Sie hätten diese Praxis der Luzerner Steuerverwaltung nie verstanden und als ungerechtfertigt empfunden, erklären auf Anfrage mehrere Agrotreuhänder. Zumal das bis vor Jahren auch nie ein Thema war. Dann aber sorgte die neue Anwendung für rote Köpfe, und mehrmals sei bei der Steuerverwaltung interveniert worden, ohne Erfolg. Bis Ende Oktober 2020, als ein Urteil des Kantonsgerichts die umstrittene Praxis wieder rückgängig machte, nachdem ein Betroffener geklagt hatte. Und darum gehts.

Umstrittene Meldung an AHV

In der Steuererklärung von Selbstständigen sind auch die Mietwerte von Wohnrechten als Einkommen zu deklarieren und werden zum übrigen Einkommen gezählt. Allerdings können diese Mietwerte unter Geschäftsaufwände wieder abgezogen werden. So bleibt das Wohnrecht für die Wohnrechtsgeber steuerneutral. Hingegen haben die Nutzer des Wohnrechts den Mietwert ordentlich zu besteuern.

Seit einigen Jahren meldete nun aber die Dienststelle Steuern das Einkommen (inklusive dem Mietwert von Wohnrechten) der AHV für die Berechnung der Beitragsleistung. Diese stellte dann aufgrund der gemeldeten Einkommen Rechnung für die AHV-Prämien für Selbstständige. Und das könne ins Tuch gehen, sagt Bruno Elmiger von Agrotreuhand Sursee. «Bei einem kalkulierten Wohnrecht von 30 000 Franken schenken die gut zehn Prozent AHV-Beitrag jährlich ein.» Offenbar ist die Situation je nach kantonalem Steuerrecht unterschiedlich. Es gebe jedenfalls viele Kantone, wo dies kein Thema sei, dass Wohnrechte zum AHV-pflichtigen Einkommen gezählt würden.

Verbreitet in Landwirtschaft

Wohnrechte sind bekanntlich in der Landwirtschaft nicht selten: Wenn beispielsweise der Sohn den Betrieb übernimmt, wird der abtretenden Generation auf dem Hof häufig ein Wohnrecht gewährt, oft unentgeltlich und lebenslänglich. Der Vater als Wohnrechtsnehmer hat allerdings den Mietwert dieses Rechts jährlich zu versteuern.Ein betroffener Wohnrechtsgeber hat nun die Rechnung der AHV für sein selbstständiges Einkommen nicht akzeptiert, und zog damit bis vor Gericht. Der Beschwerdeführer argumentierte, dass ihm ja kein Ertrag aus der wohnrechtsbelasteten Liegenschaft zufliesse und ihm auch kein Nutzungsrecht zustehe.

Beitrag aufgrund Meldung

Das Gericht erklärte in der umfassenden Urteilsbegründung, dass in der Tat alle Einkünfte von Selbstständigerwerbenden, auch Erträge von Vermögensbestandteilen wie Mieterträge, zu versteuern sind. Und die AHV-Stellen hätten die Prämien aufgrund der von den Steuerbehörden gemeldeten Einkommen zu bemessen. Das bestätigt auch Lorenz Ruppen, Bereichsleiter Beiträge bei der Luzerner Ausgleichskasse. «Die erzielten Einkommen und die gewährten Abzüge werden uns nicht im Detail ausgewiesen. Die Ausgleichskassen können somit nicht erkennen, dass ein Wohnrecht zu Unrecht im ermittelten Einkommen der Landwirte enthalten ist.»

Keine Doppelbesteuerung

Das Gericht verweist auf das Luzerner Steuerbuch, wonach es für Wohnrechtsgeber prasxisüblich sei, dass der Wohnrechtsertrag als Einkommen deklariert wird. Anderseits könne dieser unter Abzüge bei den Ziffern 256/ 258 als Wohnrechtslast wieder abgezogen werden, und sei so steuerneutral.

Hingegen hätten die Nutzniesser des Wohnrechts dieses zu versteuern. Wenn die Rechte beide zu versteuern hätten, wäre dies eine unzulässige Doppel-besteuerung. Das für die AHV-Prämienrechnung gemeldete steuerbare Einkommen sei somit entsprechend zu reduzieren um den Nutzungswert des Wohnrechts. Das Gericht befand somit, dass der Beschwerdeführer für den Nutzungswert des Wohnrechts von über 30 000 Franken nicht AHV-beitragspflichtig ist. Die Beschwerde wurde gutgeheissen, die Ausgleichskasse musste die Beiträge neu festsetzen.