Einst war Flachs in der ganzen Schweiz weit verbreitet, besonders das Emmental galt als Leinen-Hochburg. Wirtschaftliche Veränderungen und die Konkurrenz durch Baumwolle setzten der Schweizer Flachs-Produktion zur Mitte des letzten Jahrhunderts jedoch ein Ende. Seit rund zehn Jahren versucht eine entschlossene Gruppe von Flachs-Enthusiasten, der alten Kulturpflanze zu neuem Aufschwung zu verhelfen.
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Mehrwert für Regionen
«Mit einem grossen Flachsfeld gleich hinter dem Zentrum Paul Klee wollen der Bevölkerung zeigen, wie nachhaltige Schweizer Produkte entstehen», sagte Dominik Füglistaller, Agronom und Geschäftsführer des Unternehmens Swissflax, am 23. Juni an einer Medienkonferenz in Bern. Swissflax setzt sich zusammen aus Landwirten, Personen aus Forschung und Entwicklung sowie einer betriebswirtschaftlich orientierten Unternehmensführung. So aufgestellt könne man als optimales Bindeglied zwischen Landwirten und dem Textilmarkt fungieren, sagte Füglistaller.
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Der Textilmarkt sei dominiert von weltweit agierenden Firmen mit grossen Gewinnabsichten und wenig Interesse an Nachhaltigkeit und Ökologie, fuhr Füglistaller fort. Swissflax hingegen setze auf die gegenteilige Strategie: Der nachwachsende Rohstoff Flachs biete Landwirten in der Region eine interessante Perspektive und die daraus entstehenden Leinenstoffe seien die Grundlage für hochwertige und langlebige Textilien. «Unser Ziel ist es, regional und ökologisch etwas zu produzieren, das für alle Beteiligten einen Mehrwert bietet», so Füglistaller. Nicht zuletzt solle das schön blau blühende Flachsfeld aber auch den Besuchern aus der nahen Stadt Freude bereiten, fügte er an.
Flachs verbindet Tradition und Moderne, Land und Stadt
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Auch Nationalratspräsident Andreas Aebi fand Gefallen am blauen Blütenmeer, welches die Kulisse für den Anlass bildete. Der blühende Flachs sei nicht nur schön anzuschauen, sondern er biete als Trachtpflanze auch eine wertvolle Nahrungsgrundlage für Bienen und andere Bestäuber, sagte Aebi. Der Innovationsgeist der Swissflax und ihrer Partner stimme ihn zuversichtlich und mache ihn stolz; das Projekt zeige, wie Tradition und Erfindergeist sich verbinden lassen. «Flachs bietet sich für Innovation an. Er steht ganz im Zeitgeist der neuartigen und nachhaltigen Landwirtschafts- und Textilproduktion», lobte der oberste Nationalrat. Die Wertschöpfungskette von Flachs bilde ein Bindeglied zwischen den ländlichen Produktionsorten und der industriellen Verarbeitung in urbanen Gegenden, fuhr Aebi fort. Der Standort des neuen Feldes am Stadtrand und in unmittelbarer Nähe zu einem bekannten Museum sei bestens gewählt, zeigte er sich überzeugt.
Flachs liefert gefragte Rohstoffe
Adrian Brügger, Landwirt aus Willadingen und wie Füglistaller Geschäftsleiter der Swissflax, gehört zu den neuen Schweizer Flachspionieren, seit 2012 baut er die alte Kulturpflanze an. In groben Zügen erklärte er den Anwesenden den Flachsanbau, bei dem die Produzenten ohne Wachstumsregulatoren, ohne Pestizide und ohne Fungizide arbeiten. «Einzig das Unkraut müssen wir chemisch bekämpfen, das ist für eine starke Faserpflanze unerlässlich», so Brügger. Weiter sprach er über die technischen Herausforderungen bei der Ernte und der anschliessenden Weiterverarbeitung der Faserpflanze. Um diese zu meistern, orientierten er und seine Mitstreiter sich auf Internetplattformen wie Youtube, oder an den europäischen Hauptanbaugebieten für Flachs: in den Niederlanden, Belgien und Frankreich. Flachs liege im Trend, sagte Brügger weiter, die Anbauflächen in Europa nähmen zu und die Preise zeigten stetig nach oben. «80 Prozent der Ernte werden jedoch nach China verschifft und kehren als Textilien wieder hierher zurück. Das ist nicht nachhaltig. Die Herausforderung besteht deshalb darin, die Faser hier in Europa zu verarbeiten», stellte er abschliessend klar.
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Auch die Samen werden gewonnen
«Flachs eignet sich bestens für eine Koppelnutzung», sagte Dominik Füglistaller und legte damit den Fokus auf den Leinsamen, der ebenfalls gewonnen wird. Auch wenn Faserlein weniger Samen produziere als der Öltyp, wolle man im Sinne der Nachhaltigkeit auch diese verwerten. Schliesslich habe man mit der Mühle Landshut aus Utzensdorf eine perfekte Abnehmerin gefunden, die dazu beitrage, dass regionale Bäckereien die wertvollen Samen in ihren Backstuben verarbeiten würden.
Böse sollen künftig Schweizer Leinen tragen
Schliesslich wagte Dominik Füglistaller einen Blick in die Zukunft. Erste Unternehmen wie die Thurgauer Traxel AG oder der Textilverarbeiter Lanz-Anliker würden bereits jetzt hochwertige Stoffe aus Flachs herstellen. «Sie zeigen, wie sich das technisch umsetzen lässt und dass ein Marktpotenzial für nachhaltig produzierte Textilien aus der Schweiz vorhanden ist. Das gilt es zu nutzen», so Füglistaller. Zu nutzen weiss die Swissflax auch eine gute Werbemöglichkeit. So deklarierte Füglistaller abschliessend: «Leinen-Zwilch ist traditionell der Stoff, aus dem die Schwingerhose gefertigt wird. Das Ziel der Swissflax muss es also sein, dass am Eidgenössischen Schwingfest 2025 in Glarus alle Bösen in Hosen aus Schweizer Flachs ins Sägemehl steigen.»
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