«Ich führe im Moment sehr viele Gespräche mit Parlamentariern und erkläre, warum die Fleischbranche die Inlandleistung beibehalten will», betont Ernst Wandfluh, SVP-Nationalrat und Präsident der IG öffentliche Märkte. Auch wenn derzeit die Preise sehr gut sind und die ganze Wertschöpfungskette profitiert, droht der einheimischen Rindfleischproduktion die Abschaffung der Inlandleistung und das hätte weitgehende Konsequenzen.

Branche ist sich einig

Unbestritten sei, dass der Bund sparen müsse, beziehungsweise schon mal die wachsenden Ausgaben in den Griff bekommen, gibt Ernst Wandfluh zu bedenken. Während das Budget der Landwirtschaft jedoch weitgehend stabil blieb, stiegen in anderen Sektoren die Ausgaben. Entsprechend sei es nicht in erster Linie die Landwirtschaft, bei der man sparen müsse. «Gerade bei der Inlandleistung sind sich entlang der Wertschöpfungskette alle einig über deren grossen Nutzen für die Viehwirtschaft», weiss Wandfluh. Dennoch wird die Inlandleistung im Rahmen des Sparpakets des Bundes zur Diskussion gestellt. Wiederum muss die «Agrarlobby» deren Bedeutung für die Fleischwirtschaft erklären.

Anreiz für Handel auf Märkten

Insbesondere für die öffentlichen Märkte könnten die Inlandleistungen zur Existenzfrage werden. Klar, gebe es auch Kreise, welche die öffentlichen Märkte gerne abschaffen möchten. Doch zehn Prozent der Importkontingente kommen heute denjenigen zugute, die dort Tiere kaufen und damit den einheimischen Markt unterstützen. Fällt dieser Anreiz weg, dürften auch die Preise und Überbietungen sinken.

40 % der Importkontingente bekommen Schlachthöfe, welche einheimische Tiere verarbeiten. Nur die restliche Hälfte aller freigegebenen Importe wird versteigert, was dem Bund Einnahmen von rund 230 Mio Franken bringt. «Der Wert dieser Importkontingente hängt zu einem grossen Teil von der Preisdifferenz zwischen In- und Ausland ab. Wird der Schweizer Fleischmarkt weniger geschützt, sinkt der Preis und damit auch die Einnahmen für die versteigerten Importkontingente», erklärt Wandfluh, warum die Hoffnung des Bundes auf Mehreinnahmen durch die Abschaffung der Inlandleistung trügerisch sein könnte.

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Regionale Schlachtungen

Die Abschaffung der Inlandleistung wurde vonseiten Bund immer wieder angeregt. So mussten die Verbände bereits bei der Ausarbeitung der AP 22+ erklären, warum es wichtig sei, die Inlandleistung beizubehalten. Die Auswirkungen einer Abschaffung konnten bei den Schafen beobachtet werden, als 2004 die Inlandleistung abgeschafft wurde. In der Folge sanken die Schlachtungen einheimischer Schafe massiv und der Preis zerfiel. Erst, als zehn Jahre später die Importe wieder an die Inlandleistung gekoppelt wurden, erholte sich der Preis. So sieht Ernst Wandfluh auch einen Tierschutzaspekt: «Die Inlandleistung schafft bei kleinen Schlachthöfen einen Anreiz zu schlachten. Das bedeutet für die Tiere kürzere Transportwege.»

Im Januar rechnete der Bauernverband vor, dass für die Fleischbranche ein Wertschöpfungsverlust von 100 Mio Franken droht, wenn die Inlandleistung abgeschafft wird. «Die Landwirtschaft muss wegen Mercosur der übrigen Wirtschaft einen grossen Dienst erweisen», betont Wandfluh. Dass im Rahmen dessen zollfrei Fleisch importiert werden könne, sei eine neue Dimension: «Das muss die Branche erst mal verkraften, bevor man ihr auch noch eine Abschaffung der Inlandleistung aufbürdet», so Wandfluh.

Inlandleistung

Der Rindviehmarkt ist geprägt von vielen kleinen Anbietern und wenigen mächtigen Käufern. Die Inlandleistung sorgt dafür, dass dieses Machtverhältnis etwas ausgeglichener wird. Wer nämlich Rindfleisch kostengünstig importieren will, der muss sich auch für die einheimische Viehwirtschaft engagieren oder sein Kontingent teuer ersteigern.

Handel und Verarbeiter belohnen
Hat es in der Schweiz zu wenig Rindfleisch, dann wird unter dem Dach von Proviande zwischen Produktion, Handel und Vermarktern die Menge ausgehandelt, die importiert werden darf. Die Hälfte davon wird zugunsten der Bundeskasse versteigert. 10 % davon bekommen die Händler, welche auf den öffentlichen Märkten Tiere ersteigern. Die restlichen 40 % bekommen Schlachthöfe, welche Schweizer Rinder schlachten. Mit dieser Belohnung der Inlandleistung wird also ein wichtiger Anreiz zugunsten der einheimischen Viehwirtschaft geschaffen. Sind Schweizer Kühe knapp, wie jetzt, steigen dadurch die Rindfleischpreise und die Importkontingente gewinnen an Wert.

Fleisch als Vorbild
Dieses System, das in der Fleischbranche seit Jahren erfolgreich hilft, die einheimische Produktion zu schützen, könnte auch in anderen Branchen helfen, die Konkurrenz durch billige Importe abzuschwächen. So liess etwa auch die Weinbranche verlauten, man wünsche sich ein System analog zu dem der Fleischwirtschaft. Damit könnten in erster Linie diejenigen von Importen profitieren, die sich für einheimische Produkte engagieren. Wie sich beim Fleisch zeigt, ist dies ein eleganter Weg, um Spekulanten und Preisdumping zu verhindern.