Die Gesamtverkäufe von Emmentaler-AOP-Käse haben sich seit dem letzten Jahr stabilisiert, die Exporte verlaufen positiv. Italien ist immer noch das Land, welches am meisten Emmentaler importiert. Aber auch Deutschland, Frankreich und die Beneluxstaaten sind wichtige Abnehmer für den Klassiker aus der Schweiz.2500 Milchlieferanten, 111 Emmentaler-AOP-Käsereien und15 Handelsfirmen sorgen dafür, dass die Menge von 17 000 Tonnen einwandfreiem Emmentaler AOP pro Jahr produziert und vermarktet werden kann. Die BauernZeitung hat bei Pierre-André Pittet, dem Vizedirektor der SMP und Vorstandsmitglied bei der Sortenorganisation Emmentaler, nachgefragt und wollte wissen, wie es aktuell mit dem Emmentaler AOP steht.
Welche Prognosen stellen Sie für das Jahr 2020 beim Emmentaler-AOP-Käse?
Pierre-André Pittet: Prognosen für das Jahr 2020 sind schwierig zu machen, weil sich die Ausgangslage sehr schnell ändern kann. Bis Ende März waren die Verkaufszahlen von Emmentaler Switzerland AOP sehr erfreulich. Die Corona-Krise hat die Lieferungen im Inland mindestens kurzfristig sehr positiv beeinflusst. Ich erwarte im Inland in den kommenden Wochen zwar eine gewisse Beruhigung der Nachfrage, welche aber weiterhin deutlich über der Vorjahresperiode sein wird. Die Exporte lagen auch im März über dem Vorjahr. Dies dürfte vor allem mit Vorbezügen aus der kommunizierten Preiserhöhung ab April zu tun haben. Entscheidend werden die Exporte im April 2020 sein.
Was heisst das genau?
Es stellen sich folgende Fragen: Leiden im Ausland Käsesorten im Premiumsegment aufgrund ihrer höheren Preise? Wird zum Beispiel Emmentaler Switzerland AOP in den italienischen Haushalten mehr gegessen und beim Kochen öfters verwendet? Werden wegen der Corona-Gefahr die Käsetheken in unseren Hauptmärkten weiterhin vollständig betrieben, oder werden sie, als Massnahme zur Ansteckungsrisikoreduktion oder in Folge von fehlendem Personal, teilweise oder ganz geschlossen? Alle diese Fragen können zum heutigen Zeitpunkt nicht abschliessend beantwortet werden, aber es gibt in den kommenden Monaten schon offensichtliche Risiken für die Exporte. Die Antworten liegen in den Hauptmärkten Italien, Deutschland, Frankreich, Benelux, USA und Kanada, welche über 90% der Exporte von Emmentaler Switzerland absorbieren. Da der Lagerbestand von Emmentaler Switzerland AOP per Ende März praktisch ideal war und die kurzfristige Nachfrage im Inland hoch ist, konnte die Sortenorganisation die Produktion des Monats Mai sogar leicht auf 55% erhöhen. Wie es für Juni aussieht, ist offen und sehr von den Aprilexporten abhängig.
Die Gesamtverkäufe von Emmentaler-AOP-Käse konnten stabilisiert werden und der Export verläuft positiv. Worauf führen Sie diesen Erfolg zurück?
Ich sehe hier vor allem drei Haupttreiber dafür. Erstens greifen die neuen und angepassten Marketing-Massnahmen der Sortenorganisation Emmentaler. Es darf hier erwähnt werden, dass die Emmentaler-Milchproduzenten die Erhöhung der Marketingmittel der Sortenorganisation um 15 Rappen pro Kilo Käse seit Mai 2018 selber tragen. Zweitens bewährt sich die sehr gute Zusammenarbeit der Sortenorganisation Emmentaler Switzerland (ES) mit den ausländischen Niederlassungen von Switzerland Cheese Marketing SCM. Und drittens haben wir von einem allgemeinen Wachstum des Käsekonsums weltweit profitiert.
Der durchschnittliche Milchpreis für Emmentaler Käse ist aber immer noch deutlich unter demjenigen von Gruyère. Was hat man in der Vergangenheit falsch gemacht und wie versuchen Sie in Zukunft diese Differenz zu verkleinern?
Es beginnt bei den Konsumentenpreisen im Inland, die auch für Le Gruyère AOP sprechen. Weiter ist auch der Preis ab Käserei für Gruyère mehr als zwei Franken über dem von Emmentaler. Das bringt insgesamt mehr Wertschöpfung, die man verteilen kann. Die Sortenorganisation Gruyère war in der Vergangenheit bezüglich Preisfestlegung sicher etwas konsequenter als Emmentaler Switzerland. Ein weiterer Anteil der Differenz ist auf die praktisch voll ausgelasteten Gruyère-Käsereien zurückzuführen. Beim Emmentaler wirken sich die zum Teil tiefen Produktionszuteilungen in den Käsereien negativ auf die ausbezahlten Milchpreise aus.
Wie sieht es in Sachen Grünem Teppich im Rohmilch-Käsesektor (insbesondere beim Emmentaler) aus? Wie weit sollen die Richtlinien und Anforderungen hier gehen?
Die Delegierten wünschen sich einstimmig, dass die Sorten-organisation Emmentaler Switzerland den Grünen Teppichals integrierenden Bestandteil ihres Regelwerks mit eigenem Beschluss aufnimmt. Die Milchproduzenten erhoffen sich daraus eine solide, glaubwürdige Basis für die Nutzung der Mehrwerte in der Marketingkommunikation einer stolzen Sortenorganisation. Wenn alle Sortenorganisationen diesen Standard verbindlich erklären und aktiv nutzen würden, dann hätten wir bezüglich Exportmarketing von Schweizer Käse zum Thema Nachhaltigkeit deutlich bessere Argumente und eine stärkere Ausgangslage als heute.
Wo sehen Sie den Emmentaler-Käse-Markt in zehn Jahren?
Ich bin optimistisch. Ein Superprodukt wie der Emmentaler Switzerland AOP hat auf alle Fälle Potenzial, in seinen bisherigen Märkten etwas mehr Absatz zu erreichen. Für grösseres Absatzwachstum sind neue Absatzmärkte im Ausland wohl unabdingbar. Ich schlage vor, Sie stellen mir diese Fragen im Dezember wieder, bis da haben sich die Märkte von der Corona-Krise hoffentlich erholt.