Der Magerfleischanteil (MFA) nahm in der Vergangenheit gewünscht laufend ein wenig zu. Zu verdanken ist dies in erster Linie der konsequenten Umsetzung des Schweizer Zuchtprogramms mit den Mutterlinien der Rassen Edelschwein und Landrasse und dem Endprodukteeber, dem Schweizer Premo, also dem Vater der Mastschweine. Seit vergangenem Jahr lässt sich ein sinkender Trend beim MFA feststellen. Darüber und ganz allgemein über den Einfluss des Vaters für die Mast- und Schlachtleistung hat Daniel Kaufmann, Leiter Endprodukteprüfung und Zuchtleiter bei der Suisag, einiges an Zahlenmaterial.
Kleine Zuchtpopulationen
Ein Endprodukteeber muss es grundsätzlich vielen recht machen. «Bedürfnisse der Mäster, Metzger und Konsumenten stehen hier züchterisch im Fokus», erklärt Daniel Kaufmann. Die Schweiz hat – im Vergleich zu den grossen europäischen Ländern – eine kleine Schlachtschweineproduktion. Diese beträgt hierzulande rund 2,5 Mio Tiere jährlich, Tendenz sinkend. Entsprechend sind die Zuchtpopulationen bei drei bekannten Endprodukteebern recht klein. Premo stehen auf den Betrieben von acht Eberzüchtern. Bei Duroc sind es deren drei, genauso wie bei Piétrain. Premo hat eine eigene inländische Zucht, die anderen beiden sind auf Genetikimporte angewiesen.
Unterschiedliche Stärken
Premo hat in letzter Zeit Marktanteile verloren, Duroc wurde beliebter. Der Hauptgrund dürfte sein, dass es in einigen Mastbetrieben zu erhöhten Abgängen infolge HIS gekommen ist. In einem Pilotversuch im Feld wurde festgestellt, dass bei Premo eine grössere Streuung von HIS-Abgängen gegenüber Duroc aufgetreten ist. Die Suisag hat darauf gemeinsam mit den Universitäten und Hochschulen sowie der Branche zwei umfassende wissenschaftliche Projekte gestartet, um den Einflussfaktoren für das Auftreten von HIS auf den Grund zu gehen.
HIS (Hämorrhagische Intestinal-Syndrom) ist eine multifaktorielle Krankheit – hat also verschiedene Ursachen – und ist verantwortlich für rund die Hälfte aller Abgänge in der Schweinemast. Es braucht noch ein wenig Geduld, bis gesicherte Daten aus der Forschung vorliegen. So oder so: «Die Mastschweine der drei Vaterrasen haben unterschiedliche Stärken und Schwächen», weiss Daniel Kaufmann aus der Endprodukteprüfung.
Premo bringt Geld
Der monetäre Wert, berechnet aus den Leistungsunterschieden zwischen den Rassen in den für den Produzenten wichtigsten Merkmalen, sieht unter dem Strich den Schweizer Premo aber klar im Vorteil. Dieser besticht vor allem bei den Masttageszunahmen (1019 g), der Futterverwertung (2,45), mit einem guten Anteil an intramuskulärem Fett (IMF) und sehr tiefen Tropfsaftverlusten (DL). Dazu kommt im Schlachthof der gewünschte MFA mit 57,6 Prozent. Der braune Duroc steht bei den Zunahmen und beim IMF gut da. Hat aber mit 56,7 Prozent einen bekanntermassen tiefen MFA. Die gescheckten Piétrain ihrerseits haben ihre Vorzüge in der Futterverwertung (2,42) und einem MFA von 57,7. Die bekannten Schwächen liegen hingegen bei IMF und DL.
Magerfleischanteil sinkt
Gemäss Proviande-Daten betrug der MFA 2021 im Mittel aller Schlachtschweine 57,2 Prozent. «Spürbar niedriger als noch 2020», kommentiert Daniel Kaufmann. Gründe werden nebst dem Einsatz von Duroc als Endprodukteeber bei der reduzierten Eiweissversorgung geortet. Dies macht sich im Portemonnaie der Mäster bemerkbar. 2020 erreichten die MFA-Zuschläge mit Fr. 3.04 pro Schlachtschwein ihren Höhepunkt. 2021 kam es zu einer deutlichen Trendwende: Minus 30 Rappen pro Tier auf noch Fr. 2.75. Ausschlaggebend sind deutlich mehr Abzüge für Tiere mit weniger als 54 Prozent MFA. Grundsätzlich sei der MFA auf den Praxisbetrieben seit 2017 sinkend wegen der reduzierten Eiweissversorgung. Bei Premo und Piétrain fiel dies kaum ins Gewicht. Bei Duroc hingegen schon.
Problem Duroc-Kastraten
An der Prüfstation MLP in Sempach wurde das Mastfutter nicht angepasst, entsprechend fallen auch die MFA-Werte höher aus als auf den Praxisbetrieben. Der genetische Trend sei bei den drei Rassen konstant bis leicht steigend, so Daniel Kaufmann. Bei Duroc sind die Kastraten vor allem das Problem mit ihrem tiefen MFA. Am anderen Ende der Skala ist bei weiblichen Premo-Nachkommen im oberen Abzugsbereich Vorsicht geboten. Allerdings fallen Abzüge für tiefe MFA (unter 54,4) mehr ins Gewicht als solche für hohe MFA (über 60,4).
Züchterische Ziele der nächsten Jahre sind gemäss Daniel Kaufmann eine Verringerung der Futteraufnahme bei den Mastschweinen, die einzigartige Fleischqualität von Schweizer Schweinefleisch weiter zu verbessern, genauso wie die Gesundheit der Ferkel und Mastschweine.