"Mit mir werdet ihr nicht weit kommen", lacht Sandra Breu-Oberli und steuert nach wenigen Schritten auf eine Linde zu. Sie organisiert regelmässig Heilpflanzenspaziergänge und zeigt, was sich am Wegrand an nützlichen und schmackhaften Pflanzen findet. Bereits wenige Meter neben dem Parkplatz des Giessenbades in Belp bleibt sie neben einer "Unkrautecke" stehen. Zustimmendes Nicken unter den Teilnehmern: "Ah ja, das wächst bei uns ums Haus auch". Das sei Giersch, oder Baumtropf, klärt Breu auf und ergänzt, dass die jungen Blätter roh gegessen sowie zu Pesto oder Spinat verarbeitet werden können. Und dass sie nach Sellerie schmecken, können die Kursteilnehmer gleich selber feststellen. "Einfach immer etwas weg vom Weg pflücken und auf einer Höhe, wo die Hunde nicht hinpinkeln können", lacht sie.

Grosse Pflanzenvielfalt

Ein paar Meter weiter verlieren dann auch die Brennnesseln ihren Schrecken, wer nämlich weiss wo anfassen, der wird von den Brennhaaren nicht gestochen. Wer sie zuerst zwischen den Fingern zerdrückt oder mit dem Wallholz darüber geht, der kann sie auch gefahrlos roh essen. Wer sicher gehen will, der verkocht sie zu Spinat oder Tee. Doch Sandra Breu-Oberli ermahnt die Teilnehmer auch, immer nur so viel zu pflücken, wie man wirklich brauche. Vieles findet sie im Wald oder am Wegrand. Wer bei Landwirten in den Feldern grössere Mengen pflücke, der solle vorher fragen. Es ist eine Gruppe rücksichtsvoller Naturliebhaber, die sich am Dienstag in Belp zur Heilpflanzenwanderung zusammengefunden hat. Vom, wie er sich selbst bezeichnet, Stadtkind, das nur die Brennnessel kennt, über die ehemalige Landwirtin, bis zur Hobbygärtnerin, in deren Garten mehr "Unkraut" als Gemüse wächst und die deshalb wissen möchte, was man denn davon essen kann, ist das Wissensspektrum breit. Breu hat für alle etwas zu bieten. Von den Blättern des Spitzwegerichs, welche bei Insektenstichen erste Hilfe leisten bis zu deren Blüten, welche sich zu einer schmackhaften "Pilzsuppe" verkochen lassen. Das Augut rund um das Giessenbad eignet sich bestens für den rund einstündigen Spaziergang mit vielen Zwischenstopps. Von sumpfig bis trocken ermöglichen die verschiedenen Pflanzenstandorte eine grosse Vielfalt. Der Spaziergang in der ursprünglichen Auenlandschaft, wo sich neben verschiedenen Amphibien auch Biber und Schwan wohl fühlen, wird lediglich durch den Kerosingeruch des nahen Flughafens etwas getrübt. Neben einer gelben Schwertlilie erklärt Breu, das solche Naturschönheiten auch wichtig seien und eine "optische Therapie" böten.

Kochen mit der Natur

Und zum Abschluss darf natürlich auch eine kleine Kostprobe aus der Natur nicht fehlen. Sandra Breu-Oberli hat Blätterteiggebäck gefüllt mit Brennnesseln und Hanfsamen mitgebracht, Sirup aus Mädesüss sowie in Essig eingelegte Löwenzahn- und Bärlauchknospen, welche jedem Raclette den I-Punkt aufsetzen würden. Es wird aber auch schnell klar, es braucht Fleiss, um eine vollständige Mahlzeit in der Natur zu sammeln. Und eben auch Wissen, was essbar ist, lecker, bitter oder gar giftig. Zur Sicherheit hat sogar die Fachfrau das dicke Bestimmungsbuch mit dabei. Davon gebe es verschiedene sehr Gute. Von Foto-Apps rät sie hingegen ab. Die böten zum Verspeisen zuwenig Sicherheit im Bestimmen der Wildpflanzen. 

Eine kleine Auswahl an Wildpflanzen und ihrer Verwendungsmöglichkeit gibt es unten im weiterführenden Artikel zu lesen. 

 

Die Heilpflanzenwerkstatt

Sandra Breu-Oberli hat sich ganz den Wild- und Heilpflanzen verschrieben und sich damit selbstständig gemacht. Sie bietet verschiedene Kurse, Spaziergänge und Wanderungen zum Thema an. Während die Spaziergänge und Wanderungen mehrheitlich im Frühling und Frühsommer statt-finden, da die jungen Keime am schmackhaftesten sind, finden im Herbst und Winter Kurse in Thierachern statt. Heilpflanzen für Schwangere und Stillende, solche für Kinder, ein Apitherapie und ein Wickelkurs, aber auch Kochkurse mit Kräutern sowie die Herstellung von Natur-kosmetik. Auch zwei ganztägige Wildpflanzenwanderungen, eine am 16. Juni im Gasterntal und eine am 23.6. auf die Oberstockenalp bietet Sandra Breu-Oberli an. Ebenfalls für Kinder ist das Angebot in der Heilpflanzenwerkstatt gross. Hier bietet Sandra Breu-Oberli Workshops an und stellt mit den Kindern Naturfarben her, bastelt Schmetterlingshotels, macht eine Trostsalbe, flechtet Traumfänger oder macht Brennnesselseife. 

Weitere Informationen: www.heilpflanzenwerkstatt.ch