Die Gesamtproduktion der Schweizer Landwirtschaft beträgt im laufenden Jahr 11,4 Milliarden Franken, das sind 0,2 Prozent mehr als 2019, und ist somit stabil geblieben. Diese Schätzung gab Franz Murbach vom Bundesamt für Statistik BFS am vergangenen Dienstag an der 43. Agrarökonomie-Tagung in Tänikon TG bekannt. Das BFS rechnet damit, dass die Bruttowertschöpfung 4,4 Mia Fr. erreicht , was einem Anstieg von 5,8 Prozent gegenüber 2019 entspricht. Sie sinkt jedoch um 1,4 Prozent, wenn die Teuerung nicht berücksichtigt wird. Weitere Schätzungen für das laufende Jahr:

Tierische Produktion: Diese nimmt im laufenden Jahr gegenüber 2019 um 4,5 % auf geschätzte 5,7 Milliarden Franken zu. Der Wert der Milchproduktion wird auf 2,5 Mia Fr. beziffert (+2,6 %), wobei die Produktionsmenge leicht rückläufig ist (–0,8 %) und der Durchschnittspreis weiter steigt (+3,4 %).

Pflanzenbau: Der Produktionswert des Pflanzenbaus verringert sich gegenüber dem Vorjahr um 5,5 Prozent auf geschätzte 4,2 Mia Fr. Die Getreideernte wird auf mehr als 920 000 Tonnen geschätzt und dürfte um 1,5 % ansteigen, wobei der Produktionswert um 3,4 % ansteigt. Aufgrund der höheren Nachfrage nach Gemüse während des Lockdowns verzeichnet deren Produktionswert ein Plus von 6 %.

Weinbau: Der Produktionswert des Weinbaus geht als Folge von Quotensenkungen und Weindeklassierungen um 8,5 % zurück.

Sektorales Einkommen: 2020 nehmen die Einnahmen um 0,1 % bzw. knapp 17 Mio Fr. auf rund 14,4 Mia Fr. zu. Die Ausgaben verringern sich um mehr als 258 Millionen Franken (–2,3 %) auf nahezu 11,1 Milliarden Franken. Das Nettounternehmenseinkommen (sektorales Einkommen) wird somit auf knapp 3,3 Mia Fr. geschätzt. Dies entspricht einem Plus von 9,2 %, das sind 275 Millionen Franken mehr als 2019.

«2020 ist ein besonderes Jahr», sagte Murbach. «Bei vielen dieser Entwicklungen ist es schwierig zu ermitteln, ob sie auf die Pandemiemassnahmen, die Witterung oder auf bereits eingesetzte Trends zurückzuführen sind.»

Das durchschnittliche Einkommen hat zugelegt

Dunja Dux von der Forschungsanstalt Agroscope gab die neusten Zahlen zu den Einkommensverhältnissen in der Landwirtschaft bekannt: 2019 betrug das durchschnittliche Einkommen pro Betrieb 74 200 Franken, das ist ein Plus von 5 % gegenüber dem Vorjahr. Berücksichtigt sind dabei sowohl Einzelunternehmen wie auch Betriebsgemeinschaften. Zur Einkommenszunahme geführt hat vor allem die Erholung des Schlachtschweinemarktes mit Preisanstiegen. Positiv auf das Einkommen haben sich zudem höhere Erträge bei Zuckerrüben, Raufutter sowie Getreide ausgewirkt. Auch angestiegen ist das durchschnittliche Gesamteinkommen eines landwirtschaftlichen Haushalts. Gegenüber 2018 stieg es um 4 % auf 102 900 Franken. Ebenfalls zugelegt hat der Arbeitsverdienst pro Familienarbeitskraft: in der Talregion um 5,8 % auf 69 200 Franken, in der Hügelregion um 7,4 % auf 50 000 Franken und in der Bergregion um 1,8 % auf 39 600 Franken.

In Asien ist die Nachfrage nach Milch gestiegen

Thema der Tagung war zudem der Wandel der Schweizer Landwirtschaft. Dabei wurden auch globale Veränderungen beleuchtet, wie etwa beim Milchmarkt: 1998 bis 2018 hat die produzierte und verbrauchte Milchmenge weltweit um 63 Prozent zugenommen, dies sind 2,5 Prozent jährlich. Als Gründe dafür gelten das Wachstum der Weltbevölkerung um 27 % sowie der um 26 % angestiegene Pro-Kopf-Milchverbrauch. «Letzter ist hauptsächlich auf eine zunehmende Nachfrage in Asien, insbesondere in Indien und China, zurückzuführen», stellte Pierrick Jan von Agroscope in seinem Referat fest. Als Gründe dafür seien vor allem die steigende Kaufkraft der Mittelklasse sowie die Verwestlichung von Essgewohnheiten zu nennen.

Die zusätzliche Nachfrage konnte jedoch nicht durch die Produktion in den jeweiligen Ländern abgedeckt werden, wodurch der weltweite Handel mit Milchprodukten angekurbelt wurde. Stark zugenommen hat das Milchangebot seit 1998 vor allem in Schwellenmärkten wie Asien, Lateinamerika und Afrika. In kleinerem Mass etwa auch in Europa und in den Vereinigten Staaten. «Die Schweiz jedoch konnte aufgrund ihres weiterhin hohen Preisniveaus vergleichsweise wenig vom boomenden Weltmilchmarkt profitieren», so Jan. Auf dem Weltmarkt könne die Schweizer Milchwirtschaft nur mit hochwertigen Produkten wie Käse bestehen.

Der Online-Handel von Lebensmittel liegt im Trend

Judith Hillen von Agroscope hat den Online-Handel mit Lebensmitteln untersucht. Dieser wird hierzulande von den Marktleadern Coop und Migros beherrscht, die 2018 zusammengerechnet einen Marktanteil von knapp 98 Prozent erreichten. Das schnell wachsende Start-up-Unternehmen Farmy erzielte 2,2 Prozent.

Dieses Jahr brachte Veränderungen: «Mit Corona kam es zu einem Nachfrage-Boom im Online-Lebensmittelhandel», sagte Hillen. «Es gab viele Erstkunden, die ihre Berührungsängste mit diesem Verkaufskanal abgebaut haben». Beim Direktvermarktungsportal Farmy etwa waren die Umsätze zwar bereits in den ersten beiden Monaten dieses Jahres leicht am Steigen. Mit dem Lockdown gab es jedoch eine sprunghafte Zunahme um 230 %., und auch im Juni blieb das Wachstum auf einem hohen Niveau bestehen. «Wie nachhaltig die Kundentreue ist, wird sich zeigen», so Hillen

Die Agrarökonomin hat zudem untersucht, ob die Preissetzung im Online-Handel flexibel oder eher stabil ist wie im traditionellen Detailhandel. Bei letzterem verzichtet man auf häufige Preis-änderungen und setzt auf psychologische Effekte, indem der Preis abgerundet wird, etwa auf 9.95. Händler wie Migros und Coop, die sowohl stationär wie auch online verkaufen, setzen die Preise bis anhin auf beiden Kanälen fast identisch fest. Eine Analyse von Daten des Online-Lebensmittelhändlers Amazon Fresh in den USA zeigte jedoch, dass dort die Preise durchschnittlich mehr als zwanzig mal pro Jahr angepasst werden. «Sollten grosse Akteure in die Schweiz eintreten, könnte sich die Preisdynamik in im Online-Handel dereinst ändern», hielt Hillen fest.