Von den in der Schweiz geschlachteten 76 Millionen Tieren werden im Durchschnitt lediglich 9 Prozent als Label- oder Biotiere abgesetzt. In den Hauptkategorien Rind, Kalb, Schwein und Lamm sind es rund 1,1 Mio, was rund 33 % der total geschlachteten Tiere entspricht. Bei den Mastpoulets liegt dieser Anteil mit knapp 5,8 Mio bei 7,9 %.

Labelmärkte stagnieren

Weil die Labelmärkte stagnieren oder vereinzelt sogar zurückgehen, ist eine alarmierende Entwicklung im Gange. Denn die Sensibilisierung der Bevölkerung für das Tierwohl hat erst begonnen. Inskünftig wird immer weniger das Schweizer Tierschutzgesetz als Standard betrachtet, weil die Haltung von Tieren, die keinen Auslauf oder Weide haben oder ohne Einstreu leben müssen, nicht mehr akzeptiert wird. Als Antwort bleibt nur der Schritt hin zur tierfreundlichen Produktion.

Aus diesem Grund hat der Schweizer Tierschutz (STS) zusammen mit bäuerlichen Organisationen die Kampagne Absatzoffensive Labelfleisch ins Leben gerufen. Ziel ist es, eine markante Absatzsteigerung zu erreichen, d. h. für Label- und Bioprodukte, die gemäss STS-Labelbewertung empfohlen werden (www.essenmitherz.ch).

Umfrage und Studien

Was ist im ersten halben Jahr erreicht worden? Mit einer repräsentativen Umfrage konnten die Erwartungen der Gesellschaft geklärt werden. Erwartet werden von Politik und Markt verbindliche Massnahmen in Richtung einer ethisch verantwortungsvollen Produktion mit mehr Tierwohl und einer fairen Produzentenabgeltung.

Mit zwei Marktanalysen konnte der STS die grossen Preisdiskrepanzen im Laden zwischen konventionellen und Labelprodukten hervorheben. Neben den künstlich tief gehaltenen konventionellen Preisen wirken die Labelpreise überteuert. Diese können sich so in den Massenmärkten schlecht durchsetzen. Es ist hinlänglich bekannt, dass nur Wenige aus Idealismus oder Überzeugung Labelfleisch kaufen. Die grosse Mehrheit verhält sich preissensibel, was eine Agroscope-Studie kürzlich bestätigt hat. Bei einer Annäherung der konventionellen und Labelpreise um 10 bis 20 Prozent könnte die Labelnachfrage um 25 % (Rinder) bis 33 % (Schweine) gesteigert werden.

Welche Weichen stellen?

Welche Weichen müssen nun gestellt werden? Der Bund: Der Markt kann das «Marktversagen» alleine nicht richten. Mit der Agrarpolitik 2022+sind wirksame Anreize in Richtung dem Prinzip der Kostenwahrheit zu generieren. Mit «wahren» Kosten werden Produkte mit mehr Tierwohl nicht mehr benachteiligt, sondern gefördert. In der jetzigen kritischen Situation ist es absolut zentral, dass Bund und Abnehmer diesbezüglich konstruktive Signale aussenden und Produktionsanreize stärken.

Der Handel: Wirkungsvolle Preiskorrekturen sind notwendig, damit die Tierwohlprodukte preislich attraktiver positioniert werden. Abhilfe schaffen würde diesbezüglich der Branchenansatz «maximale Preisrelationen», weil sich die Verkaufspreise in maximalen Bandbreiten proportional zu den Produzentenpreisen bewegen ­würden.

Die Landwirtschaft: Letztlich muss der «Ruck» aber auch von ihr ausgehen. Bis jetzt herrscht keine Einigkeit, wohin die Reise mit der Labelproduktion gehen soll.

Link: Weitere Infos zur Absatzoffensive Labelfleisch