Markus Dietschi ist überzeugt, dass die Landwirt(innen) die kürzlich festgelegten Richtpreise für Brotgetreide nicht einfach hinnehmen sollten. «Es geht auch darum, unsere Position für die angekündigten Nachverhandlungen im Herbst zu stärken», erklärt der Landwirt aus Selzach SO. Man könne nicht einfach sagen, man sei nicht glücklich damit und anschliessend nichts tun.[IMG 2]

Von Publikumsmedien nicht beachtet

Swiss Granum Die Preise für Brotgetreide steigen um 3 bis 5 Franken Wednesday, 29. June 2022 Nachdem die Preise öffentlich geworden waren, schrieb der Solothurner voller Unmut einen Blogeintrag, in dem er die stossende Situation mit steigenden Produktionskosten darlegt und erläutert, warum die Richtpreiserhöhung aus seiner Sicht inakzeptabel tief ausgefallen ist.  «In dieser Woche verzeichnete ich auf meiner Website 26'000 Besucher», freut sich Markus Dietschi. Das sei zwar geradezu «gigantisch», er hätte sich aber noch mehr Aufmerksamkeit gewünscht: «Den Blog habe ich an verschiedene Publikumsmedien geschickt, aber es gab kaum Reaktionen.»

Der Aufruf fiel auf fruchtbaren Boden

Beim landwirtschaftlichen Publikum erntete seine Auslegeordnung der Fakten aber viel Zustimmung. Dabei belassen will es Dietschi aber nicht und rief dazu auf, das Getreide vorerst zurückzuhalten. «Die Landis und Getreidezentren sind in der Hand der Bauern, da können wir Einfluss nehmen», ist der Solothurner überzeugt. Es gehe also nicht darum, die Ernte auf dem eigenen Betrieb einzulagern. Gewisse Landis und auch die Fenaco haben laut Dietschi angekündigt, diese Strategie zu verfolgen. Bei IP-Suisse-Getreide sei es schwieriger, da dort die Labelorganisation aktiv werden müsste. «Es ist eine ziemliche Bewegung im Gange» fasst Dietschi zusammen. Er sei auch nicht der Einzige gewesen, der zum Abwarten mit dem Verkauf aufgerufen hatte.

«Wir müssen die Leute für uns gewinnen. Dazu braucht es alle Landwirt(innen).»

Markus Dietschi, Selzach SO

Brotgetreide könnte verfüttert werden

[IMG 3]Auch Daniel Krähenbühl aus Zäziwil BE will sein Brotgetreide vorerst nicht verkaufen. Da er nur eine kleine Fläche von rund 3 ha habe, könne er den Weizen nach der Ernte bei sich auf dem Betrieb in ein Silo füllen. «Alle Preise gehen hoch, aber mit den Bauern kann man machen, was man will. Die Transparenz fehlt die aufzeigt, wer von den höheren Preisen schliesslich profitiert. Leider ist dies vielen Konsumenten gar nicht bewusst». Als es hiess, der Weizen werde knapp, sei ihm die Idee zum Abwarten gekommen. Der Berner hofft, sein Brotgetreide später zu einem besseren Preis verkaufen zu können. «Wenn nicht, bringe ich es in die Grastrockungsstelle und verfüttere es den Kühen», meint er trocken und etwas resigniert. Enttäuscht sei er auch vom Bauernverband: «Von dieser Seite erwarte ich in genau solchen Situationen Unterstützung und Zusammenhalt. Gemeinsam am selben Strick ziehen und einstehen für die Wertschöpfung der Landwirtschaft».

«Am besten wäre es, das Mehl selbst zu mahlen und an einen Bäcker zu verkaufen», findet Daniel Krähenbühl. Er habe schon eine entsprechende Adresse in seiner Nähe im Sinn. Dass er auch nächstes Jahr Brotgetreide anbauen wird, steht für ihn indes ausser Frage: «Ich habe zwar meine Planung noch nicht definitiv gemacht. Wünsche mir  jedoch, dass es eine entsprechend zufriedenstellende Lösung für Alle gibt! Ich jedenfalls setze mich ein für eine faire Landwirtschaft“.

«Die Transparenz fehlt, die zeigt, wer von den höheren Preisen profitiert.»

Daniel Krähenbühl, Zäziwil BE

Druck aufbauen mit der Bevölkerung

Zwar brächte die Direktvermarktung mehr Wertschöpfung auf die Betriebe, im grossen Massstab ist sie aber nach Meinung von Markus Dietschi keine Lösung. Höchstens zusammen mit innovativen Verarbeitern könne man vielleicht einen anderen Weg gehen. Grundsätzlich setzt der Solothurner bei der Bevölkerung an: «Wir müssen die Leute für uns gewinnen», ist er überzeugt. Damit liesse sich Druck auf die Abnehmer aufbauen. Über den Konsum zu gehen, sei schwierig, aber nicht hoffnungslos und ein gewisses Umdenken stelle er bereits fest. Hingegen wäre der Aufbau paralleler Strukturen zur heutigen Verarbeitung und dem Handel mit grossen Kosten und Risiken verbunden.

Eine andere Situation als in den Niederlanden

Viehbestand deutlich reduzieren Die Regierung will die Landwirtschaft umkrempeln – Niederländische Bauern auf den Barrikaden Friday, 8. July 2022 «Die Landwirtschaft muss selbstsicherer auftreten» findet Markus Dietschi, «man will ja Schweizer Rohstoffe verarbeiten – dafür sollen aber auch entsprechende Preise bezahlt werden». Wenn nun die Ernte zurückbehalten wird, könnten die Produzentenvertreter bei den Nachverhandlungen im Herbst darauf hinweisen und so ihre Position stärken. So weit wie die Bauern in den Niederlanden, die Verteilzentren von Supermarktketten und Autobahnen blockieren, würde der Solothurner aktuell aber sicher nicht gehen. Einerseits sei die Lage nicht vergleichbar, andererseits würde man sich so in der Bevölkerung keine Freunde machen. Aufklärung lautet seine Devise, auch was die Direktzahlungen angeht: «Diese Bundesgelder kommen nicht bei den Landwirt(innen) an, sie ermöglichen es nur dem Handel, zu tiefen Preisen einzukaufen», so seine Kritik. Anders sähe es aus, wenn das landwirtschaftliche Einkommen besser wäre – was höhere Produzentenpreise voraussetzen würde.

Mehr als 8 Franken wären gerechtfertigt

Sein eigenes Brotgetreide wird in den nächsten Tagen gedroschen und Markus Dietschi ist mit der örtlichen Landi im Kontakt, um den Verkauf zu verzögern. Einen Richtpreis von 8 Franken fände er das Minimum, «mehr wäre gerechtfertigt, aber wohl utopisch». Obwohl er die 5 Franken mehr pro Jahr für Brot pro Haushalt, die eine solche Erhöhung der Produzentenpreise für die Konsumenten bedeuten würde, geradezu lächerlich findet – angesichts der Summen, die für Elektronik oder Ferienreisen ausgegeben werden.

Brotgetreide Getreideproduzentenverband ist unzufrieden mit den Richtpreisen Thursday, 30. June 2022 Den Kontakt zur Bevölkerung sucht der Solothurner weiter und ruft auch andere dazu auf, ihr Umfeld zu sensibilisieren. Richtig informiert seien die Leute bereit, mehr zu bezahlen. «Hinzustehen und zu informieren, sehe ich auch als eine Art Lebensaufgabe von mir», erklärt Dietschi, der auch verschiedentlich in der kantonalen Politik aktiv ist. Nach seiner Erfahrung höre man ihm zu, «aber es reicht eben nicht – alle Landwirte sind gefordert, nicht nur Verbände», hält er fest. Sicher sei hingegen: Wenn man nichts mache, ändere sicher nichts.