Es war am Sonntag 18. April nach dem Mittag, seine Frau Annina sei noch beim Ausreiten mit dem Pferd gewesen, erzählt Marcel Wigger von der Guetischwand, Ruswil. Eine Mieterin habe ihn informiert, dass in der Scheune etwas nicht stimme. Als er nachschaute, stellte er über dem gesamten Heustock Rauch fest. So trieb er sofort alle Kühe aus dem Stall, die Mieterin hatte bereits die Feuerwehr alarmiert. Kurz darauf entdeckte er Flammen im Heustockbereich und erste Ziegel fielen vom Dach.
Innert Minuten Vollbrand
Minuten später stand der Heustock in Flammen, der Stallbereich darunter allerdings noch nicht. So konnte Wigger zusammen mit Passanten und ersten Feuerwehrleuten weitere Tiere retten, Kälber und Mastschweine, teils bereits aus dem Rauch. Kaum waren alle 45 Tiere draussen, stand die ganze Scheune in Vollbrand. Wohl nicht mehr als eine Viertelstunde sei verstrichen, seit dem Entdecken des Rauches bis zum Vollbrand, berichtet Wigger gefasst.
Keine zehn Minuten nach der Alarmierung sei bereits auch die Polizei auf dem Platz gewesen, habe Fotos gemacht und erste feuerpolizeiliche Abklärungen gestartet. Ein Polizist habe aber gar noch beim «Hinaustragen» des letzten verstörten Mastkalbes (220 kg!) mitgeholfen.
Innert kurzer Zeit seien wohl gegen hundert Leute auf der Guetischwand gewesen an diesem Sonntagnachmittag, erinnert sich Wigger. Nicht nur Feuerwehrleute, sondern auch zahlreiche Nachbarn und Spaziergänger, die das Unglück und den Rauch von weitherum wahrnahmen. Viele halfen mit beim Zusammentreiben der Tiere im Freien.
Brandursache Kurzschluss
Bis die ersten Löscharbeiten durch die Feuerwehr gestartet werden konnten, habe es eine Weile gedauert, zumal bis aus 800 m und mehr Distanz Leitungen zu verlegen waren. Erstes Ziel war der Schutz des nahen Wohnhauses, dazu wurde ein Hydroschild aufgestellt. Die Scheune hingegen war nicht mehr zu retten.
Inzwischen ist die Brandursache klar: Auf Anfrage der BauernZeitung teilte die Staatsanwaltschaft mit, dass die Brand- detektive der Luzerner Polizei davon ausgehen, dass das Feuer wegen einer elektrotechnischen Ursache (Kurzschluss) ausgebrochen ist.
Gute Lösung für die Tiere
Schon am Sonntag erhielten Wiggers die Zusage, dass sämtliche Tiere in der Nachbarschaft untergebracht werden können. Dies, weil ein Landwirt, wenige Kilometer entfernt, nur rund einen Monat vorher die Milchproduktion aufgab und so genügend Platz für sämtliche Kühe und das Jungvieh in dessen Scheune zur Verfügung stand. Die Mastschweine konnten ebenfalls kurzfristig bei einem Nachbarn untergebracht werden bis zum Verkauf. Und auch für die zwei Pferde gab es Plätze bei einem benachbarten Pferdehalter. «Das war ein absoluter Glücksfall», sind Wiggers dankbar. Besonders froh sind sie, dass für das Rindvieh und auch für die Einlagerung des Raufutters am selben Ort eine längerfristige Lösung gefunden werden konnte, bis der Ersatzneubau der Scheune auf der Guetischwand wieder realisiert wird. Derzeit leben somit lediglich einige Zuchtschweine, die in einem anderen Gebäude untergebracht waren, auf dem Betrieb.
Effiziente Räumung
Bereits am Tag nach dem Brand ging es darum, wieder vorwärts zu schauen. Weitere feuerpolizeiliche Untersuchungen fanden statt, Experten der Gebäudeversicherung erklärten das weitere Vorgehen, nannten erste Schadensummen und beruhigten sie auch bezüglich Versicherungsschutz. Zu organisieren waren die Aufräumarbeiten, Klärung von Versicherungsfragen und vieles mehr. Wiggers waren froh, dass sie die ganzen Aufräumarbeiten inklusive Offerteneinholung an einen Bauleiter delegieren konnten.
Nach rund zwei Wochen startete die Räumung des Brandplatzes. Sehr beeindruckend und effizient sei das vonstatten gegangen. Innert weniger Tage sei alles sauber getrennt und abgeführt gewesen. «Das tat uns gut, nicht mehr ständig die Brandruine ertragen zu müssen, mit all den Gerüchen.»
Wiggers waren auch zufrieden mit der Unterstützung der Versicherungsleute. Teils hätten sie zwar erwartet, dass von den noch stehenden Bauteilen mehr abgeschätzt worden wäre. Beispielsweise auch die Bodenplatte der ganzen Scheune. Diese sei laut Gebäudeversicherung Luzern noch brauchbar und könne für einen Neubau wieder verwendet werden.
Am meisten beeindruckt habe die enorme Solidarität von Nachbarn, Bekannten und vielen Berufskollegen. «Wir wussten zwar, dass wir ein gutes Verhältnis zu den Nachbarn haben, aber gerade in so einem Unglücksfall erlebt man noch viel mehr, wie wertvoll eine solche Nachbarschaft ist», sagen Marcel und Annina Wigger übereinstimmend.
Planung braucht Zeit
Wird der Betrieb nun neu organisiert? Sie hätten beide gestaunt über die Vorstellung vieler Leute, dass doch kurz nach einem Brand schon die ganze Bauplanung angegangen werde. «Wir brauchten aber mehr als einen Monat, um nur wieder einigermassen in den Alltag zu kommen», sagt Annina Wigger. Vorher ging es um die Schadensbewältigung, den Abbruch, die Neuorganisation der Alltagsabläufe. «Wir hatten bisher null Kapazitäten, um uns um den Neubau zu bemühen.» Vergangene Woche wurde die Planung für den Ersatzneubau gestartet. Eine Betriebsumstellung kommt für Wiggers aber nicht in Frage. «Wir möchten wieder Käsereimilch produzieren», betonen Annina und Marcel. Bis der Neubau steht, werde es vermutlich mehr als ein Jahr dauern, sind sie sich bewusst. Dank der guten Zwischenlösung spiele es auch nicht so eine grosse Rolle, ob sie nun ein, zwei Monate später in einen neuen Stall einziehen können.
Rückblickend auf ihren Schadenfall raten Wiggers Berufskollegen, sich ob der Fülle von Entscheidungen und Massnahmen nicht nötigen zu lassen, sondern Ruhe zu bewahren, zu analysieren und strukturieren. Und auch Grenzen zu setzen, beispielsweise gegen unanständige Gaffer oder aufdringliche «Helfer». «Einigen Leuten fehlte es an Respekt, in Anbetracht unseres Unglücks und der grossen Belastung.»
Genügend versichern
Wiggers geben weiter den Tipp, sich gut zu versichern. Sie konnten den Betrieb Guetischwand als junges Landwirtepaar mit Ausbildung als Agronomen an der Hochschule für Landwirtschaft vor knapp vier Jahren pachtweise übernehmen, die Gebäude kauften sie im Baurecht. Zumal die Verschuldung somit hoch ist, suchten sie auch nach Möglichkeiten, Kosten zu sparen, etwa bei den Versicherungsprämien. Sie liessen sich aber von der Versicherungsberatung des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbandes zu optimalen Versicherungslösungen überzeugen. «Das wäre sonst am falschen Ort gespart gewesen.»
Ein Viertel aller Brände in der Landwirtschaft
Die Gebäudeversicherung Luzern (GVL) meldet für das vergangene Jahr 2020 Gebäudeschäden von 38,1 Mio Franken, das sind deutlich mehr als in den Vorjahren, wie dem Jahresbericht zu entnehmen ist. Elementarschäden machen 24,6 Mio Franken aus, davon 6,9 Mio in der Landwirtschaft. Feuerschäden gab es 13,5 Mio Franken, davon 5,7 Mio in der Landwirtschaft. Im Zehnjahresschnitt liegt der Anteil der Landwirtschaft bei einem Viertel aller Schäden. Letztes Jahr waren es allerdings 33 Prozent, solche Schwankungen seien aber üblich.
Die Hauptursachen von Brandfällen in der Landwirtschaft liegen bei elektrischen Installationen, Motorfahrzeugen in leicht brennbarer Umgebung und Überhitzung von Heustöcken. Ein grosses Problem sei die Einstellung von Motorfahrzeugen in Räumen mit leicht brennbaren Materialien, was verboten sei. Im Schadenfall müsse der Verursacher mit empfindlichen Kürzungen der Versicherungsleistungen rechnen.
Die GVL gibt Bauern den Tipp, Bauten und Anlagen fachmännisch erstellen zu lassen und nicht selber zu basteln. Und Geräte seien korrekt zu warten. Noch diesen Monat erhalten alle Luzerner Landwirtschaftsbetriebe von der GVL einen Flyer zum Thema Brandverhütung.