Das Rebjahr 2021 war bisher geprägt durch aussergewöhnlich häufige und intensive Niederschläge, teilweise begleitet durch heftige Gewitter mit Hagel und grossen Regenmengen innert kurzer Zeit. Sehr grosse Sorgen bereitet der Falsche Mehltau, der fast in allen Ostschweizer Reblagen wütet.

Markus Leumann, in den letzten Wochen konnte man immer wieder von starkem Mehltau-Befall in den Rebbergen lesen. Wie schlimm ist die Situation?
Markus Leumann: Die Lage ist sehr prekär. Aktuell zeigt sich, dass auch mit einem hohen Pflanzenschutzaufwand dem enormen Pilzdruck kaum Einhalt geboten werden konnte. Gerade die Hauptsorten wie Blauburgunder oder Müller-Thurgau haben stark gelitten.

Aber es gibt auch Lichtblicke. Zum Beispiel sind die weiteren wichtigen Sorten wie Chardonnay,  Pinot Blanc oder Pinot Gris weniger betroffen. Erfreulich ist auch, dass die gegen Mehltau robusteren PiWi-Sorten meist gut dastehen. Aber auch bei diesen Sorten zeigt sich klar, dass es ohne Pflanzenschutz in einem solchen Extremjahr wie 2021 nicht geht.

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Es macht den Eindruck als stünden die Rebbauern für den Pflanzenschutz quasi seit Wochen im Dauereinsatz.
Das ist effektiv so. Die Winzer mussten jede Woche von Neuem entscheiden, an welchem Tag die Bedingungen für eine Spritzung ungefähr passten. Und jede zusätzliche Pflanzenschutzapplikation kostet Zeit und Geld. In diesem Jahr musste mindestens wöchentlich appliziert werden. Und nicht einmal dann war es sicher, dass die Reben respektive die Trauben genügend gegen die andauernden Neuinfektionen durch den falschen Mehltau geschützt werden konnten.

Wie aussergewöhnlich ist dieser Sommer mit derart günstigen Mehltau-Bedingungen über mehrere Wochen?
Der feucht-nasse Sommer 2021 hat alle Winzer vor fast nie da gewesene Herausforderungen gestellt. Bis heute gehen wir seit Mitte Juni und dem Beginn der Traubenblüte von gegen zehn Wochen mit andauernden Niederschlägen aus. Leider gab es kaum Verschnaufpausen, wo das Blattwerk und die sich entwickelnden Trauben vollständig abtrocknen konnten. Das machte es für die Winzer fast unmöglich, ein trockenes Spritzfenster zu finden, wo der Spritzbelag unter optimalen Bedingungen erneuert werden konnte.

Können Sie schon abschätzen, wie hoch die Ertragsausfälle sein werden?
Über das genaue Ausmass der Ertragsausfälle, die durch den Pilzbefall entstanden sind, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nur spekulieren. Erst die genauen Daten der Weinlesekontrolle werden Aufschluss über das wahre Ausmass der potenziellen Ertragsverluste geben. Als letztes vergleichbares Jahr kann vielleicht 2016 herangezogen werden. Aktuelle Schätzungen der Fachstelle gehen von einer kleinen Ernte  aus. Nun hoffen alle Winzer, dass es mit trockenem und sonnigen Wetter weitergeht und dass gute Qualitäten geerntet werden können.

Können das die Betriebe finanziell stemmen? 2020 war ja schon kein einfaches Jahr mit kleineren Erträgen in der Ostschweiz und der Corona-Situation mit geschlossenen Restaurants.
Das ist sehr individuell und betriebsabhängig. Allgemein lässt sich sagen, dass schon die letzten Jahre, nicht nur das Jahr 2020, für den Weinbau mit Schwierigkeiten verbunden waren. Dieses Jahr dürfte sich nochmals negativ auf die wirtschaftliche Situation vieler Winzer auswirken.