen
Die Denkmalpflege untersuchte rund 25 000 erhaltenswerte Inventarobjekte und 2000 Baugruppen. Von diesen Baugruppen bleiben gemäss der Denkmalpflege insgesamt
- rund 50 Prozent unverändert im Bauinventar
- wurden ungefähr 25 Prozent verändert (verkleinert, vergrössert oder mit anderen Baugruppen zusammengeschlossen)
- wurden gut 25 Prozent ersatzlos aufgelöst.
Auftrag zeigt Wirkung
Die Umsetzung des Auftrags des Grossen Rates zeigt also Wirkung. In der Periode von 2016 bis 2021 wurden die erhaltenswerten Inventarobjekte um 43 % auf 14 200 Gebäude reduziert. Die Zahl der schützenswerten Inventarobjekten blieb unverändert bei 14 000 Gebäuden, weil es sich bei den Einzelobjekten früh zeigte, dass bei den schützenswerten Baudenkmälern die Möglichkeiten zur Reduktion gering wären, da es sich hier um die bedeutendsten Objekte des baukulturellen Erbes handelt, heisst es in einer Mitteilung der Denkmalpflege des Kanton Bern.
«Erhaltenswerte Baudenkmäler, die sich in aufgelöstenBaugruppen befinden, verlieren ihren Status als kantonale Objekte. Für Bauvorhaben, die diese Bauten betreffen, sind in Zukunft die Gemeinden zuständig und nicht mehr die Denkmalpflege», wie die Denkmalpflege mitteilt.
Bauernhäuser unter Schutz
Im Bauinventar sind die schützenswerten und erhaltenswerten Baudenkmäler des Kantons erfasst. Die Bezeichnung «denkmalgeschützt» wird nur für Bauten verwendet, die durch Vertrag und mit Eintrag ins Grundbuch unter Schutz des Kantons oder des Bundes gestellt sind. Die Erhaltung und Pflege von Baudenkmälern liegt im öffentlichen Interesse. Deshalb gelten Finanzhilfen wesentliche Leistungen in diesem Bereich ab. Bei-träge über 5000 Franken bedingen die formelle Unterschutzstellung eines Baudenkmals. «Unter Schutz stehen derzeit rund 1400 Bauernhäuser», erklärt Barbara Frutiger von der Denkmalpflege des Kantons Bern.
Unterschiede in Gemeinden
Jetzt wird der Verdacht geäussert, dass vorwiegend städtische Bauten aus dem Inventar entlassen würden. Gebäude in ländlichen Regionen, die teils für die Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebs genutzt werden, würden weniger häufig aus dem Bestand entlassen, heisst es. Die Denkmalpflegeerläutert, dass die Reduktion der erhaltenswerten Gebäude in den verschiedenen Gemeinden unterschiedlich ausfällt. Auf diese Unterschiede angesprochen erklärt Barbara Frutiger: «Die Zahlen variieren in den Gemeinden, weil die Überprüfung im Quervergleich nach gleichartigen Baugattungen, Regionen und Baujahren erfolgte. Die Ergebnisse der Überprüfung werden erst nach der öffentlichen Einsichtnahme und der Inkraftsetzung publiziert.»
Wer unterhält die Gebäude?
Grundsätzlich ist der Unterhalt einer Liegenschaft Sache der Eigentümer(in). Die Denkmalpflege ist unter anderem dann beizuziehen, wenn Bauvorhaben schützens- oder erhaltenswerte Objekte in einer Baugruppe betreffen, heisst es bei der Denkmalpflege.
Bei diesen äussert sich die Denkmalpflege bei einem Bauvorhaben im Rahmen des Bewilligungsverfahrens mit einem Fachbericht. Die Denkmalpflege berät die Bauherrschaft bei der Restaurierung und sie koordiniert mögliche Finanzhilfen aus Budgetmitteln der Bildungs- und Kulturdirektion, Mitteln des kantonalen Lotteriefonds, Beiträgen des Bundesamts für Kultur sowie von Seiten Dritter, heisst es in einem Merkblatt.