Der Schlachtviehmarkt hat sich nach dem Einbruch im März und April überraschend gut erholt. Das Angebot an Schlachtvieh aller Art ist normal bis sehr knapp. Die Produzentenpreise sind so hoch wie schon lange nicht mehr. Die Aussichten auf dem Viehmarkt bleiben weiterhin gut.
Gute Preise für Schlachtvieh
Wenn man die bisher guten Produzentenpreise in den ersten 38 Wochen des laufenden Jahres mit der gleichen Vorjahreszeit vergleicht, sieht es so aus:
- Für die QM-Muni T3 erhielten die Mäster im Schnitt 27 Rappen mehr je Kilo Schlachtgewicht (SG) als 2019.
- Bei den T3-Rindern beträgt der Mehrpreis bisher im Jahresschnitt 30 Rappen mehr pro Kilo SG.
- Bei den T3- und A3-Schlachtkühen beträgt der Mehrpreis 54 Rappen je Kilo SG.
- Bei den QM-Kälbern T3 beträgt der Mehrerlös bisher 57 Rappen je Kilo SG.
- Bei den QM-Lämmern beträgt der Mehrerlös Fr. 1.24 je Kilo SG.
Im Corona-Lockdown änderte sich das Essverhalten grundlegend:
- Es wurde zu Hause gekocht statt im Restaurant gegessen. Man weiss: Am heimischen Herd werden die Fleischportionen grosszügiger bemessen als im Restaurant.
- Während zwei Monaten fiel der Einkaufstourismus völlig weg. Der Einkaufstourismus hat bis heute noch nicht die Ausmasse der Vor-Corona-Zeit erreicht.
Hohe Importe beantragt
Angesichts der guten Marktlage und des bei fast allen Kategorien knappen Angebots hat Proviande an der Sitzung vor einer Woche folgende hohen Importe beantragt:
- Rindfleisch: Für Oktober wurden 425 Tonnen Nierstücke, 100 t Verarbeitungsfleisch und 1000 t Kühe in Hälften beantragt.
- Kalbfleisch: 75 t Import-Kalbfleisch und 50 t Import-Kalbslebern sind bis 31.12. beantragt.
- Spezialstücke: Bis Ende Jahr sind 20 t Rindszungen und 20 t Ochsenmaul beantragt.
- Weitere Importe: Dazu kommen noch Geflügel- (11 600 t), Lamm- (1200 t) und Pferdefleisch (700 t); ebenfalls mit Frist 31. Dezember.
- Auslagerung: Infolge der guten Marktsituation bei den Kälbern hat Proviande die gesamte verbleibende Lagermenge Kalbfleisch sofort freigegeben.
Angesichts der guten Marktlage ist anzunehmen, dass das BLW die Importe bewilligt. Erstaunlich sind die Freigaben sämtlicher tiefgekühlter Lager an Kalbfleisch und die beantragten Kalbfleisch-Importe. Denn dieser Markt brach während der Lockdown-Zeit zeitweise völlig ein.
Weniger Kälber gemästet
Markus Zemp ist Präsident der Branchenorganisation Proviande. Offensichtlich, so Zemp, hätten viele Kälbermäster im Frühling den Glauben an bessere Zeiten verloren und die Kälbermast ganz aufgegeben oder vorübergehend keine Kälber mehr eingestallt und deshalb sei aktuell das Kalbfleischangebot tief. «Proviande berücksichtigt bei Importanträgen die aktuelle Marktlage», betont Zemp. Aus diesem Grund seien die Importanträge für den September im Hinblick auf die Zeit nach den Alpabfahrten mit 400 t Nierstücken, 150 t Kuhfleisch und 900 t Kühen in Hälften kleiner als üblich ausgefallen. «Auch die nächste Woche bleibt das Kuhangebot mit 690 angemeldeten Kühen für die Jahreszeit aussergewöhnlich tief», beobachtete Zemp. Zum Vergleich: Vor zwei Jahren, im Trockenjahr 2018, kamen in der gleichen Kalenderwoche mehr als doppelt so viel Schlachtkühe auf die öffentlichen Märkte.
Das Angebot an grossem Bankvieh ist klein bis steigend und das bei bereits höherer Produktion als in der gleichen Zeit 2019. Die Munipreise mit aktuell Fr. 9.80 für T3 um 30 Rappen höher als vor einem Jahr. Die Fr. 9.50 bezeichnete man damals schon als «gut».
Weiterhin gute Aussichten
«Die Munipreise profitieren indirekt von der knappen Versorgung des Marktes mit Kuhfleisch», weiss Zemp. Der nächste Wintereinbruch bringe zwar mehr Schlachttiere, aber auch diese Mehrmenge schlucke der Markt problemlos.