70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnte Nadja El Benni, Leiterin Forschungsbereich Nachhaltigkeitsbewertung und Agrarmanagement, an der Agrarökonomietagung in Tänikon begrüssen. Alle warteten gespannt auf die Einkommenszahlen des Vorjahrs, die die zentrale Auswertung von Agroscope zusammenführt.
Einkommen übers Ganze stabil
[IMG 2] Einkommen der Bauernfamilien blieb 2021 stabil und betrug im Mittel 80'700 Franken. Gegenüber dem Vorjahr war sogar ein leichter Zuwachs von 1,9 Prozent zu verzeichnen. Das überrascht angesichts der schlechten Ernten von 2021. Insgesamt sank der Gesamtertrag im Pflanzenbau um 13 Prozent. Am stärksten davon betroffen war der Gemüsebau mit sage und schreibe minus 33 Prozent.
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Milch und Rindfleisch mit gestiegenen Preisen
Die gestiegenen Preise für Milch und Rindfleisch und eine hohe Nachfrage nach Eier- und Geflügelhaltung aus Schweizer Herkunft glichen über alle Betriebe den Verlust im Pflanzenbau aus – ebenso konnten die tiefen Preise auf dem Schweinemarkt dadurch kompensiert werden. Dennoch: Für Einzelbetriebe, die sich stark spezialisiert haben, waren die Verluste nicht so einfach aufzufangen.
Arbeitsverdienst der Familienarbeitskraft
Gestiegen ist 2021 der landwirtschaftliche Arbeitsverdienst pro Familienarbeitskraft (Vollzeit-Äquivalent) gegenüber dem Vorjahr im Durchschnitt aller Betriebe um 2 Prozent auf rund 60 000 Franken. In der Talregion stieg der Arbeitsverdienst pro Familienarbeitskraft auf 76 600 Franken (+1,9 %), in der Hügelregion auf 54 600 Franken (3 %) und in der Bergregion auf 43 100 Franken (2,1 %).
Strukturwandel: Etwas mehr Fläche, etwas mehr Tiere
[IMG 4] Die Direktzahlungen pro Betrieb nahmen leicht zu, weil sich der Strukturwandel hin zu flächenmässig grösseren Betrieben fortsetzte. Die landwirtschaftliche Nutzfläche pro Betrieb ist im Schnitt auf 27,4 ha angewachsen. Die höchste Steigerung verzeichneten die Talbetriebe mit 1,6 Prozent auf knapp 30 ha. Auch in den Bergregionen ist ein Anstieg von 1 Prozent zu verzeichnen auf 26 ha, wobei deren Fläche grösser ist als jene in der Hügelzone mit 25,1 ha. Minim gewachsen ist der Tierbestand, nämlich um 1,5 Prozent, und betrug im Schnitt 35,6 GVE, dies bei gleichbleibendem Tierbesatz von 1,3 GVE/ha LN. [IMG 4]
Vergleichslohn nicht erreicht
Im Dreijahresmittel von 2019 bis 2021 erzielten die Familienarbeitskräfte in der Landwirtschaft tiefere Löhne als Arbeitnehmer im zweiten und dritten Sektor. Der Median des Arbeitsverdiensts je Familienarbeitskraft betrug in der Tal-, Hügel- und Bergregion im dreijährigen Mittel jeweils 90, 66 und 58 Prozent des Vergleichslohns.
Dass die Einkommen der Landwirtschaft generell hinter jenen in vergleichbaren Branchen hinterherhinken, vermerkt auch der Schweizer Bauernverband und nimmt Bezug auf die landwirtschaftliche Gesamtrechnung, Schätzung 2022 vom Bundesamt für Statistik, die zeitgleich mit den Agroscope-Zahlen erscheint.
Ausblick 2022: Bessere Preise sind nötig
Laut dem Bundesamt für Statistik (BFS) dürfte die Schweizer Landwirtschaft 2022 eine Bruttowertschöpfung von 4,3 Milliarden Franken generieren, was einem Anstieg von 1,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspreche. Bessere Ernten und höhere Preisen bei zahlreichen Agrargütern könnten die starke Teuerung bei Vorleistungen wie Futtermitteln, Energie und Dünger wettmachen.
Franz Murbach vom BFS machte an der Agrarökonomietagung auf die markante Zunahme der Bau- und Ausrüstungspreise aufmerksam. Die höheren Abschreibungen hätten einen negativen Effekt auf das sektorale Einkommen.
Alles in allem ist die makroökonomische Lage für 2022 nicht unbedingt rosig. Dieser Ansicht ist der Schweizer Bauernverband und weist auf die Unterschiede zwischen Betrieben und Regionen hin. Schweinebetriebe, Betriebe mit viel Vorleistungen oder solche in von der Trockenheit betroffenen Regionen leiden besonders. Fazit des Schweizer Bauernverbands zur Schätzung 2022: «Der Produktionswert dürfte zwar ansteigen, die Kosten nehmen jedoch deutlich stärker zu.» Um die massiv gestiegenen Kosten für Produktionsmittel sowie die zusätzlichen Aufwände aufgrund neuer Umweltauflagen zu decken, fordert der SBV eine weitere Verbesserung der Produzentenpreise um mindestens 10 Prozent.