Erstaunt hat das Ende die Branchenkenner nicht, als bekannt wurde, dass die Farmy AG von Pico Lebensmittel AG übernommen wird. Frischprodukte eignen sich nur bedingt für den Onlinehandel. Auch hatte Farmy ein Sortiment, das vergleichbar mit anderen Anbietern ist. So sind beim Zwischenhändler, der sich Online-Hofladen nennt, beispielsweise Kartoffeln von Terraviva und von Inoverde zu finden. Bei den Milchprodukten gehören die Molkerei Biedermann, Züger Frischkäse und Emmi zu den Lieferanten.
Bio Suisse steht zu Farmy
Läutet diese Übernahme nun das Ende von Farmy ein? «Nein», widerspricht David Herrmann von der Bio-Suisse-Medienstelle und fährt fort: «Pico will die Marke weiterführen und hat die Marke mit ihren Lieferanten und Kunden übernommen. Darin muss Pico Potenzial sehen, sonst hätten sie die Übernahme nicht getätigt.» Pico und Farmy seien Lizenznehmer der Bio-Knospe. Aktien habe Bio Suisse keine erworben. «Alle, die über Farmy online einkauft haben, können das weiterhin tun», so Herrmann.
Dafür müssen aber auch die Lieferanten bei der Stange bleiben. Sowohl zu Farmy als auch zu Pico unterhält die Hosberg AG in Rüti ZH Geschäftsbeziehungen. Hosberg ist schweizweit einer der grössten Vermarkter für Bio- und Demeter-Eier. «Wir gehen davon aus, dass Produkte weiterhin von uns bezogen werden, insbesondere an Pico liefern wir vor allem Eiprodukte», sagt Geschäftsführer Jonas Reinhard. Im Moment laufe es wie gehabt. «Wir sind vorsichtig optimistisch, was die Zukunft von Farmy betrifft», sagt Reinhard. Aber man müsse sich bewusst sein, dass Übernahmen oder Fusionen immer Veränderungen nach sich ziehen würden.
Ein Absatzkanal unter vielen
Auch die bäuerlichen Lieferanten hoffen auf gute Zeiten. «Im Moment wissen wir nicht viel mehr als das, was in den Medien gestanden hat», sagt Stephan Müller aus Steinmaur ZH. Der Biobetrieb liefert Gemüse an Farmy-Kunden. Es seien auch diese Woche Bestellungen hereingekommen, und sie hätten geliefert. «Das hat mich positiv überrascht. Es ist nicht selbstverständlich, dass Kunden und Kleinaktionäre Farmy weiterhin die Treue halten, obwohl sie vermutlich ihr Aktienkapital nicht herauslösen können», sagt Müller. Farmy sei einer ihrer vielen Absatzkanäle – und habe nicht unwesentlich zum Betriebsertrag beigetragen. «Aber wir haben mit unserem Hofladen ein gutes Standbein.» Es sei kein gewöhnlicher Hofladen, sondern wie ein Bioladen mit einem Vollsortiment an Bioprodukten, der sehr gut laufe.
Der Brüederhof in Dällikon ZH liefert wöchentlich 120 bis 150 l Roh- und Pastmilch unter dem Markennamen Bio-Muka-Hornmilch an Pico. Diese Milch ist auch bei Farmy erhältlich. «Wir können Pico die ganze Menge liefern und nicht Kleinmengen wie an Farmy. Das funktioniert gut. Ich hoffe, Pico bleibt am Markt», sagt Martina Knoepfel. Mit Farmy hatten sie nie zu tun. «Wir verkaufen nur Milch. Unsere exklusiven Produkte wie Joghurt, Quark, Crème fraîche oder Sugo verkaufen wir nur bei uns Hofladen. Auch Brot und Zopf gibt es nur im Hofladen», sagt Knoepfel. Der Hofladen laufe gut und habe sich nach dem Pandemie-Hype auf einem guten Niveau stabilisiert.
Wie bekannt wurde, kann die Pico Lebensmittel AG Farmy zum Spott-Preis von Fr. 100 000.– übernehmen. Das Nachsehen haben Kleinanleger. Auf die Frage «Wie solide und gesund ist die Pico Lebensmittel AG aufgestellt?» braucht es Antworten. Pico beliefert Restaurants, Gastronomiebetriebe, Grossisten und Quartierläden in und um Zürich mit Bioprodukten. All diese Unternehmen haben mit der sinkenden Kaufkraft der Konsumenten zu kämpfen. Auf Nachfrage der BauernZeitung antwortet Pico-CEO Thomas Zimmerman: «Gerne geben wir allenfalls zu einem späteren Zeitpunkt detaillierte Information an die Presse ab.»
