Die Geflügelproduktion ist in der Schweiz in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Sinkende Milchpreise und der gesättigte Markt bei den Schweinen machten die Entscheidung, ins Geflügel zu investieren, nicht schwer. Ausserdem erfreuten sich Geflügelfleisch wie auch einheimische Eier einer stets wachsenden Nachfrage. Dank tiefen Getreide- und Energiepreisen wurde die Produktion laufend intensiviert und die Produkte daraus konnten die Konsumenten immer günstiger erwerben. Ein Trend, der nun die Geflügelbranche straucheln lässt.
Deutlich weniger Hennen
Kaum ein Betriebszweig ist so durchgetaktet und hochtechnologisiert wie die Geflügelproduktion. Entsprechend leidet sie nun unter den gestiegenen Futter- und Energiepreisen. Der europäische Eierpreis ist zwar bereits um rund 50 Prozent gestiegen, die Kosten gleichzeitig um ein Vielfaches. Einzelne Betriebe rechnen mit bis zu 50-mal höheren Energiekosten. So stehen bereits erste Ställe in der EU leer, weil sich die Produktion nicht mehr lohnt. Entsprechend ist die Eierproduktion, die auch im EU-Raum seit Jahren gestiegen war, nun erstmals wieder gesunken. Im Vergleich zum Vorjahr haben die europäischen Hennen 162 000 Tonnen weniger Eier gelegt.
Doch nicht nur wegen den Kosten stehen Ställe leer, auch die Vogelgrippe grassiert nach wie vor in Europa und macht den Geflügelhaltern das Leben schwer. Um den aktuellen Ausbruch in den Griff zu bekommen, wurden bereits 11 Mio Legehennen gekeult, das ist mehr als dreimal des gesamten Legehennenbestands der Schweiz. Dass diese Tiere nicht mehr in Produktion sind, macht sich auf dem Eiermarkt nun bemerkbar.
Produktion sinkt weiter
Ansonsten ist die Eierproduktion ein Betriebszweig, der nur langsam auf veränderte Marktbedingungen reagieren kann. Vom Ausbrüten des Eies bis zur Schlachtung der Henne dauert es rund 1,5 Jahre. Mit Blick auf die sinkenden Henneneinstallungen in der EU muss deshalb befürchtet werden, dass die Eierproduktion weiter sinken wird. Ein weiterer Grund dafür ist das Verbot des Kükentötens in Deutschland. Der grösste Eierproduzent der EU verbietet seit Januar, die männlichen Legehennengeschwister zu töten. Die Meinung war, dass diese Bruderhähne gemästet werden. Dafür fehlen allerdings die nötigen Ställe und diese sind im aktuellen Kostenumfeld auch nicht zu realisieren, ganz zu schweigen von einer kostendeckenden Mast der Legehennenhybriden. Das Resultat ist, dass diese Eintagsküken ins Ausland gefahren werden, dort getötet werden und dann als Futter nach Deutschland reimportiert werden.
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Eier werden teurer
Auf die Schweiz hat die europäische Marktentwicklung bis auf steigende Preise bei Importeiern noch wenig Einfluss. «Der Handel bekommt dank vermehrter Anstrengungen weiterhin genügend Eier auf dem europäischen Markt», betont Raphael Zwahlen, Leiter der Geschäftsstelle von GalloSuisse, der Vereinigung Schweizer Eierproduzenten. Wo nötig seien die Importeure auf andere Lieferanten ausgewichen, die Entwicklung der kommenden Wochen sei aber schwer abzusehen. So fehlen auch in den USA Eier, was dazu führt, dass auch sie auf den europäischen Markt ausweichen.
Ebenfalls die Entwicklung der Vogelgrippe kann sich laufend verändern. Besonders an Weihnachten und Ostern steigt der Eierkonsum stark an, dann werden Importeier benötigt, um den Bedarf zu decken. Jedoch machen auch den Schweizer Legehennenhaltern die steigenden Kosten Kopfschmerzen. Soll die Produktion in der Schweiz kostendeckend werden, müssen auch die Preise inländischer Eier steigen. Die Produzenten haben entsprechende Forderungen deponiert.
Inlandproduktion steigt
Die Inlandproduktion erhöhte sich im Jahr 2021 auf 1145 Mio Eier. Gegenüber 2020 entspricht dies einem Wachstum von 7,7 %. Die Corona-Pandemie hatte dem Eierkonsum zu einem grossen Aufschwung verholfen. Konsumenten kochten vermehrt zu Hause und schätzten das unkomplizierte Lebensmittel. Nach der Pandemie konsolidierte sich der Verbrauch. Der Konsum von Schaleneiern im Detailhandel sank von 943 Mio auf 901 Mio Eier (-4,4 %). Dafür erholte sich der Absatz von Eiern im Grosshandel wiederum. Eine starke Zunahme verzeichnete ebenfalls der Verarbeitungsbereich mit Schweizer Eiern. Wurden im 2020 118 Mio Schweizer Eier verarbeitet, erhöhte sich dieser Wert auf 135 Mio Stück im 2021, was einem Plus von 14,4 % entspricht.
Die Zahlen
376 Millionen Legehennen werden insgesamt in der EU gehalten.
44,9Prozent davon leben in Käfighaltung, nur knapp jedes fünfte Huhn kann ins Freie.
6 471 000 Tonnen Eier wurden 2021 in der EU produziert.
6 135 000 Tonnen Eier wurden 2021 in der EU gegessen, der Selbstversorgungsgrad liegt bei rund 105 Prozent.
2,3Prozent ist die Eierproduktion heuer tiefer als im vergangenen Jahr.
180Euro kosten aktuell 100 kg Käfigeier in der EU, das ist rund 50 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Dennoch ist die Produktion nicht kostendeckend. Bio-Eier kosten rund 400 Euro je 100 kg.
58 064 747werden in Deutschland gehalten, das damit die meisten Legehennen in der EU hält. Knapp dahinter folgen Polen, Frankreich und Spanien. Diese vier Länder halten rund die Hälfte der europäischen Legehennen.