Die Diskussionen rund um die Massentierhaltung haben etwas Gutes. Viele Konsumentinnen und Konsumenten wissen jetzt besser, wie die reale Fleischproduktion funktioniert. Im Vordergrund standen allerdings Tierhaltungssysteme der Geflügel- und Schweinefleischproduktion. In diesem Bereich könnten einige sich vorher etwas anderes unter einer ökologischen und tiergerechten Produktion vorgestellt haben.
Je mehr Gras im Fleisch, desto teurer
«Fleisch aus Gras» wie z. B. Natura-Beef, Natura-Veal oder auch Weidebeef hat es da einfacher. Zumindest harmoniert es mit den Idealvorstellungen vieler Konsumentinnen und Konsumenten. Die Nutzung von nicht-ackerfähigem Grünland gilt als ökologisch sinnvoll – auch im Hinblick auf Biodiversität, Humusaufbau und Kohlenstoffbindung.
Detaillierte Vollkostenrechnungen offenbaren jedoch, dass diese Produktion ihren Preis hat. Es gilt die Faustregel: Je mehr Gras im Fleisch, desto teurer die Produktion. Eine Hektare Grasland bringt im Vergleich zu einer Hektare Ackerland (Getreide, Soja, Mais ...) deutlich weniger Nährstoffe. Entsprechend müssen pro kg Fleisch viel mehr Flächen bewirtschaftet werden.
Produktion oft nicht kostendeckend
Eine Low-Cost-Beweidung muss selbstverständlich sein, doch muss das Futter auch über eine teure Mechanisierung in topografisch schwierigen Gebieten für den Winter konserviert werden. Trotz Direktzahlungen ist die Produktion von «Fleisch aus Gras» deshalb in den meisten Fällen nicht kostendeckend. Schlimmer noch: auf verschiedenen Talbetrieben mit weniger als 20 Mutterkühen ist die Produktion gar defizitär, d. h. es kann nichts für die eigene Arbeit ausbezahlt werden.
Um die aktuell oft proklamierte gemeinsame Verbesserung des Ernährungssystems voranzutreiben, kann sowohl in Produktion wie im Konsum noch vieles erreicht werden. Während in der Bergregion nicht zuletzt dank der Direktzahlungen viele mittelgrosse bis grosse Mutterkuhbetriebe bereits recht effizient wirtschaften, gibt es in Grünlandgebieten der Tal- und Hügelregion wirtschaftlich noch reichlich Optimierungspotenzial – sofern die Betriebsgrösse auch stimmt.
CH-Tax-Klassierung kaum relevant
Eine gute Klassierung im CH-Tax-System ist für die Wirtschaftlichkeit jedoch kaum relevant. Viel wichtiger sind produktive (fruchtbare), eher leichtgewichtige Kühe, eine effiziente Arbeitsorganisation und für Natura-Veal der Einsatz von Stieren, welche eine gute Fettabdeckung vererben.
Der Markt schreit nach Natura-Veal und gleichzeitig zeigen wirtschaftliche Berechnungen, dass intensive Systeme in gutwüchsigen Futterbaugebieten mit zwei und mehr Kälbern pro Kuh das Hektareinkommen im Vergleich zu Natura-Beef auf das Niveau einer Milchkuhhaltung steigern, ja dieses sogar übertreffen können – notabene bei weniger Arbeit und vergleichsweise höherer Flexibilität. So wundert man sich, warum die Nachfrage nach Natura-Veal nicht schon längst befriedigt ist.
Es sollten Tatbeweise folgen
Auf der anderen (Konsum-)Seite sollten den Wunschvorstellungen einer weitgehend als sinnvoll erachteten Fleischproduktion auch Tatbeweise folgen – will heissen, dass der Geist das Geld bzw. das Portemonnaie überstimmt und entsprechend der Preis bezahlt wird, der dieser naturnahen Produktionsweise die Wertschöpfung ermöglicht, die sie verdient.