Wünsche sind der Beginn von Veränderung. Aber mit Wünschen alleine verändert sich nichts. Damit etwas passiert und ein Wunsch irgendwann wirklich in Erfüllung geht, muss aus dem Wünschen ein Wollen werden. Denn erst, wenn jemand von sich selbst sagen kann: «Ich will…», hat er damit begonnen, sich selbst wirklich in Aktion versetzen.

Wünschen ist passiv

Das Aufbruchteam arbeitet in seiner Beratungstätigkeit oft mit Wünschen von Klienten. «Der Wunsch ist etwas sehr Passives. Man macht aktiv eigentlich nichts dafür», erklärt Stefan Moser vom Aufbruchteam. «‹Ich wünsche mir eine neue Scheune› ist etwas ganz anderes, als wenn ich sage ‹ich will bis 2022 eine neue Scheune mit einem Kostendach von 500000 Franken für 50 Tiere bauen›», erklärt der Coach und Landwirt weiter. Das eine sei ein Wunsch, passiv wie er sagt, vielleicht aus einem Traum entstanden, der einen schon länger begleitet. Das andere ist ein konkretes Ziel, das durch die Zahlen, welche die Formulierung beinhaltet, der Sache auch eine konkrete Form gibt.

Für Ziele braucht es Klarheit

Wie kommt aber nun jemand, der vielleicht über viele Jahre hinweg bereits einen Wunsch hegt, schliesslich dazu, daraus ein konkretes Ziel zu machen? «Ziele formulieren bedingt eine gewisse Klarheit», weiss Stefan Moser. «Das Ziel muss klar definiert sein. ‹Warum mache ich das, oder warum will ich dieses Vorhaben zum Ziel bringen?›», sei eine der möglichen Fragestellungen, die gerade bei einem Projekt, wie einem Stallbau Sinn mache. Die Antworten dürften Aspekte des Tierwohls, der persönlichen Freiheiten oder beispielsweise der Arbeitsabläufe enthalten. Aber solange man in einem fremden Stall stehe und sage, so einen habe ich mir schon lange gewünscht, ist der Bau noch in weiter Ferne. «Das ist dann die Realität eines anderen», sagt Rüedu Schüpbach vom Aufbruchteam. «Man kann den Traum haben, einen grossen Traktor zu besitzen, aber man muss es deklarieren, nicht für die anderen, sondern für sich. Was ist das jetzt? Traum oder Realität?», so Schüpbach.

Unterschiede erkennen

Und zwischen Traum, Wunsch oder Ziel bestünden Unterschiede, die für den Alltag relevant seien. Das zu unterscheiden bedeute Arbeit. Denn nur, wer in der Lage ist, klar zu deklarieren, sei auch in der Lage, aus einem Wunsch, der vielleicht aus einem Traum heraus entstanden sei, schliesslich ein konkretes Ziel zu machen. Aber wie? Wie kommt der Landwirt vom Wunsch zum gebauten Stall? Oder die Bäuerin vom Traum zum eigenen Betriebszweig auf dem Hof?

«Zwischen dem Wunsch und dem Ziel steht die Vision», erklärt Stefan Moser. «Die Vision ist genau genommen aber nur ein Bild. Wenn wir beim Stall bleiben, dann ist die Vision die Vorstellung der Kühe in diesem Stall oder vielleicht auch, wie man nach der morgendlichen Stallarbeit vom Stall zum Frühstück läuft und spürt, wie gut es einem geht», präzisiert er. Vision habe viel mit den Sinnen zu tun. «Im Wunsch fehlt die eigene Motivation. Oft gibt man beim Wünschen gar die Verantwortung ab. In einer Vision ist man aber bereits selber damit beschäftigt», erklärt Moser.

Hindernisse überwinden

Das Aufbruchteam weiss, auf dem Weg vom Wunsch zum Ziel sind einige Hürden zu nehmen. Und dabei stehe nicht nur Organisatorisches im Vordergrund, sondern auch die Frage nach der eigenen Wertehaltung. «Werte lassen uns abwägen. Sie steuern unser Handeln. Und lassen uns schliesslich auch die Frage stellen: Was schaffen wir nun an, eine Küche oder doch den neuen Traktor?», erklärt Stefan Moser. Auf dem Weg zur Zielsetzung und zur konkreten Entscheidungsfindung fehle nicht selten die Frage nach den eigenen Werten. Ob wir etwas gut oder schlecht finden, habe ganz entscheidend mit den persönlichen Werten zu tun. «Wir bewerten auf der Grundlage unserer persönlichen Wertehaltung», sagt Stefan Moser. Und diese sei gesellschaftlich geprägt und auch ganz stark durch die Ursprungsfamilie. Wer also aus einem Wunsch ein Ziel machen will, muss erst einmal erkennen, welche Werte seinen Alltag prägen, denn einem grossen Traktor nachzueifern, wenn Bescheidenheit ein tief verankerter Wert ist, sei wenig sinnbringend.

Weitere Informationen: www.aufbruchteam.ch

 

«Wir können unsere Werte nie zu 100 % ausleben»

Stefan Moser ist Landwirt, Unternehmer-Trainer, Erwachsenenbildner, und Coach. Zusammen mit Rüedu Schüpbach ­betreibt er das Aufbruchteam. Im Interview erklärt er, wie man seine Ziele erreichen kann. 

Woran merke ich den Unterschied, ob etwas nur ein immer wiederkehrender Wunsch ist oder ob daraus ein konkretes Ziel werden kann?

Stefan Moser: Damit ein Wunsch in Erfüllung geht, muss ich aktiv nichts tun. Es kann passieren oder nicht. Ich kann auch hoffen, dass jemand anderes etwas tut, damit der Wunsch für mich in Erfüllung geht. Ein Beispiel: Ich hatte schon lange den Wunsch, eine Woche reiten zu können, ohne jemals eine Strasse überqueren zu müssen. Dieser Wunsch ging in Erfüllung mit dem Versprechen meiner Frau und unserer drei Töchter für eine dreiwöchige Ferienablösung und einen Prospekt einer Farm in Kanada. Das war ein Geschenk zu meinem 50. Geburtstag. Mit Verfalldatum, selbstverständlich.

Jetzt kam ich ins Tun. Der Wunsch wurde zum Ziel. Ich hatte keine andere Wahl und hatte mein klares Ziel. Bis in drei Monaten musste die Reise geplant und der Ritt gebucht sein. Das heisst, sobald ich aktiv werde und ich darauf hinarbeite, mir den Wunsch zu erfüllen, ist es ein Ziel.

Wie kann ich nun aus einem starken Wunsch ein konkretes Ziel machen?

Ich muss herausfinden, was mich bis jetzt daran gehindert hat, mir den Wunsch zu erfüllen. In meinem Beispiel war es die Überzeugung, dass ich es meinen Lieben nicht zumuten konnte, den Hof drei Wochen ohne mich zu bewirtschaften. Als mir meine Familie dieses Gefühl mit diesem Geburtstagsgeschenk nahm, wagte ich mich, mir klare Vorstellungen von meinem Vorhaben zu machen.

Wenn ich ein solches Ziel formuliert habe, was kann ich tun, um dieses auch wirklich zu erreichen?

Da gibt es relativ viel zu sagen. Ich möchte der Einfachheit halber bei der Zielformulierung bleiben. Mir hilft dabei das SMART-Modell (siehe Kasten links). Beim im Artikel oben erwähnten Stallbau würde ich das Ziel folgendermassen formulieren: Bis am 1. Mai 2022 habe ich meinen neuen Boxen-Laufstall für 50 Milchkühe mit einem Kostendach von 500 000 Franken fertiggestellt. Damit erleichtere ich mir meine Arbeit und verkürze die Stallzeit täglich um zwei Stunden. Damit erhalte ich mehr Freiraum für den Aufbau der Direktvermarktung der Milch und erreiche dadurch einen Mehrpreis pro Liter Milch um 50 Rappen. Nach einer Zielformulierung geht es darum, das Ziel zu überprüfen. Dazu stelle ich mir folgende Fragen: Ist mein Vorhaben realisierbar (finanziell, zeitlich usw.)? Kleine Klammerbemerkung: Sich realistische Ziele zu setzen ist wichtig. Auf dem Weg zum Ziel tauchen immer wieder Hürden auf. Ist das Ziel unrealistisch, verlieren wir bald einmal die Motivation. Unrealistische oder auch zu grosse Ziele werden kaum je erreicht. Weiter muss man herausfinden, ob das Ziel für die ganze Familie akzeptabel ist. Ist das Resultat messbar, ist meine Motivation darin ersichtlich und habe ich genügend Zeit für die Umsetzung? Erst wenn das alles mit Ja beantwortet werden kann, kann ich mich um die nächsten Schritte kümmern. Welches Stallbausystem, welche Baufirma, Kostenminimierung usw.

Sie sagen, auf dem Weg zum Ziel spielt die Wertehaltung eine Rolle. Wie kann ich herausfinden, was meine Werte sind?

Da gibt es auch ganz verschieden Strategien. Man kann sich zum Beispiel fragen, was war in meiner Ursprungsfamilie wichtig? Was hat mich in der Kindheit geprägt? Oder wann bin ich wirklich zufrieden mit mir und meiner Umgebung? Was freut mich an anderen Menschen? Und nicht zuletzt, was sind meine Träume und Wünsche?

Oder man kann sich eine Vorstellung machen: Ich bin nun 85 Jahre alt. An meinem Geburtstagsfest halten ein Familienmitglied, ein Freund und ein Arbeitskollege eine Rede. Was würden sie über mich berichten? Was möchte ich in jenem Moment über mich hören?

Was kann ich tun, wenn ich merke, dass meine Werte widersprüchlich sind?

Es ist ganz normal, dass sich Werte widersprechen können. Erfolg in der Arbeit und Zeit haben für die Familie, stehen gerade in der Landwirtschaft sehr oft in Konkurrenz. Wir können unsere Werte auch nie zu 100 % ausleben. In diesem Beispiel kann es mir helfen, wenn ich für mich klar definiere, welches von beidem mir wichtiger ist. Wenn ich zum Beispiel sage: Die Kinder kommen vor der Arbeit, fällt es mir leichter, die Kinder in die Schule zu fahren und erst anschliessend das Heugras zu mähen. Und die Erfahrung zeigt, das Heu wird auch so in super Qualität eingebracht. Interview sb