Der Schweiz ist es derzeit nicht ums Tanzen zu Mute. Die Covid-19-Pandemie hat das Land im Würgegriff. Und da stehen die folkloristischen Angebote nicht im Vordergrund. Sie gehören aber zur bäuerlichen Bevölkerung, wie der Käse und die Schokolade zur Schweiz. Brauchtum ist tief verankert. Trotz der Beliebtheit kämpfen Jodlerchöre oder Trachtengruppen je nach Region mit Nachwuchsproblemen. Die Pandemie verstärkt die Probleme noch. Während die einen ihre Proben vom Sääli in die Turnhalle verschoben haben, verzichten andere ganz auf die Proben. Mit der Folge, dass wohl einige Gruppen aufgelöst werden müssen, weil die Mitglieder die Tanz- und Singaktivität ganz aufgeben.

 

IG für 400 00 Aktive

Alle volkskulturell tätigen Spartenverbände und Organisationen von nationaler Bedeutung sind in einem Dachverband organisiert. Es handelt sich um die Interessengemeinschaft Volkskultur (IGV) Schweiz und Fürstentum Liechtenstein. Diese pflegt und fördert die vielfältige Laienkultur sowie das traditionelle Kulturgut in der Schweiz und in Liechtenstein. Das Spektrum reicht vom Jodeln über die Spitzenmacherinnen bis zu den Schwingern. Die IGV wurde 1990 gegründet und vertritt rund 400 00 Aktive. Sie versteht sich als kulturpolitische Organisation, welche die Interessen der Volks- und der Laienkultur vertritt. Zur Volkskultur zählt sie jene Organisationen und Institutionen, welche die heimatliche Tradition pflegen, entwickeln, verbreiten, erforschen und dokumentieren.

 

Neben den fehlenden Proben finden auch keine Konzerte oder Vorführungen statt. Die Anlässe sind aufgrund der Vorgaben des Bundesamts für Gesundheit schlicht und einfach nicht durchführbar. Wer bereits organisiert hat und absagen muss, erhält finanzielle Schützenhilfe vom Bund, die in der Covid-19-Kulturverordnung geregelt ist.

Wer hat Anspruch?

«Für Laienkulturvereine wie Blasorchester, Guggenmusiken, Trachtengruppen, Jodelchöre oder Theatergruppen gibt es besondere Finanzhilfen des Bundes zur Minderung des finanziellen Schadens, der aufgrund von staatlichen Massnahmen zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie entsteht», erklärt ­Daniel Menna, Stv. Leiter Stabsstelle Kommunikation beim Bundesamt für Kultur auf Anfrage der BauernZeitung. Anspruchsberechtigt seien Vereine von nicht professionell tätigen Personen in den Sparten Musik, Theater und Tanz. «Für 2021 stellt der Bund insgesamt zehn Millionen Franken für die Unterstützung von Laienkulturvereinen zur Verfügung», führt Menna aus. Die Voraussetzungen für eine Finanzhilfe sind folgende:

  1. Es können nur Entschädigungen gewährt werden für verbindlich programmierte kulturelle Veranstaltungen wie z. B. Konzerte, Aufführungen, Auftritte usw.
  2. Die betroffenen Veranstaltungen sind zwischen dem 26. September 2020 und dem 31. Dezember 2021 programmiert und können entsprechend belegt werden.
  3. Die Absage, Verschiebung oder reduzierte Durchführung der Veranstaltung geschieht aufgrund von staatlichen Massnahmen zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie. Gemeint sind behördliche Vorgaben (von Gemeinden, Kantonen, Bund) wie zum Beispiel die Schliessung von Veranstaltungsorten, eine Begrenzung der Anzahl Teilnehmenden, die angeordnete Umsetzung von Schutzkonzepten usw. Für die freiwillige Absage, Verschiebung oder Reduzierung einer Veranstaltung gibt es keine Entschädigung. 
  4. Der finanzielle Schaden muss konkret belegt werden (effektiv getätigte Auszahlungen, unterschriebene Vereinbarungen und Verträge, fehlende Einnahmen z. B. wegen reduziertem Publikum usw.) 
  5. Die Gesuche für Finanz­hilfen müssen vor dem 30. November 2021 eingereicht werden. 
  6. Die gewährte Finanzhilfe deckt höchstens 80 % des finanziellen Schadens. 
  7. Pro Verein und Kalenderjahr können höchstens 10 000 Franken beantragt werden.

Nun heisst es: Warten

Von den Herausforderungen sind auch grosse Feste betroffen, die jeweils auf eine Vorbereitungszeit von mehreren Jahren zurückblicken. In Basel soll kommenden Juni das Eidgenössische Jodlerfest stattfinden. Das, nachdem es in diesem Jahr aufgrund der Pandemie abgesagt und daher verschoben werden musst. Viele der Vorbereitungsarbeiten, auch auf finanzieller Ebene, seien schon gemacht, wie Daniel Buser, Bereichsleiter Marketing und Kommunikation, auf Anfrage mitteilt. «Das Fest findet in acht Monaten statt, wir können nicht abschätzen, wie die Lage dann sein wird», sagt Buser. Man plane daher auch normal weiter und sei optimistisch. Die Helfer(innen), Sponsoren und das gesamte OK sei gewillt, trotz der Verschiebung um ein ganzes Jahr, weiter zu unterstützen. «Die Verschiebung erfolgte glücklicherweise noch vor dem Start der grossen Kampagne für die Besucherwerbung», sagt der der Bereichsleiter. Am Anlass in Basel werden 10 000 aktive Jodler, Fahnenschwinger und Alphornbläserinnen erwartet. Hinzu kommen noch die Besucher. Nun heisst es: Abwarten. «Wir müssen auf den Frühling warten, vorher gibt es nichts zu entscheiden», sagt Buser.

Höchstens 80 % gedeckt

Bei der Durchführung grösserer Anlässe fallen auch sofort andere Summen ins Gewicht. «Bei der Absage, Verschiebung oder reduzierten Durchführung eines grösseren Anlasses im Bereich der Laienkultur, wie zum Beispiel eines kantonalen Trachtenfestes oder eines eidgenössischen Musikfestes – das heisst, wenn die Veranstaltung ein Budget von über 50 000 Franken und einen finanziellen Schaden von über 10 000 Franken vorweisen kann – kann der Veranstalter ein Gesuch um Ausfallentschädigung beim entsprechenden Kanton einreichen», erklärt Daniel Menna. Auch hier könnten nur verbindlich programmierte Veranstaltungen geltend gemacht werden, und die Ausfallentschädigung decke höchstens 80 % des finanziellen Schadens.

 

Was sind Volkstänze?

Schweizer Volkstänze sind einfache bis komplizierte Choreografien zu Schweizer Volksmusik. «Durch diese Vielfältigkeit können alle Mitglieder in der Gruppe mit einbezogen werden. Die einfacheren Tänze können alle mittanzen, bei komplizierteren oder sehr schnellen und ‹hüpfigen› Tänzen machen die ‹fitten› Tänzerinnen und Tänzer mit», erklärt Danielle Zaugg, Vorstandsmitglied der Bernischen Trachtenvereinigung.  Eine gute Tanzleitung finde immer einen Weg, alle Mitglieder der Gruppe miteinzubeziehen, sagt sie. Die häufigsten Tanzarten seien Paartänze, die in verschiedenen Formationen getanzt werden. Beliebte Taktarten seien Marsch, Walzer, Schottisch, Polka, Mazurka und Ländler in verschiedenen Variationen und Tempi. «Ein grosser Teil unserer Tänze wird im Kreis getanzt, mit oder ohne Partnerwechsel. Diese Art zu tanzen gibt ein gutes Zusammengehörigkeitsgefühl mit den anderen Tanzenden», schliesst Zaugg.