Die Delegiertenversammlung des Zentralschweizer Bauernbundes (ZBB) wurde schriftlich durchgeführt. Dieses Jahr stand ein grosser Wechsel im Vorstand an: Es wurden fünf neue Mitglieder gewählt und Jakob Lütolf als neuer Präsident. Die BauernZeitung fragte beim abtretenden Präsidenten Josef Murer nach den Erfahrungen seiner zehnjährigen Amtszeit.

Was war das prägendste Erlebnis Ihrer Amtszeit?

Josef Murer: Es gab verschiedene prägende Anlässe, Treffen und Auftritte. Aber die Informationsveranstaltung im 2011 über die Agrarpolitik 2014–17 mit Gastreferent Bundesrat Schneider-Ammann war für mich als neuer Präsident schon speziell.

Wie haben sich die Aufgaben des ZBB entwickelt?

Wie immer auch zuvor, arbeitet der ZBB zu wichtigen Gesetzes- und Verordnungsänderungen eine Stellungnahme aus, welche die Anliegen der Zentralschweizer Bauern berücksichtigt und von den kantonalen Bauernverbänden übernommen wird. Er versucht aber auch, frühzeitig auf die politischen Prozesse Einfluss zu nehmen, sei dies über den SBV oder direkt bei der Bundesverwaltung. Im Bereich der Berufsbildung organisiert der ZBB nun jährlich den Auftritt an der Zebi. Das Thema Milch ist immer noch präsent, wenn auch viel weniger ausgeprägt als noch vor zehn Jahren, kurz nach der Aufhebung der Milchkontingentierung. Die Themen wurden in all den Jahren vielfältiger und komplexer, vor allem auch im Umweltbereich.

Der ZBB vereinigt Berg- und Talbauern. Wie erlebten Sie unterschiedliche Meinungen?

Zum Erstaunen hatten wir innerhalb des ZBB zwischen Berg- und Tallandwirtschaft nie grosse Meinungsverschiedenheiten. Die Hauptproduktionsrichtung ist sowohl im Berg- als auch im Talgebiet die Viehwirtschaft, weshalb die Anliegen sehr ähnlich sind. Ich meine auch, dass sich die Talbauern bewusst sind, dass die Bergbauern fürs gesamte Image der Landwirtschaft von grossem Nutzen sind und umgekehrt die Bergbauern den Fokus Produktion der Talbauern als wichtig einschätzen.

Braucht es den ZBB auch künftig, es gibt ja kantonale Bauernverbände und den SBV?

Es gab tatsächlich auch mal Diskussionen über Sinn und Zweck des ZBB und dessen Organisationsstruktur. Der ZBB schliesst den Kreis der kantonalen Bauernverbände innerhalb der Zentralschweiz und äussert und verhandelt gegenüber den Dachverbänden und Bundesbern, zusammen mit den uns nahestehenden Bundesparlamentariern möglichst mit einer Stimme. Die Vereinsstruktur ermöglicht klare Abläufe und Kompetenzen und erleichtert die langfristige Zusammenarbeit.

Wie beurteilen Sie die wichtigsten Herausforderungen der Schweizer Landwirtschaft?

Die zum Teil tierintensive Zentralschweizer Landwirtschaft kommt je länger je mehr vonseiten der Umweltverbände unter Druck. Bedauerlicherweise werden zum Teil Aussagen und Behauptungen in den Medien verbreitet, die nicht auf tatsächlichen Fakten beruhen. Auf der anderen Seite ist jeder einzelne Landwirt verpflichtet, sämtliche Umweltauflagen einzuhalten. Die Absenkpfade der Nährstoffe und Pflanzenschutzauflagen sind künftig die grössten Herausforderungen. Verbesserungen sind möglich und werden angestrebt, dabei braucht es aber das nötige Augenmass.

Wie empfinden Sie das Verhältnis zu Umweltorganisationen und Behörden?

Der ZBB wird das Gespräch mit den Zentralschweizer Umweltverbänden führen müssen. Mir fällt auf, dass einseitig nur die Landwirtschaft in die Zange genommen wird, und vor allem, dass die Schuldzuweisungen sehr emotional geprägt sind. Fakten sind dabei Nebensache. Beim Verhältnis zu den Behörden in der Zentralschweiz stelle ich fest, dass die Bauernverbände sehr gute Beziehungen pflegen. Ausnahmen gibt es. Ausgezeichnet ist jedoch die Zusammenarbeit mit den Leitern der Landwirtschaftsämter der Zentralschweiz, der Kolas-Z. Jährlich pflegen wir einen intensiven und sehr wertvollen Austausch. Der Stadt-Land-Graben macht uns bewusst, dass wir uns um das Verständnis bemühen müssen, und zwar jeder einzelne über seine privaten Beziehungen wie auch in Vereinen. Die Stadtbevölkerung muss uns über unseren sorgfältigen Umgang mit der Natur und nicht über die Medienprovokationen verstehen.

Was sind Ihre Anliegen und Tipps für die Zukunft?

Die Zentralschweiz ist landschaftlich, touristisch und wirtschaftlich eine Traumregion. Dazu haben seit Jahrzehnten auch Bauernfamilien viel beigetragen. Damit diese Traumregion auch weiterhin funktioniert, muss alles daran gesetzt werden, dass junge Bäuerinnen und Bauern eine Zukunft in diesem Beruf sehen. Die Bauernverbände der Zentralschweiz zusammen mit dem ZBB sind gefordert, die Beziehungen mit den Behörden und der Gesellschaft zu pflegen, damit unsere Leistungen und Anliegen offene Ohren finden. Das Gesicht der grünen Zentralschweizer Landschaft liegt in den Händen der Bauernfamilien.

 

Jakob Lütolf übernimmt

Jakob Lütolf, bereits seit acht Jahren im Vorstand, ist neuer Präsident des ZBB. Seine Ziele sind das Weiterführen und Ausbauen der Koordination zwischen den beteiligten Kantonen. Die Zentralschweiz müsse noch mehr mit einer Stimme auftreten. Die Innerschweizer Kantone und Luzern seien ähnlich strukturiert. Auch die Nähe und einen guten Draht zur Regierung nennt Lütolf als wichtig. Weiter in den ZBB-Vorstand gewählt wurden Markus Kretz, Präsident LBV, Sepp Odermatt, Präsident NBV, Marlis Krummenacher, Fenaco, Petra Rohrer-Stimmig, Zentralschweizer Bäuerinnen, und Priska Wismer-Felder, Nationalrätin.