Uster Präzisionstechniken in der Landwirtschaft sind eine kostspielige Sache. Wer auf seinem Acker mit einer Präzision von +/– 2 Zentimetern säen, hacken oder Unkraut bekämpfen will, muss sich ein mindestens 10 000 Franken teures, automatisches RTK-Lenksystem für den Traktor anschaffen.
Obendrauf kommt die Lizenzgebühr für die Nutzung des hochpräzisen Ortungssignals, dem sogenannten RTK-Korrektursignal. Dieses Signal stellt unter anderem der Positionierungsdienst des Bundesamts für Landestopografie (Swipos) bereit.
Hohe Gebühren verhindern Innovationen
Eine direkt bei Swipos bezogene Grundlizenz für das RTK-Signal kostet 2000 Franken jährlich. Bei grossen Schweizer Landmaschinenhändlern ist eine Jahreslizenz für zirka 800 Franken erhältlich.
Gegen die hohen Investitions-Kosten und Lizenzgebühren für die RTK-Nutzung regt sich jetzt Widerstand aus Politik und Praxis. Die grüne Nationalrätin Meret Schneider verlangt in einer Motion die kostenlose Bereitstellung von RTK-Korrektursignalen für Schweizer Landwirte.
«Hohe Lizenzgebühren für ein präzises Ortungssignal verhindern den Einsatz ressourcenschonender Präzisionstechniken im Ackerbau», sagt Schneider im Interview mit der BauernZeitung.
Die Do-it-yourself-Lösung
Ausschlaggebend für Schneiders Motion war ein Besuch bei Andreas Pfister auf dem Birkenhof in Uster ZH. Pfister hat im letzten Frühjahr eigenhändig ein RTK-Traktorlenksystem gebaut. Kostenpunkt: 2000 Franken. Zeitaufwand: Zirka drei Wochen.
«Ein Lockdown-Projekt», sagt der 29-Jährige Agronomie-Student, der nebenbei häufig auf dem Biohof seiner Eltern hilft. Seit Juli ist das selbstgebaute Lenksystem im Einsatz.
Selber löten gelernt
Pfister hatte genug von kaputten Maispflanzen, die beim Hacken der kurvig gesäten Reihen unter die Räder kamen. Oder von teuren Reparaturen des Mähwerks, weil ein neuer Mitarbeiter den Schacht im Feld nicht kannte.
Er liest sich in die Materie der Präzisions- und Ortungstechniken ein, beschafft sich Elektrobauteile und Leiterplatten und bringt sich das Löten bei. Schon bald hat er die Hardware beisammen. Gesteuert wird das Lenksystem mit der Open-Source-Software AgOpenGPS. Youtube-Filme und die Internet-Community helfen Pfister bei der Installation.
Viele Vorteile
Mittlerweile unterstützen sich die Schweizer RTK-Tüftler (oder solche die es noch werden wollen) in einem Chatroom gegenseitig. 36 Leute sind es schon. Für Andreas Pfister dürften es aber noch viel mehr sein.
Er zählt die Vorteile von Präzisionstechniken im Ackerbau auf: «Bodenschonendere Feldbearbeitung, effizienteres Hacken, Vermeidung von Überlappungen, gezielte Unkrautbekämpfung. Die Liste ist schier endlos.»
Die Angst nehmen
Die hohen Investitionskosten halten noch immer viele von Präzisionstechniken ab. «Dass es billiger geht, habe ich gezeigt», sagt Pfister. Und um anderen die Angst vor dem Aufbau eines selbst gebauten Lenksystems zu nehmen, hat er mit seinem Bruder ein Anleitungsvideo gedreht (siehe unten).
Bleibt noch die teure Lizenz für das RTK-Signal. Vier Monate konnte Pfister für sein Projekt ein Gratissignal von Swipos beziehen. Er hofft jetzt, dass die Motion von Meret Schneider in Bern bald Gehör findet.
RTK-Korrektursignal und sein Preismodell
Um eine Position exakt zu bestimmen, reicht ein GPS-Signal nicht. Die Satelliten-Signale verzögern sich auf dem Weg zum Traktor. Die Position wird auf +/– 15 cm genau bestimmt. Das Real Time Kinematic-System (RTK) von Swipos bestimmt anhand von 30 eingemessenen Referenz-Antennen die exakte Position eines Empfängers. Um das System zu nutzen, benötigt man eine Lizenz.
Nationalrätin Meret Schneider und Agronomie-Student Andreas Pfister ärgern sich über das derzeitige Preismodell für das RTK-Korrektursignal von Swipos.
Landmaschinenhändler, die vom Bundesbetrieb Swipos viele Lizenzen beziehen und diese an Landwirte weitervermieten, verdienen damit Geld. Das geht so: Eine einzelne RTK-Lizenz von Swipos kostet 2000 Franken. Swipos gewährt für sogenannte Mehrfachlizenznehmer (also Händler) aber einen saftigen Mengenrabatt.
Je mehr RTK-Lizenzen ein Unternehmen kauft, desto weniger bezahlt es für eine weitere Lizenz. Pfister rechnet vor: «Kauft ein Unternehmen 20 Lizenzen, kostet eine Lizenz dank Mengenrabatt im Schnitt nur rund 600 Franken. Viele verkaufen das Signal aber teurer an die Bauern weiter und verdienen, ohne einen Mehrwert zu liefern.»
In der Schweiz sind laut Bernhard Streit, Dozent für Verfahrenstechnik im Pflanzenbau an der HAFL, rund 1400 solcher RTK-Lenksysteme im Einsatz.
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