Vor acht Jahren konnte Antonia Müller den Betrieb Sandmatt innerhalb der Familie übernehmen. Die 20 ha im Wauwilermoos auf besten humosen Böden werden intensiv ackerbaulich genutzt, Haupterwerbszweig ist aber noch die Schweinemast. Doch fünf Jahre nach der Übernahme habe sie überlegt, wie sie den Betrieb umkrempeln wolle. An den Grosshandel wollte sie nicht mehr liefern, «die Wertschätzung dort ist gleich Null». Und Mastschweine möchte sie künftig nicht mehr halten.

Beeren bringen rasch Geld

Spargeln oder Erdbeeren, also arbeitsintensive Spezialkulturen, standen als Alternative im Vordergrund. Antonia entschied sich für Erdbeeren. «Weil schon nach einem Jahr Einnahmen zur Amortisation des investierten Kapitals fliessen.» Den Anfang machte sie im Vorjahr, startete mit einer knappen halben Hektare Erdbeeren. Geplant war ausschliesslich zum Selberpflücken. Schlussendlich konnte sie jedoch auch an einen Hofladen und eine Bäckerei liefern. Dieser Absatz habe sich auch dieses Jahr erfreulich entwickelt und habe für sie Priorität vor dem Selbstpflücken.

Hohe Wertschöpfung

Künftig sollen auch Himbeeren, Brombeeren und ein Garten zum Selberernten des Gemüses angelegt werden, skizziert die Betriebsleiterin ihre Pläne. Möglichst viel Direktvermarktung mit hoher Wertschöpfung und bei Spezialkulturen breit diversifiziert, sei ihre Strategie.

Auf dem Feld helfen ihr derzeit ihre «Superfrauen», ein Team von Helferinnen zum Pflücken, denn längst nicht alle Beeren holen sich die Kunden selber vom Feld. Auf dem Betrieb helfen zudem ihre Eltern noch mit und ein 60-Prozent-Angestellter für den Ackerbau und im Schweinestall.

Grosser Bildungsrucksack

Die 38-jährige Antonia Müller ist alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern und hat einen breiten Bildungsrucksack. Sie studierte ursprünglich an der ETH Biologie in chemischer Fachrichtung, schloss in Biochemie ab, mit Fokus Stärkemetabolismus in Pflanzen. Dann arbeitete sie knapp zwei Jahre bei Syngenta, interessierte sich für Wirkstoffe, «und ich wollte eigentlich den Nobelpreis gewinnen», schmunzelt Müller.

Aus einer nicht akademischen Bauernfamilie stammend, merkte sie aber, dass Grundlagenforschung nicht ihr Ding war. Sie entschied sich für die Zusatzausbildung zur Agronomin mit Master an der ETH, mit Abschluss 2015. Mit der Idee, beide Optionen zu haben: zurück in die Forschung oder den elterlichen Betrieb übernehmen. Während des Studiums entschied sie sich dann für Letzteres, da keine von ihren drei Schwestern den Betrieb übernehmen wollte. Start als Betriebsleiterin war 2016, mit ganz vielen Ideen im Kopf.

Auf Dämmen

Bei den Erdbeeren setzt sie auf geschmackvolle Sorten, probiert viele aus, derzeit seien es wohl neun. «Ich werde wohl mein Leben lang ausprobieren», lacht Antonia Müller herzhaft. Hauptsorten sind Joly, Asia, Clery. Die süssen Früchte wachsen auf Dämmen, da sonst Moosböden wegen Wurzelkrankheiten für Erdbeeren eher nicht geeignet sind. Die Anlage kann bewässert und jede Reihe bei Bedarf auch flüssig gedüngt werden.

Gesetzt werden die jungen Pflänzchen jeweils im Juli/August, nach der Ernte im Mai und Juni wird die Parzelle gewechselt, bald in die noch stehende Gerste. «Jährlicher Wechsel macht bei diesen Böden, und weil genügend Land arrondiert zur Verfügung steht, Sinn.» Allerdings werde sie den Erdbeerenanbau nun drei Jahre testen und dann genau kalkulieren, ob weiterzumachen auch wirtschaftlich sinnvoll sei.

Netze schützen vielfältig

Dieses Jahr war der Anbau wetterbedingt herausfordernd. Das Feld konnte für den Pflanzenschutz kaum befahren werden, bei den frühen Sorten kämpfte sie wegen dem nassen Wetter mit Krankheiten, und die Ernte startete später. Hilfreich seien die feinmaschigen Netze, welche über den Pflanzreihen ausgelegt sind. Die dienen als Sonnenschutz, schützen vor Krähen, Füchsen und Dachsen und auch vor Hagel. Und um das Selbstpflücken zu lenken, denn zugänglich sind für die Kunden nur wenige ungedeckte Reihen.

Liefern für Läden

Erdbeeren selber pflücken lassen sei herausfordernd, weiss Müller, und deshalb brauche es auch Regeln. Aufgrund des guten Absatzes zu guten Preisen an ihre Abnehmer im Dorf werde nach den letztjährigen Erfahrungen nun zuerst vom Helferteam abgelesen und danach je nach Erntemengen und Bedarf werde das Selbstpflücken freigegeben. Das Feld sei somit nicht immer zugänglich, in den sozialen Medien und auf ihrer selbst erstellten Website sind die aktuellen Öffnungszeiten und auch die variablen Tagespreise ersichtlich. Auch auf Instagram macht Antonia Müller intensiv Werbung unter dem Hashtag «Erdbeerifee».

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Die Kunden lenken

Unter der Woche sei das Selbstpflücken gut lenkbar. Heikel seien Mittwoch und die Wochenenden, wenn viele Leute, auch mit wenig Kenntnissen, sich auf dem Erdbeerfeld tummeln wollten. «Dann müssen die Regeln noch konsequenter durchgesetzt werden.» Und es brauche schon eine Kontrolle vom Feldrand aus, pensionierte Mitarbeiter und Freiwillige sorgen für die Einführung neuer Kunden, Abgabe der Gebinde, wägen und einkassieren nach dem Pflücken.

Beeren gefriertrocknen

Erdbeeren sind dieses Jahr teurer, die Kosten seien aber auch beträchtlich gestiegen. Sie kalkuliere ihre eigenen Produktionskosten als Basis für die Preisfestlegung sehr genau, erklärt Müller.

Falls Zweitklassbeeren anfallen – «bis jetzt haben wir noch alle selber gegessen» –, so sollen diese gefriergetrocknet und online vermarktet werden. Ein Onlineshop sei im Aufbau. «Konfitüre machen mag ich nicht, das machen ohnehin schon alle.»

Weitere Informationen: www.erdbeerifeld.ch

Turbulente Erdbeerzeit 
 
Mitte Juni sei Haupterntezeit bei den Erdbeeren, sagt Produzent Patrick Galliker, Gunzwil, Vorstandsmitglied bei der Vereinigung Luzerner Beerenpflanzer. Er bestätigt, dass die Vermarktung letzte Woche herausfordernd war. Solche Erntemengen auf einmal gab es schon lange nicht mehr. Die Lage habe sich eher wieder beruhigt. Grund für die vielen Beeren innert kurzer Zeit ist natürlich das Wetter. Bis Mitte Mai wurden die verschiedenen Sorten in ihrer Entwicklung gebremst. Nun scheint seit Wochen die Sonne. Selbst bei guter Planung, unterschiedlichen Sorten und Staffelung waren Spitzen nicht zu vermeiden.

In der Region Luzern, Ob- und Nidwalden wurden dieses Jahr 22,4 ha Erdbeeren angebaut, ein leichtes Plus, ebenso in Zug auf 10,9 ha. Im Aargau sank die Fläche auf 43,3 ha. Schweizweit bleibt die Anbaufläche recht stabil und liegt gemäss Swissfruit bei rund 510 ha.