Was bedeutet für Sie das Aus der Rüegg-Gallipor AG?

Marcel Lusti: Persönlich schmerzt es mich immer, wenn jemand am Markt scheitert. Der Konkurs der Rüegg-Gallipor AG bestürzt mich. Seit wir Hühner haben, also seit 1996, bezogen wir unsere Junghennen bei Sepp Rüegg, und seit drei Jahren liefern wir 40 % unserer Eier auch an ihn. Im vergangenen Dezember machten wir mit unserem Mitarbeiterteam einen Betriebsausflug zu Gallipor und besichtigten die neue topausgerüstete Anlage. Vergangene Woche lieferte er beziehungsweise seine Tochter uns noch tausend Junghennen aus. Wir müssen uns nun überlegen, wohin mit den Eiern.[IMG 2]

Gab es keine Warnzeichen?

Doch, die gab es. Wir waren mit dem Service immer zufrieden, ausser bei der Zahlungsmoral – die Zahlungen kamen öfters verspätet. Daran haperte es schon länger. Seit Januar 2023 haben wir kein Eiergeld mehr bekommen. Gallipor holte zwar die Eier ab, lieferte Kartons und schickte die Rechnung dafür. Ich habe einige Male interveniert, aber Rüegg nahm das Telefon gar nicht mehr ab. Auch liess ich mir einen Betreibungsauszug von ihm zustellen und sah, dass schon mehrere Betreibungen laufen. Ich zähle darauf, dass man das uns geschuldete Eiergeld mit den gelieferten Junghennen verrechnet.

Was hätte anders laufen müssen?

Aus meiner Sicht muss ein Unternehmen, dem das Wasser bis zum Hals steht, seine Produzenten und Lieferanten informieren. Rüegg hätte kommunizieren müssen, wie es um ihn steht. Ich bin überzeugt, dass wir Produzenten uns mit ihm an einen Tisch gesetzt hätten und einen Sanierungsplan aufgestellt hätten. Aber das muss einem mitgeteilt werden und transparent muss man sein. Es gibt immer Produzenten, die noch etwas Luft haben, die unternehmerisch und bereit sind, gewisse Risiken einzugehen.

«Die Rüegg-Gallipor AG war absolut systemrelevant»

Marcel Lusti

Können Sie abschätzen, was das insgesamt für die Bioeierproduzenten bedeutet?

Sepp Rüegg war mit der Gallipor absolut systemrelevant. Die meisten Biojunghennen liefen über ihn. Er hat grosse und kleine Bioproduzenten beliefert. Das hat sicherlich einen grossen Einfluss auf den Bioeiermarkt. Seine Junghennen müssen mit 18 Wochen raus und eingestallt werden. Vielleicht springen die Hosberg AG oder die Ei AG ein, die haben ja auch ein Interesse daran, dass ihre Bioproduzenten weiter Eier liefern und sie ihre Kunden zufriedenstellen können. Bedauerlich wäre, wenn ein Grossunternehmen, wie beispielsweise die Fenaco, übernimmt. Ich habe immer mit privaten, selbstständigen Unternehmen zusammengearbeitet, die von Anfang auf unserer Bioseite waren.

 

Branche weiss angeblich von nichts?

Dass ein Vermarkter scheinbar sang- und klanglos untergehen soll, lässt aufhorchen.  Der Geschäftsinhaber Sepp Rüegg ist für Kunden und Lieferanten nicht mehr  erreichbar. Die Website ist im Internet nicht mehr zu finden. Auch mit der BauernZeitung möchte Josef Rüegg nicht sprechen.
Auf Anfrage der BauernZeitung schreibt Bio Suisse:«Wir haben keine offizielle Information über einen Konkurs der Rüegg Gallipor AG.» Obwohl die Branche offiziell nichts vom angeblichen Konkurs weiss, hinter den Kulissen wird an Anschlusslösungen für die von Rüegg gehandelten Junghennen und Eier gesucht. Rund die Hälfte der Bio-Junghennen wurden laut Schätzungen über die Rüegg Gallipor AG gehandelt. Ist die Firma konkurs, braucht es für Tiere und Hennenhalter eine rasche Lösung. Die Ein- und Ausstallungen sind exakt terminiert und abgestimmt.