Soooo, jetzt stehen sie also wieder da, diese Grinde, lächeln statisch, den Blick visionär in die Ferne gerichtet und ihre Kleidung sagt, «Ich bin ein knallharter Geschäftsmann» oder «Ich bin so grün, dass ich mich mit Altkleidern kleide». Eine Kunst auf einem einzigen Plakat zu sagen, warum man jemanden wählen sollte. Und für mich noch schwieriger, aufgrund eines gefotoshopten Bildes, das noch das Gleiche ist wie vor vier Jahren, festzustellen, ob mir jemand etwas bringt in der Regierung. Bei einigen steht da sogar «Bisher» in grossen Buchstaben. Die waren also bereits in der Regierung. Warum müssen die das dann hinschreiben? Eigentlich müsste mir ja auf den ersten Blick klar sein: «Ah der Meier, dank dem bekommen die Landwirte endlich wieder einen Franken pro Kilo Milch» oder «Ah die Müller, die hat dafür gesorgt, dass meine Kinder einen Schulbus haben und ich nicht mehr Taxi spielen muss». Aber warum soll ich jemanden wählen, der da auf die Plakate schreiben muss, dass er dann im Fall schon dort gewesen wäre in der Regierung.
Schreiben was man will
In Wahljahren werden ja auch immer die Versammlungen länger. Weil da am Schluss noch einer aufsteht und sagt, dass man wählen solle. Also ihm sei es ja egal wen, aber wählen solle man. Und wenn es keine Umstände mache, dann wäre er froh, wenn man ihn wähle, aber daneben dürfe man also auf die Liste schreiben, wen man wolle. Die nächsten drei Jahre sieht man die dann nie wieder. Einige mögen sagen Gott sei dank, dann ist früher Feierabend. Aber man könnte ja auch einmal den Wählern ‹Danke› sagen oder von der Einlösung der Wahlversprechen berichten. Aber trifft man sie zufällig, dann heisst es, man habe fast und wenn die Grünen nicht gewesen wären, hätte man sogar ganz und überhaupt, sei es halt dumm gelaufen und schuld sei eh der Russe … oder der Chinese. Auf jeden Fall einer, dessen Sprache ich nicht spreche und den ich nie fragen kann, ob er denn wirklich schuld sei.
Die Zeiten ändern sich
Das letzte Mal, als ich mich an dieser Stelle über die Verschandelung unserer schönen Landschaft mit Wahlplakaten beschwerte, stellten mir die Nachtbuben prompt die überdimensionalen SVP-Grinde vor mein heissgeliebtes Eiger-Mönch-Jungfrau-Panorama. Das ginge diesmal noch ringer, denn die stehen ja jetzt sogar auf Anhängern. Scheinbar wurde der Wahletat ausgerechnet unter dem bauernnahen Albert Rösti erhöht und der bisherige Schwierenlieferant damit auch noch arbeitslos gemacht. Damit weiss man jetzt nie, aus welcher Ecke einem die mobilen Grinde angrinsen. Solche Schockerlebnisse sind bestimmt prägend. Aber ob es einen zum Wählen verleitet? Gefährlich ist ja auch, dass ausgerechnet jetzt Stephen Kings «Es» in die Kinos kommt. Schwierig, das Kinoplakat mit dem Horrorclown von all den Wahlplakaten zu unterscheiden. Hoffen wir also, dass nicht Pennywise in den Nationalrat gewählt wird.
Eine gute Sache
Aber Wählen gehen ist ansonsten eben schon eine gute Idee. Gerade auf dem Land. Das muss eh schon genug Federn lassen. Oder eben Schulen, Spitäler, Postautos und die Massentierhaltung. Vielleicht sollten wir diesmal einfach ein paar Neue wählen. Die andern hätten ja weiss Gott genug Zeit gehabt, den Milchpreis zu erhöhen, die Krankenkassenprämien zu senken und unsere Schweiz etwas sauberer zu machen. Die Nächsten bitte. Hoffen wir, dass die dann in vier Jahren nicht «Bisher» auf ihre Plakate schreiben müssen.