«Unsere Nusserträge steigen immer mehr an, es wurde Zeit für eine moderne Anlage», sagte Christof Gubler, Präsident der Nuss Thurgau AG, vor einer Woche an einer Medienorientierung in Hörhausen. Waschen, Trocknen und Kalibrieren: Diese Arbeitsschritte sind bisher grösstenteils von Hand getätigt worden. Mit der neuen Verarbeitungslinie, die seit dieser Saison in Betrieb ist, geht es weitaus rationeller.
Rezykliertes Waschwasser
Die Produktionsanlage steht auf dem Betrieb der Familie Gubler, die hier die grösste Sammlung von Walnuss-Sorten in Europa betreibt. «Damit sich keine Feuchtigkeit ansammelt, ist die Halle offen konstruiert», sagte Daniel Kurz, welcher der Geschäftsleitung der Nuss Thurgau AG angehört. Die angelieferten Baumnüsse gelangen als erstes via Förderband in eine Waschanlage, in welcher Erde und grobe Pflanzenteile wie Äste und Laub entfernt werden. Im nächsten Schritt werden sie durch eine Wasserwanne befördert, wo sie von allfälligen Steinchen getrennt werden. In der Wasch- und Enthüllungstrommel werden die Nüsse daraufhin mit Bürsten und anderen mechanischen Hilfsmitteln gesäubert.
Getrocknet innert drei Tagen
Der Umgang mit Waschwasser ist sparsam: Zwei Drittel davon werden rezykliert und gelangen erneut in die Reinigung. Beim finalen Waschdurchgang schliesslich wird nur noch sauberes Trinkwasser verwendet. Anschliessend gelangt das Erntegut ins Separiergebläse, in dem leere – und somit leichte – Nüsse mit Luft weggeblasen und entfernt werden. Die nächste Station ist das Verleseband, an welchem Helferinnen und Helfer schwarze und beschädigte Exemplare von Auge aussortieren. Anschliessend werden die nun sauberen Baumnüsse in die Trocknungsanlage befördert, wo sie innert drei Tagen mittels Warmluftgebläse getrocknet werden.
CO2-neutrales Heizkonzept
Die dafür benötigte Heizenergie ist CO2-neutral: Die Holzschnitzelheizung des Wärmeverbunds Hörhausen liefert 400 kW, die mit Hilfe eines Wärmetauschers in die Trocknungsanlage eingespeist werden. Als letztes werden die Baumnüsse nach Grösse sortiert. Dazu kommen sie in die Trommeln der Kalibriermaschine, die mit Löchern verschiedener Grösse versehen ist. Bevor sie in den Verkauf kommen, werden die Nüsse extern in einer Förderwerkstatt und bei einem Gemüseproduzenten verpackt.
Der Inbetriebnahme der Anlage war ein langer Prozess vorangegangen. Hans Villiger, Präsident der IG Baumnussproduzenten Thurgau, warf einen Blick zurück: «Vor 15 bis 20 Jahren wurden viele Bäume Opfer des Feuerbrands. Daraufhin begann eine Suche nach resistenten Sorten». Mit Förderung des Kantons Thurgau wurden mehr als 4000 junge Nussbäume gepflanzt. 2012 gründeten einige Landwirte die IG Baumnussproduzenten Thurgau zwecks Austausch von Erfahrungen, etwa zu Düngung und Pflanzenschutz. Dazu kam, dass Christof Gubler, der als ETH-Agronom in Frankreich und in den USA auf Nussplantagen unterwegs war, den Anbau von Intensivanlagen mit lateralen (kleinkronigen) Sorten anregte. Im Gegensatz zu den hierzulande verbreiteten terminalen (grosskronigen) Sorten geben diese auch an den Seitenknospen der einjährigen Triebe Früchte und bleiben kompakter, mit dem Vorteil, dass pro Hektare zweieinhalbmal mehr Bäume gepflanzt werden können.
Es braucht Mindesternte
«Damit der Anbau von Baumnüssen wirtschaftlich ist, braucht es eine Mindesternte, die nur mit intensivem Anbau erzielt werden kann», hielt Christof Gubler am Medienanlass fest. Dieser Schritt erfolgte 2016: Er und fünf andere Nussproduzenten in und um Hörhausen erweiterten die herkömmlichen Anlagen um 20 Hektaren auf insgesamt 33 Hektaren. Dabei setzten sie auf Hochertragssorten wie etwa Lara. Obschon diese schneller heranwachsen als die herkömmlichen, dürfte es noch etwa zehn Jahre dauern, bis der Vollertrag erreicht und mit einer Ernte von insgesamt 80 bis 100 Tonnen zu rechnen ist. Vor einem Jahr schlossen sich die sechs beteiligten Betriebe zur Nuss Thurgau AG zusammen, um die Ernte fortan gemeinsam zu vermarkten. Für die Verarbeitungsanlage ohne Halle sowie eine Starthilfe für die ersten Jahre wurden ein Aktienkapital und ein Darlehen in der Höhe von einer halben Million Franken aufgewendet. Die Anlage wurde in 250 Arbeitsstunden von den Betreibern selbst montiert.
Bald im Verkauf
«Die Nusswelt in der Schweiz ist klein», stellte Christof Gubler fest. Die im Handel erhältlichen Baumnüsse seien bisher hauptsächlich importiert worden. Dieses Jahr sei es nun erstmals möglich, Baumnüsse aus dem Thurgau an Detaillisten zu liefern. Bereits gibt es Abnahmeverträge mit Coop und Manor. In den nächsten drei bis vier Wochen werden die ersten Thurgauer Nüsse in die Regale kommen. Gubler erachtet es als möglich, schweizweit dereinst einen maximalen Inlandmarktanteil von sieben Prozent bei den Walnusskernen und 20 Prozent bei den ganzen Nüssen zu erreichen. Das sind 500 Tonnen Baumnüsse jährlich, welche mit den bisher gesetzten Bäumen bis 2030 erreicht werden. Weitere Pflanzer werden daher nicht mehr in die AG aufgenommen.