Zur Melodie von «Blau, blau, blau blüht der Enzian», singe ich lauthals: «Grau, grau, grau ist der Heeerbst.» Irgendwie muss ich meine Stimmung aufheben. Denn die ist wie das, was der Blick nach draussen offenbart: eine einzige graue Nebelsuppe. Der Hund schaut mitleidig zur Küchentüre rein, zieht den Schwanz ein und verzieht sich nach nebenan in den Heizungsraum. In meinem Hirn ist nur Nebelsuppe vorhanden. Anders ist das Kopfkino, das grad losgeht, nicht zu erklären. Ich stelle mir vor, wie unser Hund nun in seiner Box liegt und hofft, dass die Heizung schnell, nein, besser sofort sooooofoooort mal neue Pellets vom Lager nachliefern möge. Damit vielleicht der Lärm der durch die Schläuche jagenden Pellets mein Gejaule übertönt.

Kaffee hilft nur teilweise

Ich lasse einen frischen Kaffee raus. Irgendwie muss ich die Nebelschwaden aus meinem Hirn vertreiben, damit ich mich wieder der Buchhaltung widmen kann. Mhhh, das schwarze, starke Gebräu bringt mich langsam wieder zur Besinnung. Weiter geht es mit dem Bigelen von Zahlen. Aber die Stimmung hebt der Kaffee leider nicht. Die ist immer noch von dickem Nebel durchzogen. Aber nicht mehr lange. Kurz darauf sitze ich mit blendender Laune aber dennoch tränenüberströmt am Schreibtisch. Hä? Könnte mich mein Hund jetzt sehen, würde er denken, jetzt ist die Alte völlig übergeschnappt. Was ist passiert? Eine Nachricht mitsamt Bild auf dem Handy hat meine Welt wieder in Ordnung gebracht. Die Nachricht von der Geburt meines Gottebuben erhellt sofort meinen Tag und lässt meine Emotionen tränenreich ausbrechen. Riesig ist die Freude über den lang ersehnten neuen Erdenbürger nicht nur bei dessen Eltern, sondern auch bei mir. Ich lasse die Tränen ungeniert laufen. Bin ja alleine mit dem Computer. Und der stellt keine blöden Fragen. Der versteht einfach. Genau so, wie das Schokolade auch tut.

Die Tränen brechen Vieles Bahn

Im Ernst: Ich denke, dass nicht nur die Geburt Schuld für meinen persönlichen Niagara-Wasserfall war. Auslöser ja, aber dahinter steckt wohl noch mehr. Ich denke, die ganze Corona-Situation ist für alle anstrengend und auch emotional sehr belastend. Und um das Sch...-Corona-Thema kommt man ja nirgends herum. Schaltet man den Fernseher an: Corona, Corona, Corona. Im Radio dasselbe. Und falls doch noch von was anderem die Rede ist, geht es um wen? Richtig geraten, den Clown mit der Fönfrisur von ännet dem grossen Teich. Dazu kommen bei uns im Seeland die zahlreichen Nebeltage. Das so guttuende Sonnenlicht ist häufig Mangelware. Der tränenreiche Ausbruch ist daher ganz sicher ein Ventil meines Körpers, die Anspannung einfach mal loszulassen.

Heulen Sie mal!

Ich kann also einen anständigen Heulkrampf nur empfehlen. Lassen Sie alles raus. Zwar ist man danach nudelfertig und hundemüde. Aber irgendwie auch gereinigt und im Reinen mit sich selbst. Und falls das immer noch nicht reicht, empfehle ich einen Spaziergang im Wald. Die farbigen Blätter heben die Stimmung, auch wenn keine Sonne scheint. Und zum Glück für mich ist bald die Jagd fertig. Mehrfach hat mich ein Schild nahe beim Wald an den Jagdtag erinnert. Also hiess es: Leuchtweste hervor, nur am Waldrand oder auf grossen Wegen spazieren und ständig den armen schwarzen Hund zuquatschen, damit die Jäger uns wirklich nicht mit einem Reh verwechselten. Da es abends früh finster ist, lohnt es sich auch, Kerzen anzuzünden. Die heben die Stimmung. Ja, ich sags ja immer: Alles Negative hat auch was Positives.