Die Frühlings-Delegiertenversammlung von Bio Suisse wurde medial noch nie so beachtet wie dieses Jahr. Zudem wurde die Stimmung durch unkorrekte Beiträge in TV- und Printmedien im Voraus sehr angeheizt. Wir Delegierte bekommen die Unterlagen jeweils persönlich und wurden an einer Online-Veranstaltung zusätzlich informiert.

Diesen Frühling bekamen wir noch separate Post von zwei «Vereinigungen für das Wasser». Und im letzten Herbst kam Post von Franziska Herren, Initiantin der Trinkwasser-Initiative. In diesem Schreiben wurden wir als Herrens Freunde angesprochen. Wir würden ja sowieso schon alles richtig machen in Sachen Umwelt. Deswegen sei es quasi unsere Pflicht, zur Trinkwasser-Initiative Ja zu sagen.

Ein deutliches Resultat

Die Veranstaltung war gut organisiert und der Umgangston untereinander war wie immer sehr respektvoll. Das Resultat der Abstimmung war dann klar und deutlich: ein Nein. Die 70 Bäuerinnen und Bauern, welche so gestimmt hatten, waren sich sehr wohl bewusst, was die Initiative beinhaltet und welche Folgen eine Annahme für sehr viele Betriebe hätte.

Was können wir dafür, wenn die Initianten eine so schlechte Vorlage bringen, dass nicht einmal Bio-Knospe-Betriebe mit ihr leben können? Grossen Respekt verdient der Vorstand von Bio Suisse, welcher es sich nicht leicht gemacht hat bei seinen Überlegungen zur Parolenfassung.

Beleidigungen gegen Vorstand und Delegierte

Das Nein löste in einigen Kreisen einen Sturm der Entrüstung aus, da es scheinbar unmöglich ist, als Biobetrieb gegen sauberes Trinkwasser zu sein. Die beleidigenden Kommentare in den Sozialen Medien gegen den Vorstand und uns Delegierte sind leider eine Zeiterscheinung.

Doch wir sind uns andere Stürme gewohnt und lassen diesen vorüberziehen. Enttäuschend ist für mich die Passivität von einzelnen kleinen Bio-Organisationen, welche die Trinkwasser-Initiative einfach nicht erwähnen und nur die Pestizid-Initiative offiziell unterstützen. Nach dem Motto: Die anderen sollen sich doch die Finger verbrennen. Doch irgendwann müssen auch diese Organisationen Farbe bekennen. Spätestens bei einer der nächsten Initiativen. Und da könnte es ein böses Erwachen geben.

Den Konsumenten wird eine Gotthelf-Landwirtschaft vorgegaukelt

Die heftigen Reaktionen ausserhalb der Landwirtschaft bestätigen leider meine schon oft geäusserte Meinung, dass die Werbung ein vollkommen falsches Bild der Landwirtschaft vermittelt. Vor allem in der Bio-Werbung wird eine Gotthelf-Landwirtschaft vorgespielt, die meilenweit von der Realität entfernt ist.

Die Marketingleute sagen dann immer, gute Werbung sei nie realistisch. Ich meine, mit der heutigen Technik und Kameraeinstellungen kann man doch 2000 Hühner, einen Melk- oder Jätroboter oder fröhliche Erntehelfer auf einem Gemüseflieger positiv ins Bild setzen. Das macht zum Beispiel «Schweizer Fleisch» schon sehr gut. Bei der aktuellen Werbung müssen wir uns nicht wundern, dass bei den Konsumenten falsche Vorstellungen von der Landwirtschaft entstehen und diese dann nicht verstehen, was wir entscheiden.

Es werden noch intensive Wochen werden, in denen wir unsere Nerven im Griff haben müssen. Liebe Kolleginnen und Kollegen: Seid euch selbst und lasst euch nicht provozieren. Wir müssen keinen hochgestochenen Kommentar abgeben, sondern einfach ruhig sagen, wie es ist. Oder auch mal eine Gegenfrage stellen, zum Beispiel: «Hat es in Ihrem Kühlschrank nur Bioprodukte aus der Schweiz?»