Die Geschichte mit der Erschliessung der drei Lauenberger Alpen im hintersten Winkel von Finsterwald, Gemeinde Entlebuch, ist langwierig und verstrickt. Die BauernZeitung hat mehrmals darüber berichtet. ProNatura focht die von der Gemeinde nachträglich erteilte Baubewilligung für die Instandstellung des Karrwegs und insbesondere einen 2015 verlegten Holzrost über ein Flachmoor auf dem Rechtsweg an. Der Fall liegt nun beim Verwaltungsgericht. Von einer gütlichen Einigung zwischen den Eigentümern der Alpen, Urs Renggli und Hanspeter Renggli, die nicht miteinander verwandt sind, ist man weit entfernt, wie die Geschehnisse dieser Woche untermauern.

Im Clinch mit ProNatura

Nachdem vergangenen Sommer in der Mitgliederzeitschrift der Naturschutzorganisation der Artikel «Neue Strasse am Glaubenberg: Illegal durchs Moor» publiziert wurde, mit anschliessender Diffamierungen der Älpler in den sozialen Medien, suchten nun auch diese den Weg an die Öffentlichkeit. Gemäss Hanspeter Renggli sei man weiterhin gesprächsbereit. E-Mails oder Anfragen würden aber seitens ProNatura nicht mehr erwidert. Entsprechend organisierten sie die Medienorientierung Mitte Woche auf dem angeblichen Corpus Delicti, einem 90 Meter langen Holzrost aus einheimischem Holz, auf eigene Faust. Vorsorglich verschickte ProNatura Luzern vor der Begehung noch eine Medienmitteilung mit dem Titel «Fakten statt Stimmungsmache». Vor Ort informierten Marcel Züger, Biologe; Nationalrat Leo Müller und Biosphären-Direktor Theo Schnider aber betont sachlich. Der Holzrost, der den Boden vor Fahrspuren schonen soll, fällt visuell nicht auf. Das Wasser darunter kann offensichtlich zirkulieren. Für einen Laien schwer vorstellbar, dass dieser Rost dem Moor schadet. Stimmungsmache war vor diesem Hintergrund also nicht von Nöten.

Alle wollen Naturschutz

Das Zerwürfnis zwischen den beiden Parteien erstaunt. Denn eigentlich müssen die Älpler und die Vertreter von ProNatura ein gutes Einvernehmen haben, schliesslich gehören die Alpen wohl zu den artenreichsten Gebieten, mit zig Hektaren BFF der Qualitätsstufe II. Biodiversität ist quasi ein Betriebszweig auf am Lauenberg. Urs Renggli hat freiwillig die Bestossung seiner Alp reduziert und alte, von früheren Bewirtschaftern angelegte Entwässerungsgräben in Moornähe renaturiert. Ohne Erschliessung ist Naturschutz und Landschaftspflege in diesem Gebiet und auf diesem Niveau aber offensichtlich nicht mehr möglich. Es geht um viel für die Älplerfamilien. Und diese Erschliessung über das Flachmoor bestehe seit Jahrhunderten, wie anhand von alten Karten und vermerkten Wegrechten belegt werden könne, sagte Hanspeter Renggli. «Es ist die einzige Möglichkeit, um auf die Alpen zu können».

Im März 2020 bekamen die Älpler dann auch die nachträgliche Baubewilligung der Gemeinde für die Instandstellung des Karrweges, der Holzrost werde «geduldet». Das Ganze gestützt auf ein 40-seitiges Gutachten des Bündner ETH-Biologen Marcel Züger. Daraufhin reichte ProNatura Strafanzeige gegen die Älpler sowie die erwähnte Beschwerde an das Verwaltungsgericht ein. Die beiden Landwirte wurden unterdessen strafrechtlich in allen Punkten freigesprochen, die Beschwerde ist noch hängig.

Biologe würdigt Holzrost

Flachmoore sind wohl die am besten geschützten Lebensräume in der Schweiz. Es gebe aber klar definierte Ausnahmen, begründete Biologe Marcel Züger. Darunter fallen Erschliessungen oder die landwirtschaftliche Notwendigkeit. Denn ohne Erschliessung keine Bewirtschaftung und ohne Bewirtschaftung würden die Moorlandschaften rasch verganden. Die Erschliessung sei in diesem Fall also notwendig. Dann geht es auch um die Frage der Art und Weise: Wurde sie mit den geeigneten Mitteln und bestmöglicher Linienführung erstellt? Zur kurzen Überquerung des Moores gebe es keine Alternative und die Mittel, also der Holzrost, stufte der Fachmann gar als ideal ein. Berufskollegen des Biologen verlangten bereits Bilder vom System Renggli. Dieses sei besser als etwa die vom Bafu beschriebenen und tolerierten Varianten des Leichtbaus mit Betonplatten oder der Prügelung (Baumstämme und Kies). Selbst die Bewirtschaftung per Helikopter oder mit Seilbahn wurde im Gutachten beleuchtet, aber aus mehreren Gründen, etwa wegen Emissionen oder der Störung des seltenen Auerhuhns, als weder gut noch realistisch taxiert.

Augenschein statt Akten

Er könne nach wie vor zu jedem Wort in seinem Gutachten stehen, sagte Züger unbeirrt. Leo Müller beschrieb auch die menschliche Komponente. Aktenstudium in der warmen Stube sei gut und recht, aber manchmal brauche es einen Augenschein vor Ort und dann eine Güterabwägung, basierend auf gesundem Menschenverstand, so seine Erfahrung. «Naturschutz darf den Menschen nie vergessen», sagte auch Theo Schnider, der ebenfalls sichtlich Freude am Holzrost hatte. Schlussendlich sei das Leben und Wirtschaften in einem wertvollen Lebensraum immer auch ein Kompromiss.