Im Rahmen des Bodenkurses «Grundlagen des Humusaufbaus» in der Bündner Arena in Cazis Anfang Juni hatten die Teilnehmenden Bodenproben von ihren Betrieben mitgebracht. Bei diesen Bodenproben wurde am dritten Kurstag der Humuswert ermittelt.
Urs Hildebrandt, was für ein Bild ergaben die Humusproben der Kursteilnehmenden? Oder anders gefragt: Wie gut oder schlecht steht es um die Böden im Kanton Graubünden?
Urs Hildebrandt: Das Bild war bei allen Proben ähnlich: Die Humusproben zeigten eine hohe Organik im Boden, aber eben keine gebundene Organik. Das bedeutet, die Böden sind nicht in der Lage, den Kohlenstoff zu binden und den Pflanzen zur Verfügung zu stellen. Das waren aber Einzelproben, man kann nicht pauschal sagen, dass es den Böden im Kanton Graubünden schlecht geht. Aber eine gewisse Tendenz ist schon auszumachen.
Was könnten die Ursachen für die hohe ungebundene Organik sein?
Ein Grund ist die Ausbringungsmethode, namentlich die Güllerei und das Aufkommen der Gülleverschlauchung im Berggebiet. Gülle dringt sofort in den Boden ein und führt zum Absterben der aeroben, humusbildenden Mikroorganismen. Die Folge ist eine Verarmung der Artenvielfalt. Ein Boden, der eine aktive Humusschicht hat, ist in der Lage, mit Kuhfladen umzugehen, die durch die Beweidung der Alpweiden auf den Boden gelangen. Der Kuhfladen wird sozusagen oberirdisch aerobisiert und gelangt erst nach vielen Verwandlungsschritten in den Boden.
Die Bauern machen aber nicht alles schlecht. Das Bestossen der Alpen mit kleineren, leichteren Kühen führt zu weniger Trittschäden und schont die Böden. Die Schweiz ist diesbezüglich im internationalen Vergleich fortschrittlich unterwegs, Stichworte standortangepasste Milchviehrassen oder die IG Neue Schweizer Kuh.
Sie empfehlen Kompostierung, um humusbildende Organismen wieder im Boden anzusiedeln. Wie praktikabel ist die Kompostierung in einem Bergkanton wie Graubünden? Welche Alternativen gibt es?
Das ist durchaus machbar, es gibt heute bereits einige Betriebe, die dies praktizieren. Eine Möglichkeit ist beispielsweise, wenn sich Bauern zusammentun und die Kompostierung auf einem Betrieb mit einer genügend grossen befestigten Fläche auf dem Hofareal machen. Auch Tretmistställe sind eine Möglichkeit, von der Güllewirtschaft wegzukommen. Bei Kompostställen besteht die Problematik, dass sehr viel Ammoniak in die Luft entweicht.
Unabhängig vom System ist es wichtig, dass der Kompost eine hohe Qualität hat, also viele aerobe, humusbildende Mikroorganismen enthält. Das ist aus meiner Sicht das Problem bei der heutigen Massenproduktion von Kompost. Kompost muss ein Wertprodukt sein, schlechter Kompost richtet im Boden mehr Schaden als Nutzen an.
Zur Person
Urs Hildebrandt ist internationaler Beraterfür Boden und Kompost. Er führt zusammen mit seiner Frau, Angelika Lübke-Hildebrandt, die Landmanagement AG in Peuerbach (A) und ist Mitinhaber der Bionika AG in Edlibach.
4