Heute ist Frauenstreiktag. Ich mache auch mit. Aber nur ein bisschen. Weil ich noch an eine Sitzung muss nach Solothurn und dann muss ich unbedingt noch jäten. Und die Kaninchen misten muss ich auch noch. Niemand muss müssen, heisst es doch so schön. Sterben und Zähneputzen schon, aber der Rest im Leben sollte viel mehr ein Dürfen sein. Hmmm. Ich bin vielleicht eine Ausnahme, aber ein paar Sachen in meinem Alltag haben nun wirklich nichts mit Dürfen zu tun. Buchhaltung machen. Abwaschmaschine ausräumen. Fixleintuch anziehen. Fleisch anbraten. Die Versammlung vom Bauernverband besuchen. Das sind alles Sachen, die ich muss. Und das gehört ja auch zum Leben eines Erwachsenen. Leute, die Sachen, die sie machen, alle liebend gerne tun, haben ein ähnliches Problem, wie jene, die sagen, sie hätten keine Eheprobleme, keine Generationenkonflikte, keine Erziehungsstrapazen. Das sind Schönredner! Für mich jedenfalls. Ich denke dann immer, vielleicht merken sie es nicht, oder sie schauen weg. Oder aber, sie machen den anderen etwas vor. «Traumehe» ist mein Lieblingswort. «Vorzeigeschwiegersohn» auch so eins. Jene, die so ein Vokabular führen und es auch noch ernsthaft einsetzen, sind das gleiche Klientel, das konstant bemüht ist, bei anderen vor der Haustüre mit dem Hochdruckreiniger zu kehren und dabei nach Möglichkeit, wenn ihnen endlich mal jemand zuhört, auch noch heftig ablästern. Und ganz ohne es zu merken, also frei von jeglichem Realitätsbezug, wissen sie über die anderen fast besser Bescheid als über sich selbst. Logisch, wenn man genau dort stets wegschaut.

Hinsehen und Probleme beseitigen

Frauenstreik! Wer streikt, schaut nicht weg. Der sieht hin und will die Probleme erkennen und sie vielleicht in absehbarer Zeit auch mal beseitigen.  Wenn ich jemanden fragte, wieso sie oder ausnahmsweise auch er mal streikt, sagten ausnahmslos alle: «Aus Solidarität!» Das hiesse also, man habe es eigentlich selber nicht nötig, aber wenn man das Elend der Frauen genauer betrachte, dann sei das doch Grund genug, sich eben zu solidarisieren und für die anderen einzustehen. Streikt eigentlich jemand auch ihretwegen? Gibt es Frauen, die auf die Strasse gehen, und nicht den üblichen Trott vollführen, weil sie das Gefühl haben, es müsste sich in ihrem Leben etwas ändern? Vielleicht, weil sie zu wenig Lohn haben, oder noch besser, gar keinen. Oder vielleicht, weil sie sich sexuell ausgebeutet fühlen. Oder ihnen kein oder zu wenig Lob in ihrem Alltag entgegengebracht wird. Frauen! Ist es wirklich so, dass wir aus Solidarität streiken gehen müssen? Und ist es im Gegenzug wirklich auch so, dass die Frauen, die eigentlich streiken gehen sollten, es nicht tun, weil sie sich vor den Konsequenzen fürchten?

Was ist mir wichtig?

Ich glaube, heute an diesem Frauenstreiktag, darf man sich einmal die Frage stellen: Worum geht es eigentlich? Was ist mir als Frau wichtig? In welchen Momenten meines Alltags kommen mir die Nachwehen der vergangenen, 2000 Jahre andauernden, Frauenunterdrückung in die Quere? Und was will ich ändern? Es ist viel einfacher aus Solidarität etwas zu tun, als aus eigenem Antrieb.  Dann muss man nicht bei sich selber hinschauen. Und man muss auch keine Erklärungen abgeben. Man tut es einfach aus Solidarität. Ich streike nur ein bisschen. Und ich streike, weil ich mich einen Tag von der männlichen Profilierungsneurose und dem steten Maulkorbverteilen der Männerwelt erholen muss. Morgen Samstag bin ich zurück, mit gespitztem Bleistift.