Die per 1. Juni 2023 neu definierten «Qualitätsbestimmungen für Gemüse» sind in der Branche gut angenommen worden. Dies durfte, angesichts der langen Verhandlungen und Beratungen zwischen den Gremien der Branche, auch so erwartet werden. Damit wurde die Basis für die verschiedensten Angebote im Markt wieder aktualisiert.
3 Ziele
Die Anpassung der Normen hat drei wichtige Ziele:
- Die Produktanforderungen so anzupassen, dass sie auch mit der deutlich verminderten Anzahl von zugelassenen Wirkstoffen zu erreichen sind.
- Den Auswirkungen der zunehmend extremen Wetterverhältnisse (Trockenheit, Nässe, Temperaturen) und deren Einfluss auf das Produkt Rechnung zu tragen.
- Einen Beitrag zur Reduktion von Lebensmittelverschwendung (Food Waste) zu leisten.
Heuer nur selten ausgereizt
Vorneweg ist festzuhalten, dass es für eine abschliessende Beurteilung der Wirkung noch deutlich zu früh ist. Im Gemüsebau gleicht kein Jahr dem anderen und die Qualität im Jahr 2023 darf generell als sehr gut bezeichnet werden. Dazu waren die Wetterverhältnisse in der Hauptproduktionszeit im Vergleich zu 2022 (Trockenheit) und 2021 (Nässe) geradezu moderat – regionale, temporäre Ausnahmen und einzelne Produkte ausgenommen.
Dies führte glücklicherweise dazu, dass die Normen im ablaufenden Jahr nur höchst selten «ausgereizt» werden mussten und die befürchteten sichtbaren Qualitätsmängel nur temporär und lokal aufgetreten sind. Eine erhöhte Anzahl an Kundenreklamationen oder Reaktionen vom Verkaufspersonal wurden jedenfalls gemäss kurzer Umfrage nicht festgestellt. Es wird wichtig sein, diese Entwicklung über die nächsten Jahre zu beobachten. Vor allem, wie sich lokale, regionale oder eben nationale Schwierigkeiten auf Absatz und Abschreibungen am Verkaufspunkt auswirken.
Konsument(innen) müssen auch mitmachen
Fest steht – dies haben die Verbände der Branche immer kommuniziert – dass es in Kombination von zunehmend weniger Wirkstoffen und steigender Anzahl von extremen Wetterereignissen bzw. Wetterlagen in Zukunft noch wichtiger sein wird, die Konsumierenden auf die Auswirkungen dieser Faktoren zu sensibilisieren. Dazu laufen verschiedene Initiativen, um im Falle von Qualitätsproblemen (z. B. durch Blattränder, Kaliber- oder Formfehler usw.) umfassend, schnell und einfach aufklären und informieren zu können.
In Bezug auf den Beitrag zur Reduktion von Food Waste ist mit den angepassten Normen nur ein erster Schritt gemacht. Weitere Anpassungen sind nur dann möglich, wenn auch die Konsumierenden mit ins Boot kommen und mithelfen. Denn werden im Laden weiterhin nur die perfekten Produkte gekauft – während die kleinen, grossen und unförmigen liegen bleiben – wird sich das Angebot auch weiterhin daran ausrichten.
Alle an einen Tisch
Die Branche beschäftigt sich intensiv mit den Herausforderungen rund um Food Waste. Immer deutlicher zeigt sich, dass sich die Probleme nicht – wie gerne in Medien kolportiert wird – auf einen Teil der Wertschöpfungskette abschieben lassen. Wirkliche Lösungen finden wir nur, wenn von den Produzierenden bis zu den Konsumierenden alle an einem Tisch sitzen und Lösungen erarbeiten und dabei ein besonderes Augenmerk auf Wechselwirkungen und Zielkonflikte legen.
Anstrengungen sind es wert
Die angepassten Qualitätsnormen für Gemüse können einen Beitrag zur Erreichung der Ziele leisten, aber um diese zu erreichen, braucht es letztlich einen Effort von allen Beteiligten. Der ist es aber wert, damit wir auch in Zukunft schmackhaftes und frisches Gemüse aus der Schweiz geniessen können – wie die Natur es schuf.
Zur Person:
Christian Sohm ist Direktor des Verbandes des Schweizerischen Früchte-, Gemüse- und Kartoffelhandels (Swisscofel).
