Über zwei Monate dauert der brutale russische Angriffskrieg auf die Ukraine bereits. Er ist einmal mehr Sinnbild der Rücksichtslosigkeit eines Autokraten und Demagogen. Immer wieder und überall tauchen sie auf, die Herrschsüchtigen und Machthungrigen. Sie sind anscheinend keine Mangelware.

Machtkonzentrationen auch in der Landwirtschaft 

Zwischen 2017 und 2021 waren gar drei der fünf Weltmächte in der Hand von solchen Typen. Wenigstens einer wurde abgewählt. Wo die Macht sich ballt, ist offensichtlich der Machtmissbrauch nicht weit. Dies gilt nicht nur in der Politik, sondern durchaus auch für die Wirtschaft. Besonders gefährdet sind die Rohstoff-, die Finanz- und die IT-Branche. Aber auch die Landwirtschaft ist betroffen. So beherrschen heute fünf Agrarkonzerne den weltweiten Handel mit landwirtschaftlichen Rohstoffen. Vier Agrarchemiekonzerne dominieren den globalen Markt von Düngemitteln, Pestiziden und Saatgut. Ihre Wachstumsmärkte liegen vor allem in Lateinamerika, Asien und zunehmend auch Afrika. Dort haben sie leichteres Spiel, wenn es um Regelungen zu ihren Gunsten geht. Es ist wesentlich einfacher, in korrupten Ländern vollendete Tatsachen zu schaffen. Wir dürfen getrost davon ausgehen, dass die aktuellen Warenengpässe nicht nur eine Folge von Corona- und Logistikproblemen sind, sondern ebenso von künstlicher Verknappung durch marktbeherrschende Anbieter verursacht sind.

Problematisches Geschäft mit neuer Gentechnik 

Dies hat Folgen für Europa und die Schweiz. Aktuell ist die neue Gentechnik einer dieser Bereiche. Sie ist das Zukunftsgeschäft der grossen Agrarchemiekonzerne und darauf ausgelegt, die gesamten Produktionssysteme der Landwirtschaft zu beherrschen. «Grosszügig» verteilen sie ihr patentiertes Saatgut an Kleinbauern in Ländern des Südens, verdrängen so wertvolle, von den Bauern jahrzehntelang gepflegte Landsorten und machen diese abhängig vom kommerziellen Saatgutangebot. Innert kürzester Zeit ist ein nicht wieder rückgängig zu machender Schaden angerichtet.

Herrschen, ohne Schäden bezahlen zu müssen

Auch in der Schweiz machen die Konzerne Druck. Sie versprechen den Bauern die erwünschten «klimaresistenten» robusten Sorten, obschon ihnen klar sein dürfte, dass Robustheit nicht die Folge punktueller cis-genetischer Eingriffe, sondern vielmehr der hohen genetischen Vielfalt einer Nutzpflanze ist. Viel eher wird Robustheit über partizipative biologische Züchtungsmethoden an unterschiedlichen Standorten erreicht als über neue Gentechnik. Aber es geht ihnen ja nicht um die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit von Bauern und Bäuerinnen, sondern um ihre eigene marktbeherrschende Stellung, ohne für allfällige Schäden an Kulturen und in der Umwelt haften zu müssen.

Worauf man sich besinnen sollte

Unsere Bauern und Bäuerinnen tun gut daran, sich auf eine naturnahe Produktion als Qualitätsmerkmal der heimischen Landwirtschaft zu konzentrieren. Es ist das, was unsere Konsument(innen) wollen und ihre Solidarität mit der Inlandproduktion stärkt. Ein grenzenloser Glaube an die technische Machbarkeit beschert der Schweizer Landwirtschaft vor allem Abhängigkeit von Machtmonopolen und schwächt ihre Qualitätsstrategie und damit ihre langfristigen Marktchancen. Vielleicht realisieren dies auch unser Bundesrat und Parlament noch rechtzeitig.