Für die Jubiläums-Generalversammlung zum 25-jährigen Bestehen der Proviande bot das ehrwürdige Schloss Laufen am Rhein ein festliches Ambiente. Mit nostalgischen Rückblicken hielt sich Proviande-Präsident Markus Zemp gar nicht auf. Er schaute vorwärts, gab sich kämpferisch und verwies auf die volkswirtschaftliche Bedeutung der Viehwirtschaft und die gesellschaftliche Entwicklung. Aufhören solle man mit der Mär von zu hohem Fleischkonsum. «Der Markt soll entscheiden, wie viel Fleisch konsumiert und gegessen wird», sagte er und weiter: «Die Pläne der AP unsere Branche zu schwächen, sind nicht akzeptabel.»

Einig mit Zemp war zweifelsohne Gastredner Ständerat Hannes Germann. «Uns geht es im Parlament um die Wurst », sagte er. Bei ihm kommt vegan schlecht weg - ebenso wie der Nutriscore: «Der Nutriscore soll uns von allem abhalten, was Genuss bereitet.» [IMG 2] Die Gunst der Stunde nutzte Proviande-Vizepräsident Adrian Waldvogel aus Stetten (SH), der die Generalversammlung organisiert hatte. Waldvogel, Präsident der Geflügelproduzenten, scheute sich nicht, Geflügelfleisch an der GV ins Zentrum zu setzen. «Geflügel ist auf dem Vormarsch. Die Zeiten sind vorbei, wo ein Pouletbrüstli auf dem Grill belächelt wurde», sagte er. In den vergangenen zehn Jahren ist denn auch Pro-Kopf-Verbrauch beim Geflügel um 20 Prozent gestiegen.

Einstimmung und zügig durch die Traktanden

Aber zurück zu Markus Zemp. Er handelte die Traktanden zügig ab. Jahresrechnung, Jahresbericht, Gewinnverteilung und Statutenänderung wurden einstimmig angenommen.

Eine Erklärung gab Proviande-Direktor Heinrich Bucher zur Jahresrechnung. Dort reduzierte das Bundesamt für Landwirtschaft die Fördermittel für die Absatzförderung im Inland um Fr. 550 000.–. «Anscheinend beurteilt das BLW die Mittelzuteilung an die Fleischwirtschaft um einiges anders als in den Vorjahren – aus was für Gründen auch immer», sagte Bucher. Auch 2024 hätten sie diesen Bonus nicht mehr erhalten.

Den Verlust kompensierte die Proviande 2023 mit Eigenmitteln. Auch reduzierte sie den Projekt- und Marketingaufwand, sodass 2023 gleichwohl ein Bilanzgewinn von rund Fr. 1,3 Mio resultierte, der abzüglich einer Verzinsung für das Genossenschaftskapital der neuen Rechnung zugewiesen wurde.

Neue Gesichter im Vorstand

Die Proviande-Verwaltung verlassen Walter Arnold, Walter Koller, Meinrad Pfister, Ernst Wandfluh und Lutz von Strauss. Die sechs Neuen im Verwaltungsrat wurden einstimmig gewählt. Es handelt sich um:

  • Thomas Achermann vom Schweizerischen Viehhändler-Verband
  • Andreas Bernhard von der Suisse­porcs
  • Christoph Egger vom Schweizer Fleisch-Fachverband
  • Udo Manz von der Micarna
  • François Monin von der IG öffent­liche Märkte
  • Daniel Schwager von den schweizerischen Geflügelproduzenten

Neuer Vizepräsident mit einjäh­ri­­­ger Amtsdauer ist Peter Hinder aus Braun­au TG, der nächstes Jahr die Generalversammlung in der Ostschweiz organisieren wird.

Gastrosuisse nun vollwertiges Mitglied

Passend zum 25-jährigen Jubiläum wurde auch ein 25. Mitglied in die Proviande aufgenommen, und zwar die Gastrosuisse. Einsitz nehmen aus dem Gastrosuisse-Vorstand Bruno Lustenberger und Moritz Rogger. Das war längst überfällig, findet doch laut Lustenberger über die Hälfte des Fleischkonsums in der Gastronomie statt. «So haben wir lückenlos vom Produzenten bis zur Gastronomie alle an Bord», kommentierte Heinrich Bucher die nun vollständige Abdeckung der Wertschöpfungskette im Fleischbereich.

Ressourcenprojekt Taurus wird aufgegleist

An seiner letzten Generalversammlung als Proviande-Direktor machte Heinrich Bucher den Ausblick und verwies Heinrich Bucher auf das Ressourcenprojekt «Taurus». «Wir liefern damit Lösungen, wie man die Klimaziele erreichen kann – ohne dass Wertschöpfung verloren geht», sagte er. Ziel ist, durch genombasierte Zucht eine nachhaltigere Rindviehproduktion zu erreichen. Hinter dem Projekt stehen neben der Proviande die Arbeitsgemeinschaft Schweizerischer Rinderzüchter und die BO Milch.

Leistungsauftrag behalten

2025 schreibt das BLW den Leistungsauftrag neu aus. Im Rahmen dessen übernimmt Proviande unter anderem die Überwachung und Durchführung der öffentlichen Schlachtviehmärkte sowie Marktentlastungsmassnahmen. Die Proviande wolle dafür wiederum den Zuschlag, sagte Bucher. Dafür erhielt die Branchenorganisation 2023 vom Bund Fr. 5,7 Mio. Bleibt zu hoffen, dass Proviande dieses Ziel bis Mitte 2025 erreicht. Ab dann steht Direktor Heinrich Bucher nicht mehr zur Verfügung. Er hat sich entschieden, Mitte 2025 in Pension zu gehen.


Schluss mit Schaufeln zählen

Seit Jahrzehnten wird das Alter von Rindvieh und Schafen im Schlachtviehhandel anhand des Zahnwechsels – der Anzahl Schaufeln – bestimmt. Ab 2025 ist damit Schluss und es kommen stattdessen bereits vo-rhandene Angaben aus der Tierverkehrsdatenbank (TVD) zum Einsatz, teilt die Proviande mit.

Die Methode sei mit Ungenauigkeit behaftet und die TVD liefert genaue Angaben zum kalendarischen Alter, ohne dass bei offenem Maul gezählt werden muss. Auch würden rassenspezifische Unterschiede und das schwierige Erkennen von frisch erscheinenden Schaufeln die Aufgabe erschweren.

«Da mittlerweile sämtliche Geburtsdaten von Kälbern oder Lämmern in der TVD registriert werden müssen, besteht die Möglichkeit, das genaue Alter der Tiere dieser Gattungen abzufragen», hält Pro­viande fest. Die neue Regelung gilt ab 1. Januar 2025.


In Zukunft digitale Schlachtmärkte?

Immer wieder gibt es Stimmen an Viehmärkten, die kritisieren, dass es zwischen den Händlern zu missbräuch­lichen und vorgängigen Absprachen käme. Diese Kritik nimmt Proviande zum Anlass, um ein elektronisches Versteigerungsverfahren zu testen. «Mit einem elektronischen Versteigerungs­system weiss niemand, wer wie viel geboten hat, sodass keine Absprachen möglich sein werden», sagte Proviande-Direktor Heinrich Bucher an der Generalversammlung.

Im Herbst – nach den Sommer­ferien – werde Proviande einen Testlauf auf einem Schlachtviehmarkt durchführen. Dabei handle es sich nicht um einen «realen Markt», sondern es werde ein Schlachtviehtag simuliert, so Heinrich Bucher.