Auf dem Eiermarkt ging es im vergangenen Jahr auf und ab und die Produzenten bezahlten die Zeche. Nachdem die Corona-Jahre für eine gestiegene Nachfrage bei inländischen Eiern und für eine Mehrproduktion gesorgt hatten, musste man nun zurückbuchstabieren.
Der Marktspezialist von Gallosuisse, André Hodel, konnte an der Delegiertenversammlung vom 1. Juni denn auch wenig Jubelstimmung verbreiten. Trotz verlängerten Leerzeiten, reduzierten Tierzahlen und gar Kündigungen von Abnahmeverträgen mussten 4,5 Prozent der produzierten Eier aufgeschlagen werden. Im Rahmen der Marktentlastung wurden insgesamt 50,7 Mio Eier verarbeitet oder in Aktionen verkauft.
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Zusatzkontingent abgelehnt
Den Eiermarkt ausgeglichen zu gestalten, sei bereits in «normalen» Jahren mit Nachfragespitzen an Ostern und Weihnachten eine Herausforderung, heisst es im Jahresbericht. Die Corona-Jahre hätten den Markt zusätzlich verzerrt.
Aufgrund der Absatzschwierigkeiten bis weit in den Herbst des letzten Jahres hinein und aufgrund der Überbeanspruchung der Marktentlastungsmassnahmen waren aus Sicht von Gallosuisse die Voraussetzungen für ein zusätzliches Importkontingent nicht gegeben. Das System und die Planung müssten ihres Erachtens grundsätzlich überdacht werden. Die inländische Produktion und Importmengen müssten wieder besser mit den Nachfrageschwankungen in Einklang gebracht werden.
Grosshandel will billig
[IMG 3]Während der Konsument beim Einkauf im Detailhandel auf Herkunft und Haltungsform achtet, zählt im Grosshandel weitgehend der Preis. Preislich einen Strich durch die Rechnung machten den Importeuren die Vogelgrippe und die gestiegenen Produktionskosten, welche die Eier weltweit rar und teuer werden liessen.
Dies wiederum kam den Schweizer Produzenten zugute, welche in die Bresche springen durften. André Hodel betonte aber, dass dies kein verlässlicher Markt sei und man nicht zu sehr auf diesen Absatzkanal setzen solle.
Beiträge gekürzt
Für die Marktentlastungsmassnahmen standen Gallosuisse zwei Millionen Franken zur Verfügung. Für die Aufschlagaktion setzte man 1,5 Mio Franken ein. Die Beiträge der Gesuchsteller mussten um rund 62 Prozent gekürzt werden, um dieses Budget nicht zu sprengen. Auch der Kredit von 500 000 Franken für die Finanzierung von Verbilligungsmassnahmen reichte nicht. Hier mussten die Beiträge um rund 17 Prozent gekürzt werden.
Die Zahlen von Gallosuisse zeigen: Gegenüber dem Spitzenjahr 2020, als die Konsumenten zu Hause kochten, wurden 2022 rund 90 Mio Eier weniger im Detailhandel verkauft. So wurden alleine nach Ostern innerhalb von gut einem Monat 16,3 Mio Eier vom Markt genommen. Das sind zweieinhalbmal so viele wie 2021. Im Zeitraum vom 5. August bis zum 21. Oktober wurden dann nochmals 27,4 Mio Eier aufgeschlagen. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 waren es im gleichen Zeitraum nur 11,9 Mio Eier, die nicht regulär verkauft werden konnten.[IMG 4]
1131 Mio Eier wurden im vergangenen Jahr produziert, 1,24 Prozent oder 14,2 Mio Eier weniger als noch im Vorjahr. Dennoch dürfte ein weiterer Produktionsabbau nötig werden. So harzt der Absatz insbesondere in den Sommermonaten. Die Eierproduzenten haben reagiert, bis Mitte September werden erneut 40 Mio Eier weniger produziert. Heuer haben die kühlen Frühlingswochen zu einer freundlichen Nachfragesituation geführt. Jedoch im Bio-Kanal läuft es nicht wie gewünscht und so werden hier weitere Marktentlastungen ins Auge gefasst.
Gestiegene Kosten
Nicht nur die europäischen Eierproduzenten mussten steigende Produktionskosten verkraften, auch in der Schweiz ist die Legehennenhaltung teurer geworden. Daran erinnerte der Präsident von Gallosuisse, Daniel Würgler, ausdrücklich. Die allgemeinen Kosten wie Energie, Unterhalt und Löhne seien ebenso gestiegen wie die Kosten für Junghennen und Futter. Gallosuisse setze sich dafür ein, dass diese vom Markt abgegolten werde, damit die Versorgung mit Schweizer Eiern gewährleistet bleibe. Dass dies dem Konsumenten wichtig ist, zeigt seine Treue zum Schweizer Ei. Eine Studie des Bundesamtes für Landwirtschaft hat gezeigt, dass das Ei dasjenige Produkt ist, bei dem der Konsument am stärksten auf die Herkunft achtet.
Kükentöten vermeiden
Doch Daniel Würgler betonte, man werde sich auch mit den kritischen Stimmen auseinandersetzen müssen. So wolle man die Hühnerhaltung, den hohen Tierwohlstandard, den Konsumenten proaktiv und selbstbewusst erklären. Jeder Eierproduzent sei auch ein Botschafter, das müsse man sich bewusst sein. So soll die Problematik des Kükentötens innerhalb der Branche angegangen werden.
Eine erste Maschine zur Geschlechtsbestimmung im Ei ist in Betrieb, erbringt jedoch nicht die erwartete Leistung. Die weitere Projektplanung gestalte sich zeitlich wegen den nötigen Baubewilligungen und dem volatilen Kostenumfeld schwierig. Ausserdem lässt das Konsumverhalten im Moment bezweifeln, ob die entstandenen Zusatzkosten am Markt zu realisieren sind.
Neue Vorstandsmitglieder
Nicht nur der Eiermarkt verändert sich, auch der Vorstand von Gallosuisse bekommt gleich vier neue Gesichter. Die Delegierten wählten Sandra Vögeli, Marc Keller und Christoph Herren in den Vorstand der Vereinigung der Schweizer Eierproduzenten Gallosuisse. Neu vertreten im Vorstand von Gallosuisse sind auch die Bio-Eier-Produzenten. Für deren Interessen wird sich das ebenfalls neu gewählte Vorstandsmitglied Sepp Rüegg von der IG Bio-Ei Suisse engagieren.
Einige Zahlen:
2'612'892 Legehennen-Plätze gibt es in der Schweiz.
186 Eier werden in der Schweiz pro Kopf und Jahr gegessen.
66,4 % der Schweizer Hennen leben in Freilandhaltung.