Das vergangene Jahr habe gezeigt, wie relevant ein funktionierender Getreidehandel sei, und Stichworte wie Versorgungssicherheit, Pflichtlager und eine funktionierende Logistik hätten an Bedeutung gewonnen. Über den sehr bewegten Markt mit grossen Preisschwankungen orientierte Vorstandsmitglied Basil Rüttimann von Fenaco an der Generalversammlung der Schweizer Getreidebörse Luzern.

Logistik funktioniert

Zeitweise waren die Weizenpreise an den Börsen so hoch, dass es sich für Schweizer Bauern gar gelohnt hätte, solchen zu exportieren, wenn das denn möglich gewesen wäre. Inzwischen gebe es weniger Turbulenzen und auch die logistischen Kapazitäten seien wieder vorhanden. Bei Mahlweizen seien die Lager trotz befriedigender Ernte im Vorjahr sehr gering, viel Anbaupotenzial gebe es bei den Ölsaaten.

Beim Futtergetreide wies Rüttimann auf die Richtpreiserhöhung ohne Schwellenpreisanpassung hin, was den Schutz des Inlandgetreides schwäche. Überhaupt sei solches in der Schweiz politisch unter Druck, weil Getreide besser in die Teller statt in die Tröge fliessen soll.

Soja bleibt teuer

Die globalen Ernteaussichten im wichtigen Sojamarkt würden bei den wichtigsten Produzenten Argentinien und Brasilien derzeit dauernd nach unten korrigiert. Die hohen Preise für importiertes Soja würden wohl kaum sinken.

Extrem preisvolatil sei auch GVO-freies Soja geworden. Solches stammt inzwischen zu 80 Prozent aus Europa. Die Prämie für GVO-Freiheit schwankte zwischen einem Hoch von 35 Franken im März 2022 nun aktuell bei 4,5 Franken pro 100 Kilo. Gründe für den Einbruch seien eine preisbedingt geringere Nachfrage, gute Ernten und der offene Lieferkorridor aus der Ukraine sowie zunehmender Druck von GVO-freiem Soja aus Brasilien.

Herausfordernd bleiben in Zukunft die Vermarktung der Inlandernte von Futtergetreide, aufgrund des Unterschiedes von Richtpreis und Schwellenpreis. Überhaupt sei die Systematik zur Festlegung der Belastungen an der Grenze in volatilen Märkten nicht geeignet.

Für die Getreidehändler bleibe es trotz gewisser Markberuhigung jedenfalls weiterhin sehr anspruchsvoll, den richtigen Zeitpunkt für Abschlüsse zu finden, schloss Rüttimann.

Netzwerk der Branche

Der Verein Schweizer Getreidebörse Luzern, welcher von Adrian Amrein präsidiert wird, zählt knapp 200 Mitglieder. Das sind Vertreter des Getreide- und Futtermittelhandels sowie der mit diesen in Geschäftsbeziehung stehenden Branchen.

Die Börse ist allerdings keine Handelsplattform mehr, sondern die Regelung von Usanzen und ein Schiedsgericht sowie gesellschaftliche und weiterbildende Anlässe stehen im Vordergrund.

Mit Selbstvertrauen in die Zukunft

Welche Fähigkeiten braucht es, um sich in der stark verändernden Zeit zu behaupten? Darüber referierte im Anschluss an die Generalversammlung der Getreidebörse Luzern der Glarner Soziologe und Zukunftsforscher Mischa Stähli. Er gründete vor drei Jahren die Firma «Future Skills» und bietet Beratungen für mentale Stärke, innere Ruhe und Erfolg in Zeiten gesellschaftlicher und technologischer Verwerfungen. 

In der Tat stehe die Welt derzeit Kopf, es dominieren negative Meldungen, Orientierungslosigkeit, Überforderung, Depression, Burnout schon bei Jungen. Dazu kämen der Fachkräftemangel, die Überalterung der Gesellschaft, fortschreitende Technologisierung, Digitalisierung, künstliche Intelligenz, Verwischung der Realität durch Fake News. Die vierte Industrielle Revolution bringe bisher Unbekanntes und Unvorstell­bares, was unvorhersehbare Einflüsse auf die Zukunft und unsere Entwicklung habe. Die Komplexität zu erfassen und systematisches Denken fielen den Menschen schwer und die Zukunft mache vielen Angst. Laut Stähli brauche es deshalb drei Mega-Fähigkeiten, um in solchen Zeiten zu bestehen: Erstens Bewusstsein, das heisst ein starkes Selbstbewusstsein, innere Ruhe, Kontrolle der Gedanken und Vermeidung von Dauerstress.

Zweitens brauche es Zukunftswissen, denn nur wer wisse, könne gute Entscheidungen treffen. Dazu gehöre auch ein kritischer Umgang mit der Informationsflut. Neue Technologien sollten verstanden und produktiv genutzt werden. Und drittens Lösungsbegabung, das heisst offen an Neues herangehen, keine Angst vor Herausforderungen haben, Kreativität und Innovationen nutzen und auf gemeinsame Arbeit in Teams setzen. Als Tipp gab Zukunftsforscher Stähli mit auf den Weg, ein stabiles Umfeld aufzubauen, innere Ruhe zu trainieren und auf das Bauchgefühl zu setzen, positive Zukunftsbilder und Selbstvertrauen aufzubauen, und vor allem zu machen, statt abzuwarten.