Auf den ersten Blick sehen sie wie Ziegen aus, die zierlichen braunen Kamerunschafe. Doch sie sind eben keine vorwitzigen Geissen, sondern scheue Schafe und müssen für den Fototermin extra mit Heupellets angelockt werden. "Damit klappt es immer", sagt Prisca Schwarz lachend.
Keine Traubenfresser
Zurzeit leben die Schafe auf einem eingezäunten Teil des Rebbergs und fressen das Laub im unteren Bereich der Rebstöcke sowie das Gras dazwischen. "Die Trauben lassen die Tiere hingegen hängen, solange sie grün sind. Diese sind ihnen zu sauer", erklärt die Bäuerin.
Da die Schafe nur dasjenige fressen, was sie sollen, eignen sie sich so gut für den Einsatz im Rebberg. Das war allerdings anfangs nicht so selbstverständlich. Die Familie Schwarz hatte es zuvor bereits mit Weissen Alpenschafen probiert, die jedoch gerne von den unreifen Trauben naschten, wie sich bald herausstellte. Das durfte natürlich nicht sein. Es brauchte eine Portion Mut und Hartnäckigkeit, es erneut zu versuchen, diesmal mit den Kamerunschafen, die bereits auf dem Hof lebten. Ein Volltreffer: Diese verschmähen nicht nur die Trauben, mit ihrer geringen Grösse erreichen sie zudem nur die unteren Ranken. Sobald die Beeren reif werden, muss die Schafherde auf eine andere Weide auf dem Betrieb zügeln.
"Leihbock" zu Besuch
"Weil es mit den Schafen so gut klappt, planen wir, die Herde zu vergrössern, um sie künftig auf weiteren Teilen des Rebbergs weiden zu lassen", sagt Andreas Schwarz. Diesem Ziel kommt entgegen, dass Kamerunschafe bis zu zweimal jährlich ablammen, zudem sind die Muttertiere häufig mit Zwillingen trächtig. Dazu soll die Herde, die derzeit aus 11 Auen besteht, nächstes Jahr Besuch von einem «Leihbock» bekommen.
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Andreas Schwarz hatte den Hof vor mehr 15 Jahren von seinen Eltern mit insgesamt 12 Hektaren Land übernommen, damals noch mit Vieh- und Acker-bau. Der gelernte Winzer verwandelte die sonnigen Südhänge am Irchel zusammen mit seiner Frau Prisca in einen reinen Weinbaubetrieb um. Auf den 6,5 Hektaren Rebland gedeihen nun Traubensorten wie Pinot Noir, Merlot, Malbec, Shiraz oder Sauvignon Blanc.
Bereits haben einige der Schwarz-Weine internationale Preise gewonnen. Ein Grundsatz des Weinguts lautet, auf systemische Herbizide zu verzichten. "Dies bedeutet nicht, dass nichts gespritzt wird, gegen den Mehltau setzen wir beispielsweise Kupfer und Schwefel ein", sagt Schwarz. "Wir wollen jedoch möglichst wenig in die Natur eingreifen." Damit dies immer weniger nötig wird, würden die Rebstöcke nach und nach durch neue, resistente Sorten ersetzt.
Insekten willkommen
Der Einsatz von Schafen auf dem Rebberg ist auf dem Weingut Schwarz eine von mehreren alternativen Massnahmen, den Unkrautwuchs in den Griff zu bekommen. Im Weiteren wird nicht gehackt, sondern nur geschnitten. "Das Hacken reisst die Erde auf, was geradezu eine Einladung ist für Pionierpflanzen", erklärt Andreas Schwarz. Ausserdem verzichte man darauf, den Streifen zwischen den Rebreihen zu mähen. Das hohe Gras locke eine Vielzahl von Insektenarten an, darunter auch Spinnen, welche natürliche Feinde der Kirschessigfliege sind. Zudem werden Pheromenfallen gegen den Traubenwickler eingesetzt.
Als Dünger kommt Mulch aus ausgerollten Heuballen von den eigenen Ökowiesen zum Einsatz. Diese werden zwischen den Reben in die Erde eingearbeitet, darüber kommt eine Schicht aus Leguminosen. Auch bei der Weinherstellung setzt Schwarz auf natürliche Mittel: "Wir verwenden wilde Hefe und verzichten auf die Beigabe von Zucker und tierischen Schönungsmitteln."
Reben trotzen Frost
Seit einigen Jahren wendet Andreas Schwarz ein neues Schnittsystem an, bei welchem die Reben möglichst wenig zurückgeschnitten werden. Das hat zur Folge, dass die Pflanze mehr Rispen mit kleineren Beeren bildet. "Die Qualität des Weines verringert sich dadurch nicht, im Gegenteil", betont Schwarz. Er ist überzeugt davon, dass sich die Rebe am besten selbst regulieren kann. So würden beispielsweise überzählige Triebe von selbst absterben.
Deutlich überzeugen konnte die reduzierte Schnittmethode im Frühling 2017, als der Frost landesweit ganze Ernten vernichtete. Der Winzer erzählt: "Die Rebstöcke, die kaum zurückgeschnitten worden waren, konnten danach nochmals neue Rispen bilden und den Verlust durch den Frost vollständig wettmachen." Erfolge wie dieser seien bestärkend, Neues auszuprobieren und auszutüfteln. Allerdings, so räumt Schwarz ein, gehörten auch Fehler dazu, die man nachher ausbügeln müsse. Angst vor grösseren Ernteausfällen sei dabei aber nicht nötig, weil sie neue Versuche zunächst nur in einzelnen Abschnitten des Rebbergs durchführen.
Mehr Zeit fürs Drumherum
Möglichst wenig ins natürliche System einzugreifen und die Natur selbst arbeiten zu lassen, kann den eigenen Arbeitsaufwand im Rebberg reduzieren, erhoffen sich Andreas und Prisca Schwarz. Das Ehepaar, das den Betrieb ohne feste Arbeitskräfte führt, wendet nebst der Rebenpflege und dem Keltern auch viel Zeit für Verkauf und Marketing auf. Mit ihrem Winzerblog beispielsweise, einem regelmässigen Videoblog auf YouTube, geben sie ihre Erfahrungen in kurze Geschichten verpackt an Interessierte weiter. Zudem bieten sie auf ihrem Betrieb Degustationen und Weinabende an.
Weitere Informationen:www.weingutschwarz.ch