Die zweite Corona-Welle scheint auch in den Hofläden angekommen zu sein, aber auf positive Weise. Wie bereits im März habe die Nachfrage wieder angezogen, berichteten kürzlich verschiedene Direktvermarkter(innen) gegenüber dem LID: «Der Kundenansturm im März war enorm. Wir mussten damals viel improvisieren. Dieses Mal sind wir viel besser vorbereitet», sagt etwa Christine Burren aus Liebewil BE.

20 Prozent mehr Kundschaft

Sie betreibt gemeinsam mit ihrem Mann den bedienten Hofladen «Burrens Burehofmärit». Der erneute Anstieg der Kundschaft um bisher zirka 20 Prozent habe sich gleichzeitig mit der Einführung der Maskenpflicht im Kanton Bern bemerkbar gemacht. Ab diesem Zeitpunkt kauften Kunden pro Einkauf etwa 20 % mehr Produkte ein, stellte die Bäuerin fest.

Der Platzhirsch: Farmy

Gleichzeitig gibt es immer mehr digitale Angebote, die Hofladen-Produkte an den Mann und die Frau bringen wollen – auf ganz unterschiedliche Art. Sei es «Farmy», das Produkte von rund 100 Landwirten und 900 anderen Lebensmittelproduzenten verkauft und sich mittlerweile zum drittgrössten Onlineshop der Schweiz gemausert hat (siehe Kasten). Wer seine Produkte als Direktvermarkter über einen Zwischenhändler wie etwa «Farmy» absetzt, kann zwar mehr verkaufen, muss dem Zwischenhändler aber einen Teil der Marge überlassen. Auch Abosysteme wie «Buur on Tour» funktionieren gut.

 

Farmy: «Hofladen im Internet»

Er positioniert sich bescheiden als «Hofladen im Internet», doch Farmy ist heute bereits der drittgrösste Onlineshop für Lebensmittel. «Bei Farmy kann man in zehn Minuten alles einkaufen, was man braucht», sagt Mitbegründer Roman Hartmann im Interview mit dem Fachmagazin «die grüne». Hofläden abzufahren hingegen dauere einen halben Tag. «Der Mensch ist ein eher gemütliches Wesen. Farmy ermöglicht ihm, regionale Produzenten zu unterstützen, das gibt ein gutes Gefühl.»

Konkurrenz der Grossverteiler

Farmy sieht sich laut dem 40-jährigen Hartmann eher als Konkurrenz für die Grossverteiler als für die Hofläden. Der Onlineshop bekomme täglich Anfragen von Produzenten. «Diese schauen wir dann aus Kundenperspektive an, da wir die einzelnen Kategorien und unseren Onlineshop auch nicht überladen möchten», so der Co-CE0. Farmy nehme in allen Kategorien noch Produzenten auf, insbesondere in der Westschweiz, wo man erst 2018 gestartet ist. Obwohl man 70 Prozent des Umsatzes mit Bioprodukten mache, nehme man auch ÖLN-Produzenten auf. Die meisten davon seien aber auf die Grossverteiler ausgerichtet. An Coop und Migros orientiere man sich auch bei der Preisgestaltung. «Wir sind Händler – die Marge muss unsere Kosten decken», sagt Hartmann.

Von über 1000 Produzenten

Farmy wurde 2014 gegründet und beschäftigt heute über 200 Mitarbeitende. Aktuell bietet Farmy im Hub Zürich über 8000 Produkte und im Hub Lausanne über 4500 Produkte von über 1000 lokalen Bauern, Bäckern, Metzgern und anderen Produzenten an. Farmy erwirtschaftete 2019 einen Umsatz von 9,6 Millionen Franken (26 % mehr als im Vorjahr). Im ersten Halbjahr 2020 steigerte der Onlineshop seinen Umsatz auf 11,5 Mio Fr. (+169 % im Vergleich zum Vorjahr).

 

Direktvermarkter-Verzeichnisse

Dann gibt es die bereits etablierten Direktvermarkter-Verzeichnisse «Vom Hof» des Schweizer Bauernverbands und «My Farm», hinter dem Agrotourismus Schweiz steht. Hier sind mittlerweile 2430 Betriebe mit Direktvermarktung registriert. «My Farm» übernimmt dabei die Daten von «Vom Hof» über eine Schnittstelle.

Das Angebot ist kostenlos, wenn man beim jeweiligen kantonalen Bauernverband Mitglied ist. Auch beim Verband Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP) und anderen Verbänden können sich Direktvermarkter online auflisten lassen. Die BauernZeitung verfasste im März eine Liste von ähnlichen Portalen und Angeboten und kam ohne Anspruch auf Vollzähligkeit auf 35.

... bis zum «Tinder für Bauern»

Im Zuge der zweiten Corona-Welle finden auch kleinere Initiativen ihren Weg an die Öffentlichkeit. So berichtete der «Blick» kürzlich über die Bauerntochter Lara Steiner aus Feusisberg SZ, die «Tinder für Bauern und Kunden» erfunden habe. Anders als bei der berühmt-berüchtigten Kuppelapp, wo man nach rechts wischt, wenn einem jemand gefällt, können Direktvermarkter auf Steiners Website ein Profil für ihren Betrieb erstellen lassen.

Texte schreiben und Bildbearbeitung

Gegen einen Aufpreis können sie auf «mucca.ch» seit kurzem Produkte auch direkt verkaufen. Steiner übernimmt dabei etwa das Schreiben der Texte und die Bildbearbeitung. Die 26-Jährige, die hauptberuflich als Kundenberaterin bei einer Bank arbeitet, bietet drei verschiedene Abo-Pakete an. «Der Bauer verdient zu wenig», sagte sie gegenüber dem «Blick» über ihre Motivation: «Wenn ein Liter Milch weniger hergibt, als die Herstellung kostet, und jede Preiserhöhung fast nur an die Detailhändler geht, dann stimmt etwas mit dem System nicht.»

Locishop: Welsche Offensive

Neu aufgeploppt in den digitalen Welten des World Wide Web ist kürzlich «Locishop». Die Plattform soll einen Verkauf möglichst ohne Zwischenhändler ermöglichen, teilen die Gründer aus der Romandie mit. Die Besitzer von Hofläden können ihre Angebote auf einer Karte anzeigen lassen. Das Angebot ist kostenlos, es soll ausgebaut werden. Mehr über Locishop lesen Sie hier.