Von Mängeln will Raphael Müller von der Aargauer Kontrollorganisation Agricon nicht sprechen. Aber er rechnet damit, dass es wohl auf 80 Prozent aller Betriebe «Nichtkonformitäten» gebe, wenn dieses Jahr die Gewässerschutzkontrollen anlaufen. In den nächsten vier Jahren wird jeder Aargauer Betrieb mindestens einmal besichtigt. «Wir sind wohl einer der ­ersten und konsequentesten Kantone, die das durchziehen.» Die schweizweit neuen Kontrollen – die entsprechenden Kontrollpunkte sind in einem Merkblatt von Agridea gelistet –
würden beim Vollzug noch viel zu reden geben, ist Müller überzeugt (siehe auch BauernZeitung vom 6. Dezember 2019).

Präzisierungen nötig

Alle Kantone müssten wohl noch Präzisierungen anbringen, denn das Merkblatt lasse zu viele Fragen offen. Beispielsweise zur Zwischenlagerung von Mist oder Siloballen oder zu Kälberiglus  und  Umschlagplätzen. Im Aargau wurde vieles bereits konkretisiert (siehe Kasten).

Vorerst nur sensibilisieren

Müller wies am Liebegger Tag der Spezialkulturen vergangene Woche darauf hin, dass diese ­Gewässerschutzauflagen noch nicht Bestandteil des ökologischen Leistungsnachweises sind, dass deshalb Mängel auch noch nicht sanktioniert würden. Bei den nun anlaufenden Kontrollen gehe es darum, zu sensibilisieren und Schwachpunkte auf den Betrieben aufzuzeigen. Den Bauern bleibe dann eine Frist von drei bis sechs Monaten zur Behebung. Erst danach gebe es eine Verfügung und später Sanktionen. Bisher wurde vor allem beraten und informiert. Dabei habe sich gezeigt, dass wohl auf vielen Betrieben in einigen Bereichen genau hingeschaut werden müsse. Speziell zu achten sei vor allem auf die Platz­entwässerungen, so beim Be­tankungsplatz, Befüll- und Waschplatz. Vor allem in Bauzonen gebe es diesbezüglich mehr Probleme als auf Siedlungsbetrieben, weil dort oft direkt in die Kanalisation entwässert werde. Die meisten Bauern seien sich dessen sehr wohl bewusst und würden aktiv nach Lösungen suchen, die Stimmung sei positiv, stellt Müller fest. Er wies aber auch darauf hin, dass es mit der Behebung von baulichen Mängeln beim Gewässerschutz nicht getan sei. Die Bauern seien ganzjährig für ihre Wirtschaftsweise eigenverantwortlich, und zwar auch, wenn Lohnunternehmer beauftragt würden. 

 

Baulicher Gewässerschutz und Entwässerung

In diesen Bereichen gebe es am meisten Unklarheiten und Handlungsbedarf, das Agridea-Merkblatt genüge nicht. «Da muss mehr differenziert werden», stellt Raphael Müller von Agricon aufgrund von Beobachtungen in der Praxis fest.

Mist nur acht Wochen lagern

Zu Mistzwischenlagern gebe es bereits ein Merkblatt. Im Aargau darf Mist nur maximal acht Wochen auf Feldern zwischengelagert werden, schweizweit werde das sehr unterschiedlich gehandhabt. Auch zur Lagerung von Siloballen seien Präzisierungen nötig. So wird im Aargau beispielsweise Silosaftaustritt toleriert, wenn dieser nicht sichtbar ist, somit auch nicht in Gewässer gelangen kann. Grundsätzlich gilt Silosaft aus Anlagen als Hofdünger und muss in die Güllegrube geleitet werden. Ein befestigter und dichter Lagerplatz, der in die Kanalisation entwässert, werde aber toleriert, wenn kein sichtbarer Silosaftaustritt erfolge.

Entwässerung klären

Umschlag-, Wasch- und Gülleentnahmeplätze müssten grundsätzlich immer befestigt und dicht sein. Auch Betankungsplätze für Treibstoffe müssten immer dicht sein. Hier habe der Aargau ebenfalls einige Präzisierungen vorgenommen. Waschplätze für Maschinen müssten in Güllegruben entwässern. Falls diese an die Kanalisation angeschlossen sind, sei ein Mineralölabscheider zwingend. Unklarheiten gebe es noch, wie gross denn ein solcher Waschplatz sein muss. Umschlag mit Pflanzenschutzmitteln, Befüllung und Waschen sei auf Plätzen, die in die Kanalisation entwässern, aber verboten.  Bei Gülleentnahmeplätzen gelten keine Anforderungen an die Platzoberfläche, wenn aufgrund der Lage der Schächte kein verschmutztes Platzwasser in Oberflächengewässer oder Sauberwasserleitungen gelangen kann. Für die Lagerung von Treibstoff, Diesel, Fetten und Ölen wurde festgelegt, dass bei Gebinden grösser als 20 Liter ein Abfluss baulich verhindert werden oder eine Auffangwanne vorhanden sein muss.

Kälberiglus differenzieren

Präzisiert wird auch die Entwässerung von Kälberiglus:  Einzelhaltung werde auf befestigten, nicht dichten Plätzen toleriert, sofern kein Oberflächenwasser-Zufluss erfolge. Gruppeniglus dürften aber nur auf befestigten und dichten Plätzen in Güllegruben entwässern.

Viele Diskussionen gibt es beim Themenbereich «diffuse Einträge» wegen offener Schächte im Land. Die müssten grosszügig umfahren werden, damit keine Pflanzenschutzmittel und Nährstoffe hineingelangen können. Solche Schächte gehören häufig den Gemeinden, Landwirtschaft Aargau plane, auf diese zuzugehen. Wegen offener Schächte erfolgen im Aargau 2020 noch keine Kontrollen, die Kontrolleure sollen aber diesbezüglich die Betroffenen sensibilisieren.