Mit einer Exkursion wurde im zürcherischen Marthalen kürzlich das Weinländer Feldlerchenprojekt abgeschlossen. Der unauffällige Vogel mit dem spektakulären Gesang, der allerdings in vielen Teilen der Schweiz bereits verschwunden ist, gilt als der Charaktervogel der offenen Kulturlandschaft.

Charakteristischer Gesang

Im freien Feld ist zu sehen und zu hören, wie die Feldlerche rund 100 Meter aufsteigt und bis zu einer Viertelstunde lang durchgehend ihr Liedchen trällert. «Das macht sie aber nicht zur Freude des Menschen», sagte Matthias Griesser. Der Präsident des Andelfinger Naturschutzvereins erklärt, dass die Männchen im April singen, um die Weibchen anzulocken, nachdem sie das Winterquartier verlassen haben. Später, während der ersten und zweiten Brut im April und Juni, singt das Männchen, um das Revier zu markieren. Der Ackerbrüter landet nie direkt beim Nest, sondern geht stets noch einige Meter zu Fuss, um den Brutstandort nicht zu verraten.

Nistplätze müssen Deckung bieten

Beliebte Nistplätze findet die Feldlerche in Rüben- und Kartoffelfeldern, die gute Deckungen vor dem Fuchs bieten. Allerdings setzen ihnen dort die mechanische Bodenbearbeitung und der Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln arg zu. In dichte Getreidefelder können Lerchen nicht einfliegen. Der offene Mais mit einer Untersaat wäre eine Nistmöglichkeit für die Feldlerche, die von Weinländer Bauern jedoch nicht praktiziert wird.

Auf der Exkursion zum Abschluss des Projekts wurden auch Goldammer, Turteltaube und Rotmilan gesichtet. Einige Ornithologen wurden nervös, als sie den Wachtelruf «Picterik» vernahmen, der im Zürcher Weinland nur sehr selten zu hören ist.

 

Einstige Feldlerchen-Hochburg

Die Bestände der Feldlerche sind von 1988 bis 2008 im Kanton Zürich um 80 Prozent eingebrochen. Ursachen sind die intensive landwirtschaftliche Bewirtschaftung und der damit verbundene Rückgang des Insektenbestandes als Nahrungsgrundlage. Das Zürcher Weinland ist eine der letzten Feldlerchen-Hochburgen im Kanton Zürich. Die grössten Vorkommen sind hier in der Thur-Ebene bei Andelfingen, dem Stammertal und den Gebiet Benken–Rudolfingen sowie Marthalen–Alten zu finden. 

 

Finanzielle Anreize für die Landwirte

Mit der Ausweisung von Fördergebieten startete der Andelfinger Naturschutzverein im Jahr 2013 als Trägerorganisation das Feldlerchenprojekt. Projektleiterin war die Biologin und Bäuerin Beatrice Peter. Das Gesamtbudget betrug 335'000 Franken. 200'000 Franken stammten vom Lotteriefonds des Kantons Zürich. Einen stattlichen Beitrag leistete die Bertold Suhner Stiftung. Zudem wurde das Projekt von Gemeinden, Naturschutzvereinen und Gönnern finanziell unterstützt.

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Das Projekt sollte die Landwirte motivieren, spezifische Massnahmen für die Erhaltung des Feldlerchenbestandes umzusetzen. Biodiversitätsförderflächen Buntbrachen, Rotationsbrachen, Ackerschonstreifen und extensive Wiesen wurden zusätzlich zu den Direktzahlungen finanziell unterstützt.

In den landwirtschaftlichen Produktionsflächen gab es Fördermassnahmen für

  • Feldlerchenfenster,
  • weite Reihen im Getreide,
  • Sommergetreide,
  • kleinflächigere Nutzungseinheiten.

Die finanziellen Anreize sollten Mehraufwand und Ernteausfall abdecken. Zudem wurden die Kosten für das Saatgut für neue Brachen erstattet. «Der Beitrag sollte so hoch sein, dass die Massnahmen im Vergleich zur herkömmlichen Bewirtschaftung wirtschaftlich konkurrenzfähig werden», sagte Beatrice Peter.

Ein beträchtlicher Mehraufwand

«Man muss sich aber schon überlegen, ob die ganze Sache auch wirtschaftlich ist», sagte der Bauer Reto Wipf vom Martella-Hof. Buntbrachen können eine Menge Arbeit machen. Wipf bewirtschaftet Brachen, die mit Ackerbegleitpflanzen, Wildblumen, Kräutern sowie kleinen Büschen und Strukturen angelegt wurden. Die Buntbrache wird nicht bewirtschaftet und bleibt zwei bis acht Jahre stehen.

Der vielfältige Pflanzenbestand dient Insekten und Kleintieren als Nahrungsgrundlage, Überwinterungs- und Schutzraum. Grosse Probleme gibt es aber, wenn sich Neophyten, insbesondere das Einjährige Berufkraut, ansiedeln. Damit dieses nicht versamt, muss es ausgerissen und in der Kehrichtanlage entsorgt werden. «Wir lassen die Bauern mit ihren Problemen nicht allein. Nur Geld zahlen und schön reden reicht nicht», sagte Beatrice Peter. Sie gründete im Naturschutzverein Andelfingen eine spezielle Jätgruppe. Diese ging den Bauern bei dieser zeitintensiven Arbeit zur Hand. Bei einer Neophyten-Explosion in einer Buntbrache wurden sogar Zivildienstleistende abberufen.

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In den hohen Lüften trällert die Feldlerche ihr Lied. (Bild Thomas Güntert)

Auch andere Tierarten profitieren

In Anlehnung an die frühere Dreifelderwirtschaft wurden auch Rotationsbrachen angelegt, die während ein bis drei Jahren nicht bewirtschaftet werden, damit sich der Boden erholt. «Eine besonders wertvolle Massnahme ist aber die weite Saat», sagte Matthias Griesser. Bei dieser Bewirtschaftungsform werden nur 60 Prozent der Reihen gesät, so dass ein lückiges Streifenmuster im Getreidefeld entsteht und sich die Feldlerchen besser auf dem Boden bewegen können.

Laut Griesser hat eine Studie gezeigt, dass ein Weizenfeld neben einer Brache rund zehn Prozent Mehrertrag bringt, weil sich Nützlinge von Schädlingen in den angrenzenden Kulturen ernähren. «Vom Feldlerchenprojekt profitieren auch andere Tiere wie beispielsweise der Feldhase», betonte der Vereinspräsident.

 

Birdlife will weitermachen

Weil die Trendwende noch nicht erreicht ist, soll die Förderung der Feldlerche weitergehen. In den Gemeinden Andelfingen, Kleinandelfingen, Ossingen, Stammheim und Benken wurden Vernetzungsprojekte als Folgeprojekte gestartet. Landwirte bekommen für Buntbrachen und weite Saaten weiterhin einen zusätzlichen Förderbeitrag von 1000 Franken pro Hektare. Die weite Saat wurde in den bereits bestehenden Vernetzungsprojekten im Weinland als neue Massnahme aufgenommen. In den wenigen Weinländer Gemeinden, in denen es keine Vernetzungsprojekte gibt, wird der Kantonalverband von Birdlife Zürich als neue Trägerin das Feldlerchenprojekt weiterführen.