Um die PRE, also die von der öffentlichen Hand unterstützten Projekte für regionale Entwicklung, ist es ruhiger geworden. Einige grössere in der Zentralschweiz sind abgeschlossen oder stehen kurz davor (siehe Grafik oben). Seitens Luzern etwa, dem in unserem Lesergebiet aktivsten Kanton, wurde das Instrument auch nicht mehr weiter gepusht, wie Thomas Meyer, Leiter Abteilung Landwirtschaft beim Luzerner Amt für Landwirtschaft und Wald (Lawa), erklärt. Die finanziellen Mittel sind mit den laufenden Projekten ausgeschöpft. So ist Zeit für eine Zwischenbilanz.

Abgespeckt im Seetal

Pointiert äussert sich Landwirt Urs Amrein aus Hildisrieden. Zusammen mit Kollege Roger Baumann hat er aus der liquidierten Hochstamm Seetal AG (2010–2015) die Bewirtschaftung der Marke «Hochstamm Seetal» übernommen. Hochstamm Seetal war schweizweit das erste PRE. In der Projektphase flossen rund drei Millionen Franken an Bundes- und Kantonsgeldern. Investiert wurde in Hochstamm-Produkte, ins Marketing, in Baumpflanzungen, Hofläden, für Obstauflesemaschinen und mehr. Seit Überführung in eine GmbH und Umstrukturierung auf schlank, konnten die Umsätze offenbar konstant gehalten werden. Die Produkte werden in erster Linie über Coop gehandelt, was gemäss Amrein gut laufe und praktisch sei, aber auch ein Klumpenrisiko darstelle. «Solche Projekte funktionieren nur, wenn man bestehende Player, die das Gleiche wollen, ohne grossen Aufwand zusammenbringt», so Amrein. Das tönt einfach, ist es aber nicht. Wer will schon mit Mitbewerbern in einem Boot sitzen? Der Fokus liege bei den meisten in der Branche halt auf dem eigenen Betrieb. Thomas Meyer vom Lawa, der die Projekte bestens kennt, kommt zum selben Schluss: «PRE ist für ein Team gemacht, das den gemeinsamen Erfolg sucht». Mit einem Zusammenschluss von Einzelkämpfern werde es schwierig. Urs Amrein rechnet im Fall der Hochstamm-Produkte mit einer Million jährlich an Umsatz, um eine Vollzeitstelle finanzieren zu können. Die gesteckten Mengenziele hat die Hochstamm Seetal AG nie erreicht. Die Euphorie sei verflogen und Amrein – ein Vermarktungspionier – hat nicht das Gefühl, dass dem Projekt von Produzentenseite viele Tränen nachgeweint würden. Konsumenten hingegen schätzten die Marke.

«Es braucht ein genügend grosser Umsatz mit entsprechender Marge.»

Thomas Meyer, Lawa, über die Weiterführung von professionellen Geschäftsstellen nach Abschluss der Projektphase.

Umsatzstarke Biosphäre

Eine grosse Kiste sind die «Biosphärenprodukte Entlebuch». Seit 2016 wird die Vermarktungsplattform für allerlei Spezialitäten aus der Biosphäre Entlebuch aufgebaut. Projektschluss ist erst Ende 2023. Aktionäre der Markt AG sind mehrere Käsereien, aber auch Bäckereien und Metzgereien bis hin zur Kräuteranbau­genossenschaft und dem bäuerlichen Glaceproduzenten. «Steigerung der Wertschöpfung in der Landwirtschaft» ist denn auch das grosse Projektziel. Mit rund zwei Millionen werden die diversen Aufbauarbeiten und Teilprojekte im Entlebuch unterstützt. Der Umsatz mit den «Echt-Entlebuch»-Produkten konnte von 1,5 Mio auf über 4 Mio gesteigert werden. Doch die Bäume wachsen nicht in den Himmel, die Kurve flacht ab. «Regalplatz ist beschränkt, Wachstum herausfordernd», beschreibt Geschäftsführer Thomas Röösli die Situation. Auf dem Markt der regionalen Spezialitäten herrscht ein knallharter Verdrängungskampf. Die Sicherstellung der Geschäftsstelle ohne öffentliche Beiträge nach dem Ende des PRE hat auch im Entlebuch hohe Priorität. Thomas Meyer pflichtet bei: «Es braucht ein genügend grosser Umsatz mit entsprechender Marge, sonst lassen sich diese Bereiche nicht finanzieren», sagt er.

Zielanpassung im Rottal

Ihre Ziele anpassen musste die «Rottaler Auslese». Nächsten Sommer fällt dort die öffentliche Unterstützung weg. Der Durchbruch im Käsebereich blieb aus und im Bereich der Rohfleischprodukte kam es zu grossen Verzögerungen, berichtet Geschäftsführer Werner Stirnimann offen. Wichtigstes Teilprojekt im Rottal war der Ausbau der Kloster-Metzgerei. Beim PRE Rottaler Auslese wurde das Geschäftsmodell auf ein Provisionsmodell umgestellt. «Betriebe geben auf den Umsatz mit den gemeinsam entwickelten Rottaler Auslese-Produkten einen kleinen Prozentsatz Provision ab», erklärt Stirnimann. Nach einschneidenden Massnahmen der Vorjahre befinden sich die Geschäftsführungskosten heute mit lediglich rund 15 000 Franken auf einem Niveau, was einen weiteren Aufbau über die Projektphase hinaus erlauben sollte. Im Rottal ist man aber zuversichtlich. Es geht aufwärts, auch wegen der kürzlichen Lancierung des Kloster-Metzgerei-Sortiments in der Migros Luzern. Trotzdem kein Spaziergang für das Unterfangen im Dreiländereck Luzern, Bern und Aargau mit Kulturgrenzen und unterschiedlichen Verkaufsregionen der Grossverteiler.

Michelsamt gefordert

Ein ähnliches Vorhaben wie die Entlebucher haben auch die Verantwortlichen im Michelsamt. Das dortige PRE wird vom Verein Wertschöpfungsgemeinschaft Michelsamt getragen und noch bis Ende 2021 unterstützt. Nachdem es bei einem der Hauptumsatzträger zu strukturellen Änderungen kam, werden die Michelsämter ihr Projekt in den kommenden Wochen anpassen. Gut kommt offenbar die Idee mit regionaler Produktion an. Sämtliches Futter in der Tierhaltung muss gemäss den Michels-amt-Richtlinien aus der Region stammen. Bis Ende 2019 wurden gut zwei Mio in die Teilprojekte Milch, Fleisch, Backwaren, Futter und Verkauf investiert. Bund und Kantone beteiligten sich mit knapp 1,2 Mio. Grosse Herausforderung ist gemäss Geschäftsführer Christian Galliker die Wirtschaftlichkeit von Verarbeitung und Handel, während die Mengen teilweise noch klein sind. Auch gesetzliche Rahmenbedingungen, etwa bei der Raumplanung, seien nicht zu unterschätzen. Trotzdem: «Die Produktions- und Handelskette für regionales Kraftfutter für die Milchproduktion konnte aufgebaut werden und wird weiter bestehen», sagt Galliker. Und mit der Gaudis AG habe man eine Akteurin geschaffen, die im Bereich der Käsespezialitäten Wertschöpfung generieren könne.

Wertschöpfung steigern

Einige Umsatzziele waren etwas hochgegriffen, tönt es aus dem Umfeld der verschiedenen Projektträger. Absatzkanäle erschliessen ist aufwendig. Hier scheint denn auch der Hund begraben. Wer sich keine professionellen Marktbearbeiter leisten kann, verschwindet rasch wieder. Auch ist längst nicht jede Region eine Marke, auch wenn man das vor Ort anders beurteilen mag. Trotz einigen abgespeckten Projekten und harten Landungen: PRE scheinen vielen bäuerlichen Wertschöpfungsketten Wege aufgezeigt zu haben. Nicht nur den ganz grossen offiziellen Projekten, sondern häufig auch auf Stufe Einzelbetrieb. «Das Instrument PRE bietet Potenzial zur Stärkung der Landwirtschaft und der regionalen Entwicklung», zieht denn auch Thomas Meyer Zwischenbilanz. Nach Abschluss der noch laufenden Projekte werde man für Luzern eine kantonale Evaluation durchführen.

 

Regiofair mit Ressourcen

Das abgeschlossene PRE Regiofair, die Vermarktungsplattform für Bioprodukte aus der ganzen Zentralschweiz, hat mit der Stiftung Agrovision Rückenwind und andere Möglichkeiten als vergleichbare Projekte. Regiofair habe sich in den letzten sechs Jahren wie jedes Unternehmen weiterentwickelt, berichtet Geschäftsführer Urs Fanger. Betriebswirtschaftliche Kennzahlen werden derzeit nicht kommuniziert. «Wir haben viel in Strukturen und Prozesse und in ein neues Management investiert», so Fanger weiter. Die Pionierphase prägte damals der umtriebige Andi Lieberherr. Vision und Grundphilosophie haben weiterhin Gültigkeit, versichert Fanger. Die Zentralschweizer Biovereine sind nach wie vor die wichtigsten Partner. 50 Betriebe beliefern die Plattform. Regiofair, Agrovision Burgrain und das Schweizerische Agrarmuseum Burgrain rücken mit dem Neubau (die BauernZeitung hat darüber berichtet) noch näher zusammen.