Bei der aktuellen Wetter- und Futterlage über Trockenfutter zu schreiben, scheint nicht naheliegend. Und doch macht es gerade in diesem Jahr und unter den veränderten Vorzeichen Sinn, die Futterkonservierung nicht einfach «passieren zu lassen». Wird Treibstoff, Energie, Dünger, Silofolie und Kraftfutter teurer, gewinnt auch jeder Entscheid in der Futterkonservierung an Bedeutung – steht schnell viel Geld auf dem Spiel. Spätestens wenn der Sommer wiedermal nass statt trocken sein sollte, gewinnt Trockenfutter an Bedeutung. Wer mit gutem Weidemanagement oder gutem Winterfutter ent-sprechend Kraftfutter sparen kann, der wird unter dem Strich mehr verdienen. Das war schon immer so und wird sich künftig verstärken.
Während in vielen Betrieben der Kostenfaktor des Kraftfutters der ausschlaggebende Punkt sein wird, ist es in der Bioproduktion gar verboten, bei Wiederkäuern importiertes Kraftfutter einzusetzen. Entsprechend gesucht und teuer sind hier die einheimischen Eiweissträger mit Knospe, entsprechend Sinn macht es nun, statt auf importierte Luzerne oder Soja auf Trockenfutter zu setzen, um die Rationen aufzuwerten. Die bedarfsgerechte Fütterung der Bio-Kuh wird zur Herausforderung. Was auf den ersten Blick für den Konsumenten gut tönt, dass Bio-Wiederkäuer vorwiegend einheimisches Wiesenfutter und wenig Kraftfutter bekommen, hat jedoch auch seine Schattenseiten.
Viel Energie benötigt
Trockenfutter war bisher vor allem da wirtschaftlich, wo silofrei gefüttert werden musste und die Milch dadurch einen entsprechenden Mehrwert erzielen konnte. Dass Trockenfutter unter dem Aspekt der Ökologie verkauft werden soll, das ist neues Terrain. Und in der jetzigen Situation tritt auch ein gewichtiger Nachteil zutage, nämlich die Koppelung an den Ölpreis. Denn wird das Futter nicht auf dem Feld kostenlos von der Sonne getrocknet, dann muss diese Energie in der Graströchni vielfach in Form von Gas oder Öl aufgebracht werden. Trotz aller Bemühungen der letzten Jahre zu mehr Energieeffizienz, bleibt der Energieaufwand dort, wo Wärme erzeugt werden muss, weiterhin hoch. Kommt noch die Konkurrenz durch das Energieholz hinzu, welches diesen Winter ebenfalls rar und teuer wird und die Trockungsanlagen bis zum Anschlag auslastet.
Eine Gratwanderung
Wer also diesen Winter Trockenfutter einsetzen will, der muss aufgrund der gestiegenen Energiepreise deutlich tiefer in die Tasche greifen. Dennoch dürften gerade Bio-Betriebe wegen fehlender Alternativen vermehrt auf Trockenfutter setzen (müssen). Ob dies tatsächlich die ökologischere Variante ist als nachhaltig angebauter Soja aus der EU? Dieser Markt hat sich in den vergangenen Jahren als Alternative zum verpönten brasilianischen Soja entwickelt und etabliert. Und schlussendlich geht es auch darum, dass eine Kuh ihrer Genetik entsprechend gefüttert werden muss, soll sie gesund bleiben. Auch das ist Tierwohl und auch das ist Ökologie, wenn ein Nutztier seine Leistung über viele Jahre erbringen kann ohne krank oder mangelernährt zu werden – eine Gratwanderung.
Eine Kuh zu züchten, die im Sommer von der Weide und im Winter vom Heu eine wirtschaftliche Leistung erbringen kann, ohne in Leistungsspitzen krank zu werden, das dauert viele Generationen. Mit der jetzt vorhandenen Genetik wird die Wiederkäuerfütterung deutlich teuerer und vielleicht unter dem Spardruck auch ungesünder. Bereits heute ist der zu hohe Preis eines der gewichtigsten Argumente, fragt man den Konsumenten, warum er keine Bio-Produkte kauft. Gerade jetzt in der Krise zeigt sich: Die Versuchung, bei den Lebensmitteln zu sparen, ist gross und das wiederum spüren die tierischen Bioprodukte bereits.
Eine sinnvolle Vorschrift?
Unter dem Strich dürfte das Verbot importierter und sonnengereifter Proteinträger zum deutlichen Kostentreiber werden. Wie andere Labels und der stetig steigende Konsum von Pouletfleisch zeigen, hat ein Grossteil der Konsumenten kein Problem damit, wenn Tiere mit nachhaltigem Soja gefüttert werden. Das lässt sich erklären und kommunizieren. Ob man biologisches Wiesenfutter, das in einem regnerischen Jahr mit viel Öl und Gas getrocknet wird, auch so einfach erklären kann, bleibt fraglich. Zu befürchten ist, dass hier der Teufel mit dem Belzebub ausgetrieben wurde und man bald das nächste Vorschrifts-Pflästerli brauchen wird, um den Konsumenten milde zu stimmen. Helfen wird auch hier langfristig nur die Erkenntnis, dass Lebensmittelproduktion immer Spuren hinterlässt und Ressourcen verbraucht. Die Frage ist nur welche und in welcher Menge. Was hier sinnvoll ist und was nur auf den ersten Blick gut aussieht, diese Diskussion ist noch nicht beendet.