Herbstzeit – Süssmostzeit. Eigentlich wäre in diesen Wochen der Höhepunkt der Mostobstverarbeitung. Davon ist aber wenig zu spüren, die Anlagen sind nur schwach ausgelastet, wie eine Umfrage bei einigen «Mostis» in der Region zeigt. Zwar rechnete der Schweizer Obstverband (SOV) noch Anfang Oktober mit einer Anlieferung von rund 60 400 t Äpfeln und 6300 t Birnen in die gewerblichen Mostereien, was einer tiefen Ernte entspreche. Ob aber selbst diese Mengen erreicht werden, ist derzeit eher fraglich. Gemäss dem aktuellen Wochenbericht des SOV wurden bis Ende letzter Woche erst 21 430 t Äpfel und 2127 t Birnen in die gewerblichen Mostereien geführt. Das sind erst je 35 Prozent der geschätzten Menge.

Grosskunden mit Anlagen

Von der Flaute bei der diesjährigen Mostobstverwertung spüre er allerdings wenig, sagt Peter Grüter aus Eschenbach. Der Inhaber einer Firma für Wiegetechnik für Landwirtschaft und Gewerbe bietet als Dienstleistung auch das Pasteurisieren von Süssmost und Abfüllen in Bag-in-Box an, ab einem mobilen Anhänger. Allerdings erst ab Mengen von mindestens 2000 Litern, weil der Aufwand für das Einrichten doch beträchtlich sei. So bedient er vor allem grössere Obstbauern, welche ihre nicht als Tafelware geeigneten Äpfel aus geschützten Intensivanlagen zu Saft verarbeiten lassen. Dort sind die Ertragseinbrüche dieses Jahr nicht so ausgeprägt.

Von geringen Anlieferungen in die gewerblichen Mostereien im Aargau berichtet Othmar Eicher vom LZ Liebegg. Die Qualität sei überraschend gut. Allerdings sei auch zu beachten, dass die Ernte zwei bis drei Wochen später als im Vorjahr sei. «Bald wird aber schon die späte Sorte Braeburn gelesen, die Mengen in den Mostis werden deshalb kaum noch gross ansteigen.» Im Aargau stammen 55 bis 60 Prozent des Mostobstes von Hochstammbäumen. Diesmal dürften wetterbedingt – der Schorfdruck war gross und die Fruchtgrössen sind teils klein – mehr Äpfel aus Anlagen vermostet werden, vermutet Eicher.

«Für kreative Produkte aus Mostobst gibt es durchaus einen Markt.»

Toni Schürch setzt auf Alternativen zu Süssmost.

Verzicht auf Auflesen

Vor allem beim Mostobst von Hochstammbäumen ist die Ernte dieses Jahr auch im Kanton Luzern sehr gering. Entweder sind die Bäume kaum behangen, oder die Bauern verzichten auf das Auflesen, wegen der hohen letztjährigen Rückbehalte und des Konsumrückgangs bei Süssmost. Er habe auch von einigen Bauern aus dem Aargau gehört, dass sie deswegen ihre Bäume gar ausreissen wollen, sagt Toni Schürch von der gleichnamigen Mosterei und dem Getränkehandel in Rothenburg. In der Tat reichen die Konzentratlager der grossen Schweizer Mostereien aufgrund der vorjährigen Grossernten für den Bedarf von rund zwei Jahren.

Auch Toni Schürch spürt die geringen Anlieferungen, es dürften kaum 10 bis 20 Prozent einer üblichen Menge sein, wohl keine 200 t. Von rund 150 Bauern aus der Region presst er das Mostobst, wobei der meiste Saft zu Ramseier geht und dort anschliessend zu Konzentrat wird. Nur ein geringer Teil des Safts oder zurückgekauften Konzentrats wird zu eigenen Produkten verarbeitet.

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Alternativen zu Birnensaft

Toni Schürch hat 2005 die Mosterei, Brennerei und den Getränkehandel Amstutz aus Hildisrieden übernommen. Liköre, Schnäpse – auch aus dem Barrique – und innovative Produkte aus Mostobst werden deshalb unter der Marke Amstutz Manufaktur angeboten, während Schürch für den Getränkehandel steht. Vor allem wegen der Überschüsse an Birnensaft brauche es Alternativen. So wird Birnendicksaft und «Birehonig» hergestellt, der dank einer Beziehung zu Intercheese bis nach Schweden exportiert werde und anstelle von Feigensenf perfekt zu Käsemöckli passe, erklärt Toni Schürch. Neueste Kreation seit diesem Jahr ist eine Barbecue-Sauce, welche statt des üblichen Zuckers viel Birnendicksaft enthält und sich einer regen Nachfrage erfreut.

Cider im Trend

Moster Schürch kritisiert die heutigen, seiner Meinung nach teils falschen Anreize, indem etwa Geld ausgeschüttet wird für Projekte für Hochstammprodukte. «Entweder gibt es einen Markt oder sonst braucht es diese Produkte nicht.» Er sieht zwar durchaus Chancen für kreative Produkte aus Mostobst, aber dafür müssten zuerst die Konsumtrends erkannt und ein Markt geschaffen werden. Der Süssmostkonsum sei klar rückläufig, stellt er fest. Schorle hingegen laufe gut. Zu einem Boom entwickeln könnten sich allerdings Cider-Produkte, so die Vermutung von Schürch. 

«Jeder weiss doch, dass Äpfel gesund sind.»

Josef Bucher bedauert die Kritik am Fruchtzucker im Süssmost.

Kritik an Zucker drückt auf Süssmostkonsum

Auch in Obwalden und Nidwalden hange wenig Obst an den Hochstammbäumen, und auch der Hagel habe zusätzlich negativ gewirkt, begründet Josef Bucher, Geschäftsführer Pilatus Getränke Alpnach, die geringe diesjährige Ernte. Er geht von nur 20 Prozent einer Normalmenge aus, wohl lediglich 200 bis 300 t Mostobst würden verarbeitet. Letztes Jahr waren es 2300 t. Viele Bauern würden einander wohl auch mit Mostobst aushelfen, damit sie wenigstens für den Eigenbedarf oder die Direktvermarktung dieses Jahr etwas Rohstoff hätten, meint Bucher zu den geringen Anlieferungen.

Pauschalkritik an Zucker
Ein bedeutender Anteil des Mostobstes wird allerdings gar nicht gepresst, sondern für Destillate ganzfrüchtig eingelegt oder zu «Chrosi» für die Birnenweggen verarbeitet. Es brauche eben neue Produkte und Verarbeitungswege für Mostobst, vor allem bei den Birnen, bestätigt auch Bucher. Zumal der Konsum von Süssmost laufend sinkt – jährlich zwei bis drei Prozent verliere dieser an Marktanteil. Daran ändere auch die gute Nachfrage für verdünnten Apfelsaft, sprich Schorle, wenig.

Kein Verständnis hat Bucher dafür, dass Fruchtzucker unter Beschuss ist und sogar Ernährungsfachleute davor warnen. Mit ein Grund, wieso der Konsum selbst von Süssmost sinkt. «Dabei weiss doch jedes Kind, dass ein Apfel gesund ist und nicht mit Würfelzucker zu verwechseln ist.»

Die Pilatus Getränke AG fühle sich gleichwohl auch volkswirtschaftlich verpflichtet, trotz schrumpfendem Markt und schlechter Wirtschaftlichkeit in diesem Jahr an der Mostobstverwertung festzuhalten.

Beitrag auch ohne Ernte
Bucher ruft die Bauern auf, nicht nur den Ertrag der Bäume zu sehen, sondern auch die Bedeutung für die Landschaft. In Obwalden gibt es noch rund 22 000 Hochstämmer und nur wenige Hektaren Niederstamm-Anlagen. «Schliesslich gibt es nicht unbedeutende Direktzahlungen für die Bäume, selbst wenn wie dieses Jahr wenig Obst daran hängt», meint Bucher. Im übrigen sei das aktuelle System mit Rückbehalten bei höheren Mengen immer noch viel besser als eine reine Steuerung über den Preis. Und bezüglich Konsum könnten auch die Bauern mehr mit gutem Beispiel vorangehen, statt Cola und Eistee zu konsumieren.