Wo wird der Volkstanz getanzt und wie ist das Ganze organisiert?
Danielle Zaugg: Getanzt wird in Trachtengruppen, Volkstanzkreisen, Kinder- und Jugendgruppen in Pro-Senectute-Gruppen, an Volkstanzfesten und vielen Anlässen, organisiert durch die Ortsgruppen. Die Schweizerische Trachtenvereinigung ist der Mutterverband, in allen Kantonen gibt es die Kantonsverbände und im Kanton Bern, als sehr grossem Kanton, gibt es zusätzlich die Aufteilung in Landesteile. Die Ortsgruppen sind in der Regel den Kantonalverbänden angeschlossen.
Wie sieht es mit der Altersstruktur und der Geschlechterverteilung der Tänzerinnen und Tänzer aus?
Die Alters- und Geschlechtsstrukturen sind in den Kantonen sehr unterschiedlich. In einigen Kantonen ist die Durchmischung von Jung und Alt, Mann und Frau ausgewogen. In anderen Kantonen fehlen die Tänzer oder die Jungen, oder auch beide.
Und wie steht es um den Nachwuchs?
Auch hier gibt es kantonal grosse Unterschiede. Viele Kindertanzgruppen sind sehr gross. Nach der Pubertät sinkt das Interesse aber. In anderen Regionen, zum Teil kantonsübergreifend, gibt es Jugendgruppen, die hingegen sehr aktiv sind.
Was wird gemacht, damit dieser Nachwuchs gewonnen werden kann?
Aus Erfahrung wissen wir, dass sich die Jungen besser mobilisieren lassen, wenn sie als ganze Gruppe auftreten können. Jugendgruppen aufbauen und Workshops anbieten, ohne dass die Teilnehmenden sich in einer Gruppe fest binden müssen, heisst das Rezept.
Gibt es da unter den Kantonen auch Unterschiede?
Ja, sehr grosse Unterschiede. In Regionen, in denen Brauchtum grundsätzlich mehr Beachtung findet, ist automatisch auch das Interesse der gesamten Bevölkerung grösser.
Der Volkssport Schwingen hat in den letzten Jahren einen Boom erlebt, könnten Sie sich vorstellen, dass dies auch einmal beim Volkstanz passieren könnte?
Ja, wenn wir es schaffen, das Image von «verstaubt» abzulegen und uns moderner präsentieren, werden wir sicher die Wende herbeiführen können.
Welche Spuren hinterlässt Corona beim Volkstanz? Was sind in diesem Bereich derzeit die grossen Herausforderungen?
Seit März wurden alle Veranstaltungen abgesagt. Viele Gruppen haben die Tanzproben noch nicht wieder aufgenommen. Wir versuchen, alle zu motivieren, den Kontakt untereinander nicht zu vernachlässigen und halt gemeinsam einen Spaziergang zu machen. Dies wird in der kalten Jahreszeit noch schwieriger als im Sommer.
Welche Prognose wagen Sie für den Schweizer Volkstanz zu machen?
Mit unseren neuen Aktivitäten «tanzillus.ch, das ansteckende Tanz-mit-Programm» sind wir auf gutem Weg. tanzillus.ch macht Volkstanz zum Gemeinschaftserlebnis bei mannigfaltigen Gelegenheiten, es ist gelebte und bewegende Schweizer Volkskultur. Damit wollen wir bei verschiedenen Gelegenheiten, wie zum Beispiel Messen, die Leute animieren, das Tanzen selbst einmal zu versuchen und das mit einfachen Tänzen zu guter Schweizer Volksmusik.
Leider ist nun Corona ein grosser Störfaktor, da keine Events mehr stattfinden. Ich bin überzeugt, dass der Schweizer Volkstanz nicht verschwinden wird. Es wird neue Formen und Arten geben, die den Volkstanz wieder attraktiver machen. Die vielen grossartigen Volksmusikgruppen, die in den letzten Jahren entstanden sind, machen mich auch für den Volkstanz zuversichtlich.