Unzählige Käsereien hat er beraten und begleitet, etliche fusioniert oder geschlossen, nun geht er in Pension: Ernst Schweizer. 30 Jahre lang war er in den Diensten der Landwirtschaft tätig. Seit 1990 beim Milchverband Bern und seit 2010 bei der Lobag (heute Berner Bauernverband). Seine Erfahrungen und das Wissen, die er bei all den Beratungen und Fusionen von Käserei-, Milch-, Viehzucht-, Alp-, Grastrocknungs- oder Pferdeversicherungsgenossenschaften einbrachte, waren sehr geschätzt und sein vernetztes Denken legendär.
Viel zu früh verstorben
Ernst Schweizer, der Bauernbub, der seinen Vater viel zu früh verlor, ist in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen. Trotzdem hat er sich in all den Jahren hochgearbeitet: Als Landwirt, Meisterlandwirt und Landi-Geschäftsführer lernte er das Kaufmännische und eignete sich auch viele Kenntnisse in der Treuhandbranche an. Dieser grosse Rucksack an Wissen war für Ernst Schweizer enorm wertvoll für all seine späteren Tätigkeiten. Über sein Schaffen könnte man ganze Bücher füllen, in diesem Bericht beschränken wir uns aber auf die Fusion der Emmentaler-Käsereien im Kanton Bern.
Vor 100 Jahren gab es im Emmental noch fast in jedem Dorf eine Käserei, wenn nicht sogar zwei. «Nach der Kriegszeit hat der Bund den Emmentaler jahrelang mit Bundesgeldern unterstützt und ihn auch mit Beihilfen in alle Herren Länder exportiert», weiss Ernst Schweizer noch. Das Geschäft mit dem Emmentaler lief sprichwörtlich wie geschmiert, nicht nur für die Bauern, sondern auch für die Käsereien. Als sich der Bund immer mehr vom Käsemarkt zurückzog und die Bundesgelder nicht mehr flossen, ging es dem Emmentaler plötzlich nicht mehr so gut. Der Markt brach weg, die Kunden fehlten.
Grosse Veränderungen
«In den 90erJahren produzierten wir in der Schweiz noch 57 000 Tonnen Emmentaler, heute, im Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage, sind es gerade noch knapp 18 000 Tonnen», hält Ernst Schweizer fest. Immer mehr Emmentaler-Käsereien wurden überflüssig. Einige waren zu klein, bei anderen rechnete sich eine Sanierung nicht, weil einerseits die Abnehmer fehlten und andererseits das notwendige Milchgeld nicht erreicht werden konnte. Es war die Zeit des grossen Käserei-Sterbens angebrochen. Seither hat sich der Markt bereinigt.
Heute gebe es schweizweit noch 105 Emmentaler-Käsereien, davon gut die Hälfte im Kanton Bern. Zuerst wurden die Halbjahreskäsereien geschlossen, dann kam es zu den Fusionen von Ganzjahresbetrieben. Dabei mussten jeweils auch die Sorgen und Nöten der jeweiligen Käsereigenossenschaften mitberücksichtigt werden. Welche Käserei bleibt bestehen, welche kann nicht weitergeführt werden? «Das waren Fragen, die man in aller Ruhe abklären musste», weiss Ernst Schweizer noch. Wie bei allen Fusionen stand auch hier das Geld im Mittelpunkt. «Die Finanzierung und die Tragbarkeit für die weiterführende Käserei war vielfach das grosse Sorgenkind», erzählt er. Wurden zwei oder mehr Käsereien fusioniert, kam plötzlich mehr Milch für die bestehende Käserei zusammen. Dies zog meistens auch bauliche Massnahmen mit sich, deren Finanzierung vorab gesichert werden musste. «Von den ersten Gesprächen bis hin zur Unterschrift zog sich so eine Fusion bis zu fünf Jahren hin», weiss der Branchenkenner.
Noch gut in Erinnerung
Ernst Schweizer kann sich noch gut daran erinnern, als er vor 20 Jahren mithalf, die ersten Emmentaler-Käsereien zu fusionieren. «Das war die K-7. Ein Zusammenschluss der sieben Käsereien Limpach, Büren zum Hof, Kernenried, Zauggenried, Grafenried-Unterberg, Etzelkofen-Brunnenthal und Mülchi», weiss er noch. Wie bei allen Fusionen sei vor allem eine gute Vorbereitung das A und O gewesen. Nicht nur der jeweilige Käsereivorstand wurde angehört, auch die Milchlieferantinnen und Milchlieferanten mussten hinter dem Entscheid stehen. «Am Info-Abend vor den Fusionsbeschlüssen haben oft die Frauen die besten und kritischsten Fragen gestellt und dabei ihre Ängste ausgedrückt», erinnert er sich.
Nicht verwunderlich, kamen so in all den Jahren auch viele Anekdoten zusammen. «Bei der Vorbereitung einer Informationsversammlung vor der Fusion sagte mir zum Beispiel ein Vorstandsmitglied: Also beim Info-Abend nehme ich meine Frau sicher nicht mit», weiss Schweizer noch und lacht dabei. Nicht nur das Sterben der Emmentaler-Käsereien musste er mitansehen, auch der Konkurs und das Scheitern der Swiss Dairy Food im Jahr 2002 ging ihm unter die Haut (siehe Kasten). Trotzdem lag ihm in all den Jahren nur eines am Herzen: Immer die besten Lösungen für die Bauernfamilien zu finden. Ende Mai ist nun Schluss und Ernst Schweizer geht in den wohlverdienten Ruhestand. Langweilig werde es ihm auch in diesem Lebensabschnitt bestimmt nicht, denn er will in die Feder greifen. «Ich habe vor, zwei Bücher zu schreiben. Eines soll von den Käsereien und deren Entwicklungen im Kanton Bern handeln und im anderen möchte ich all die Anekdoten niederschreiben, die ich bei Beratungen und Fusionen miterlebt habe.»