Der Schweizer Müllereimarkt sei rückläufig, schreibt die Groupe Minoteries SA (GMSA) in einer Mitteilung zu ihrem Jahresergebnis. Nach mehreren Jahren des Wachstums und sehr guter Ergebnisse verzeichne man 2024 ein um 15 Prozent tieferes Nettoergebnis. Dieser Rückgang geschehe in einem Markt, der stark unter Druck stehe.

Mehrere Gründe für das Schrumpfen des Marktes

Nicht nur die schlechte Ernte macht dem Müllereimarkt laut der GMSA zu schaffen, sondern auch die gestiegenen Richtpreise für Getreide und bestehende Überkapazitäten seitens der Mühlen. Die stetige Erhöhung der Backwarenimporte, die Verlagerung einer Produktion ins Ausland und eine Änderung des Zollsystems (siehe Kasten ganz unten) seien die Gründe für das Schrumpfen des Schweizer Müllereimarkts.

«Dadurch verschärfen sich bestehende Überkapazitäten», erklärt Alain Raymond, Geschäftsführer der GMSA. Als Folge könnten viele Mühlen ihre Anlagen nicht mehr auslasten und stünden in starkem Wettbewerb um die verbleibenden Aufträge. «Um nun weiterhin genügend Aufträge zu erhalten und grosse Mengen zu verarbeiten sowie die hohen Fixkosten zu decken, resultiert ein Preiskampf mit Angeboten zu Schleuderpreisen.» Diese Preise seien mittelfristig aber nicht nachhaltig.

Zwei mögliche Szenarien zeichnen sich ab

Ihre sinkende Produktionsmenge führt die GMSA auch darauf zurück, dass es immer weniger Bäckereien gibt. «Entweder muss sich der Markt bereinigen, oder es müssen neue Getreidemengen zur Verarbeitung gewonnen werden», so Raymonds Fazit.

Eine Möglichkeit wäre laut dem GMSA-Geschäftsführer, weniger Halbfertigprodukte zu importieren – die oft diskutierten Einfuhren von Teiglingen und Tiefkühlbackwaren. Das würde den Bedarf an Schweizer Getreide wieder steigern. Es setzt aber voraus, dass es genügend Bäcker gibt, die aus dem Mehl Gipfeli und Brot herstellen. «Im letzten Jahr wurden 131'660 Tonnen Halbfabrikate importiert», gibt Alain Raymond zu bedenken. «Das entspricht einer Zunahme um 55 Prozent in den letzten 10 Jahren und einem Warenwert von über 500 Millionen Franken.»

Produzenten zweifach betroffen

Wenn es nicht gelinge, mehr Getreide für die Vermahlung in der Schweiz zu gewinnen, bleibe nur die Marktbereinigung, so die GMSA. «Diese Strukturanpassungen betreffen die Schweizer Getreideproduzenten in zweierlei Hinsicht», gibt Alain Raymond Auskunft. Als Erstes könne die Nachfrage nach Getreide insgesamt (Schweizer Ware und Importiertes) sinken, wenn hierzulande weniger Mehl gemahlen wird. «Zweitens würde sich der derzeitige Preisdruck über kurz oder lang auch auf die Getreidepreise auswirken.»

Die 2024 um durchschnittlich Fr. 1.50 erhöhten Produzentenpreise waren für die Landwirt(innen) ein Erfolg. Nach eigenen Angaben verwendet aber die GMSA 70 Prozent ihres Umsatzes für den Zukauf von Rohstoffen (vor allem Getreide). «Dies unterstreicht, wie stark wir von den Schwankungen der Rohstoffpreise betroffen sind», bemerkt Raymond. Steigende Getreidepreise bedeuteten automatisch höhere Produktionskosten – «während der Spielraum für Preiserhöhungen von Mühleprodukten begrenzt ist, da Preisdruck und Importkonkurrenz den Markt prägen.»

Mittelfristig Veränderungen zu erwarten

«Im Jahr 2025 wird die Schweizer Müllereibranche weiter an Mengen verlieren und sich dann hoffentlich auf einem neuen Referenzniveau stabilisieren», prognostiziert die GMSA. Dieses Niveau werde den Bedarf bestimmen und die Müllerei werde sich daran anpassen müssen. «Mittelfristig sind daher erhebliche Veränderungen in der Marktstruktur und bei den verschiedenen Akteuren zu erwarten.»

Man gehe davon aus, dass während dieser Übergangszeit die Margen weiter unter Druck geraten werden. Für die GMSA werde es darum gehen, rasch zu reagieren und weitere Einsparungspotenziale zu identifizieren. Theoretisch wäre es für das Unternehmen günstiger, Brotgetreide aus dem Ausland zu beziehen, erläutert Alain Raymond. «Wenn wir aber eine sehr gute Weizenqualität wollen, minimiert sich der Preisunterschied zu Schweizer Getreide sehr schnell.» Der GMSA sei der Bezug von einheimischem und möglichst lokalem Getreide ein zentrales Anliegen.

Diversifizierung hilft der GMSA

Um rentabel arbeiten zu können, setzt die GMSA mit Standorten in Granges-près-Marnand VD und Goldach SG auf Diversifizierung. Durch Firmen-Übernahmen gehören mittlerweile auch Körnermischungen und Müesli aus der Bio-Mühle Steiner in Zollbrück BE sowie traditionell hergestellte Panaden der Bonvita AG in Stein am Rhein SH zu ihrem Portfolio.

Hinzukommt das proteinreiche Pflanzenhack Protaneo in Zusammenarbeit mit IP-Suisse. «Wir sind stetig darum bemüht, neue Möglichkeiten zur Diversifizierung zu suchen und uns dadurch weiterzuentwickeln», sagt Alain Raymond.

Motion Knecht schlägt durch

Im vergangenen Jahr sorgte die Motion Knecht für Wirbel. Sie verlangte eine Rückkehr zum bisherigen System, in dem zur Stärkeproduktion vergünstigt eingeführtes Getreide zu maximal 20 Prozent als Brotmehl vermarktet werden durfte. Der Schweizerische Getreideproduzentenverband (SGPV) hatte sich für eine Annahme eingesetzt, «für eine starke Wertschöpfungskette», wie es damals hiess.

Doch der Nationalrat hat die Motion 2024 knapp abgelehnt. Laut dem Dachverband Schweizerischer Müller (DSM) schlagen sich die neuen Regeln in den Zahlen der Mühlen zum Jahr 2024 erstmals nieder. «Bei einer Annahme der Motion Knecht wäre der Druck auf die Mühlen vielleicht geringer gewesen», sagt GMSA-Geschäftsführer Alain Raymond. Jedoch sei die steigende Konkurrenz durch den Import von Halbfertigprodukten nicht zu vernachlässigen.