High-Protein-Lebensmittel liegen im Trend. In den Läden wird die Auswahl an entsprechenden Produkten immer grösser. Darunter ist auch die Kichererbse immer häufiger zu finden, so etwa als eiweissreiche und glutenfreie Grundzutat für Falafeln oder Vegi-Burger in verschiedensten Variationen. Die Rezepte sind häufig der orientalischen oder indischen Küche entlehnt und bringen Pep ins Sortiment der pflanzlichen Fleischalternativen.

Regionalität bei den Konsumenten gefragt

Die dazu benötigten Kichererbsen werden praktisch ausnahmslos importiert, Hauptproduktionsländer sind Indien, Australien und die Türkei. In der Schweiz hingegen werden Kichererbsen bisher nur vereinzelt und in kleinen Mengen angebaut. «Viele der Konsumenten, die Fleischersatzprodukte kaufen, wollen jedoch auch wissen, wo und wie die Lebensmittel produziert werden», sagt Dany Schultheiss, Lehrer für Marketing am Strickhof, im Gespräch mit der BauernZeitung. «Sie gehören zudem häufig zu demjenigen Kundensegment, das ein regionales Angebot bevorzugt und auch bereit ist, dafür einen höheren Preis zu bezahlen.» Der Ökonom ist überzeugt davon, dass es ein Bedürfnis nach Kichererbsenprodukten inländischer Herkunft gibt. Aufgrund seiner Verbindungen zur verarbeitenden Lebensmittelindustrie weiss er zudem, dass auch dort ein grosses Interesse dafür vorhanden ist: «Abnehmer wären vorhanden, aber es gibt für sie schlicht keine Schweizer Kichererbsenernte», stellt Schulthess fest.

Der hiesige Anbau wäre nicht zuletzt auch deswegen ein Vorteil für verarbeitende Betriebe, weil Fertigprodukte mit der beliebten Hülsenfrucht dann mit regionalen oder nationalen Labeln zertifiziert werden könnten, was für die Wertschöpfungskette eine zusätzliche Bereicherung wäre.

Der Anbau ist auch hierzulande möglich

Dany Schulthess sieht auch für die Landwirtschaft ein grosses Potenzial: «Jedes Kilo, das wir durch einheimische Rohstoffe ersetzen, ist ein Gewinn.» Tatsächlich gibt es hierzulande noch kaum Erfahrung mit dem Anbau von Kichererbsen. Doch an verschiedenen Orten ist etwas im Tun: Am Strickhof beispielsweise läuft ein erster Anbauversuch. Agroscope führt seit 2017 am Standort Reckenholz jährlich ein bis zwei Versuche in Kleinparzellen durch. «Ziel ist es dabei, Anbauerfahrungen zu sammeln, Sorten zu vergleichen und das Ertragspotenzial abzuschätzen», sagt Jürg Hiltbrunner, der bei Agroscope für die Versuche zuständig ist. Dabei habe sich gezeigt, dass ein Anbau in der Schweiz grundsätzlich möglich ist. Sobald aus den Resultaten ­erhärtete Schlussfolgerungen gezogen werden können, würden diese veröffentlicht werden. Hiltbrunner weist zudem darauf hin, dass man auch mit Institutionen in Deutschland im Austausch stehe, wo ebenfalls seit einigen Jahren Anbauversuche laufen.

Tüftler gesucht für den Kichererbsenanbau

Für Dany Schulthess ist klar: «Nun ist es wichtig, dass sich Landwirte finden, die bereit sind, auf kleinen Flächen Kichererbsen anzubauen und damit zu tüfteln oder vielleicht sogar erste Erfahrungen damit gesammelt haben.» Zudem räumt er ein, dass es sich dabei um eine Pionierarbeit handle. Es könne auch sein, dass mal etwas daneben geht. Um das Risiko zu verteilen, sei es daher sinnvoller, wenn viele mit kleinen Parzellen mitmachen, als ein paar wenige mit grossen Anbauflächen. Dabei sei es wichtig, Erfahrungen auszutauschen, beispielsweise zur Wahl der geeigneten Sorten, passender Bodenbeschaffenheit oder Bearbeitung. Darüber hinaus möchte der Marketingfachmann die Vernetzung zwischen Produzenten und Verarbeiterinnen zum Thema Proteine fördern. Dazu organisiert er zusammen mit Véronique Keller vom Strickhof eine Fachtagung. Diese findet mit dem Titel «Protein Power» am 22. Januar in Lindau statt. Der Kichererbsenanbau ist ausserdem ein neues Innovationsfeld im Rahmen des Projektes «Innovativi Puure» am Strickhof, welches Schulthess leitet.

Weitere Informationen: Genauere Angaben zur Protein-Power-Tagung und zur Anmeldung werden Ende Oktober auf den Websites www.innovativipuure.ch und www.strickhof.ch aufgeschaltet.

 

Steckbrief Kichererbse

Die Kichererbse (Cicer arietinum) gehört zur Familie der Hülsenfrüchtler. Sie wurde bereits vor 8000 Jahren im Orient angebaut, wo sie aufgrund ihres hohen Eiweissgehalts auch heute noch einen wichtigen Stellenwert als Nahrungsmittel einnimmt. Sie ist nach Erbse und Bohne die drittwichtigste Hülsenfrucht. 2018 betrug die weltweite Produktion 17,2 Millionen Tonnen. Bei uns ist die Kichererbse seit dem Mittelalter bekannt, dennoch ist in der heutigen Landwirtschaft wenig über ihren Anbau bekannt.

Als Körnerleguminose kann die Kichererbse durch die Symbiose mit Rhizobien Stickstoff aus der Luft binden. Sie benötigt einen warmen Standort, verträgt keine Staunässe und ist frostempfindlich. Da sie sehr trockenheitsresistent ist, kommt ihr der Klimawandel entgegen. Charakteristisch ist auch, dass sie nicht homogen abreift, zudem gilt sie gegenüber Unkraut als konkurrenzschwach. Es empfiehlt sich eine Anbaupause von fünf bis sechs Jahren, was auch eine wichtige Massnahme gegen die Blattflecken- und Bleichkrankheit ist. Als Schädlinge sind Erbsenblattlaus, Erbsenwickler und Blattrandkäfer bekannt.