Es war in meiner Kindheit ein festes Ritual. Oben am Tisch sass mein Grossvater und nach dem Essen wanderten alle Teller zu ihm, er wischte alle Reste in seinen Teller und reichte die leeren Teller einen um den andern an meine Mutter weiter, die sie in die Spüle stellte. Während dann das Kaffeewasser kochte, schnitt er liebevoll alles in seinem Teller klein, griff hinter sich in die Schublade, um Knoblauchgranulat darüber zu streuen, goss die Saucenreste aus den Pfannen dazu und reichte dann diesen Teller meiner Grossmutter, die ihn nach draussen zu den Katzen trug. Dann wurde Belp grösser, die Zuzüger kamen aus der Stadt und bald hiess es in der Schule: «WAAASSSS, ihr füttert eure Katzen mit Resten? Und die leben noch?»

Der soziale Druck war zu gross

Jaaa, die lebten tiptop, waren kugelrund, hatten weder Nierensteine noch Getreideallergien. Doch irgendwann gaben auch wir dem sozialen Druck nach und plötzlich stand ein Sack «Felix» im Keller. Fortan musste man nun den landwirtschaftlichen Besuchern erklären, dass man den Katzen ab und zu Trockenfutter gebe, da die beiden Schwinger im Haus kaum Reste machten und meine Rüebli, die jeden Tag übrig blieben, hingen sogar den Katzen irgendwann zum Hals heraus. Es allen recht zu machen, die da von aussen in deine Tierhaltung reinreden, war schon damals nicht einfach.

Das Beste für Fiffi und Co

Die Futterindustrie ist dank dieser gesellschaftlichen Entwicklung massiv gewachsen, macht riesige Gewinne. Bald war auch «Felix» nicht mehr gut genug, nein, getreidefrei und ohne Schlachtabfälle musste es sein, sollte der Tiger länger als ein paar Wochen überleben. Heute fressen Hunde und Katzen Entenfilet, Truthahnbrust und Filet vom Angus-Rind, während die Besitzer an einer Migros-Budget-Cervelat knabbern. Liebe Leute, bei all dem CO2-Gedöns, habt ihr mal überlegt, wo Entenfilet herkommt, wie diese Tiere gehalten werden? Nein, die fischt man nicht aus der Aare. Die leben in riesigen Hallen, ohne je zu schwimmen, schlafen auf toten Artgenossen, fressen Soja, sehen nie Tageslicht und vor lauter Ammoniak schiebt man ihnen ein Plastikröhrli in die Nase, damit sie nicht ersticken. Und das nur für das Glück unserer Hunde. Ein gutes Leben haben muss nur, was uns nahe ist, derjenige, der in den Sack kommt, hat Pech gehabt. Auch mein Vorhaben, dass so was nie im Futternapf meiner Tiere landet, scheint zum Scheitern verurteilt. In keinem Laden finde ich ein Katzenfutter, das aus Schweizer Fleisch besteht. Liebe Futtermittelhersteller, liebe UFA, liebe Nestlé, liebe Fors, liebe Granovit: Wenn ich ein Tier schlachten lasse und dann auf der Abrechnung sehe, was man daran angeblich alles nicht essen kann, dann müsste man mit diesen Resten doch Heerscharen von Katzen und Hunden ernähren können! Warum bringt niemand ein Trockenfutter zustande, das aus einheimischen Schlachtabfällen besteht? Die Heiligsprechung durch Greta wäre jedenfalls gewiss. Da freue ich mich auf die Massentierhaltungs-Initiative, die 99,9% aller Hunde- und Katzenfutter verbieten wird.

Den Job übernommen

Mein Grossvater sitzt nicht mehr bei uns am Tisch. Also übernehme ich ab jetzt den Job, die Reste klein zu schneiden. Meinen Hunden koche ich wieder selbst und füttere sie mit Resten. Das bisschen Salz in den Resten kann nicht schädlicher sein als brasilianische Antibiotikahühner. Und meine faulen Stubentiger sollen sich das Frischfleisch im Garten fangen, bevor es mein Gemüse frisst.