Böse Überraschung für Landwirt Rolf Kammermann von der Allmend in Zell LU. Mitte Juli lieferte er einem lokalen Viehhändler zwei rund neunjährige abgehende Milchkühe. Die eine hätte er zwar gerne noch behalten, brachte sie aber nicht mehr trächtig. Die andere lie­ferte er wegen ungenügender Milchleistung zur Schlachtbank. Die Kühe wurden bei der Marmy SA im Freiburgischen geschlachtet.

Fleisch ungeniessbar

Schon tags darauf erhielt Kammermann vom dortigen Fleischkontrolleur Bescheid: Der eine Schlachtkörper sei ungeniessbar wegen generalisiertem Befall mit Sarkosporidien. Bei der älteren, leichteren Kuh war hingegen alles in Ordnung, für diese erhielt er rund 2200 Franken ausbezahlt. Für den beanstandeten Schlachtkörper ging er leer aus, die rund 325 Kilo schwere Kuh hätte wohl gegen 2500 Franken gebracht, bedauert Kammermann. Der Schaden war aber noch grösser. So wurden ihm noch netto rund 175 Franken für die Entsorgung in Rechnung gestellt, dies nach Belastung für Schlachtung und Abzüge, sowie Erlös von rund 97 Franken für das «ungeniessbare» Fleisch. Dieses konnte nur noch als «Nebenprodukt K3» als Futter für Zootiere zu 30 Rappen das Kilo verwendet werden, und zwar nach Tiefkühlung bei Minus 20 Grad während fünf Tagen, wie dem schriftlichen Entscheid des Fleischschauers zu entnehmen ist.

Auf seine Nachfrage bestätigte ihm der Veterinär des Schlachthofes den Befund, sandte auch ein Infomerkblatt über Sarkosporidiose und erklärte, dass solche Fälle eher selten seien. Ursache könne Kot von Fleischfressern wie Hunden oder Katzen, aber auch von Füchsen oder Dachsen sein. Der Parasit könne aber nur im toten Tier bei der Fleischschau nachgewiesen werden.

Schaden bleibt ungedeckt

Kammermann betont, dass beide Tiere vor der Schlachtung gesund waren, und nichts darauf hindeutete, dass ein Tier von dieser Krankheit betroffen sei. Die Milchkühe sind im Sommer auf den Weiden beim zugepachteten Betrieb in Fischbach, werden dort auch gemolken. Den Winter über sind die Tiere auf dem Stammbetrieb Allmend in Zell. So kann Kammermann auf aufwendige Futtertransporte verzichten.

Wo und wie die eine Kuh infiziert wurde, ist unklar. Es sei schon denkbar, dass die vielen Hunde und Katzen in der Region ein Häufchen liegenliessen, das nun dem Tier zum Verhängnis wurde. Stark verunsichert ist Kammermann, weil er nicht weiss, ob weitere seiner Kühe den Parasiten in sich tragen und so bei der Schlachtung das Fleisch wieder als ungeniessbar erklärt würde.

Den Schaden wollte er nicht einfach so hinnehmen. So erkundigte er sich bei der Versicherungsberatung des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbandes, ob so ein Fall abgedeckt sei. Nein, beschied ihm diese, dies sei kein Unfall, allenfalls zahle ja die Tierseuchenkasse. Doch auch die Nachfrage beim Luzerner Veterinärdienst wurde negativ beantwortet.

 

Betriebsspiegel

Standort: Eigentümerbetrieb in Zell und Zupachtbetrieb in Fischbach, je 11 ha LN, somit 22 ha LN

Kulturen: 4 ha Getreide, 1 ha Mais, Rest Mähwiesen und Weiden

Tierhaltung: 25 Milchkühe, 3 bis 4 Stück Jungvieh, 40 Mastschweine

Arbeitskräfte: Vater und Sohn, dieser noch 60 Prozent Nebenerwerb in Forstwirtschaft

 

Keine Tierseuche

Dies bestätigt Martin Brügger, Leiter des Luzerner Veterinärdienstes, auf Anfrage der BauernZeitung. Von der Tierseuchenkasse könne keine Entschädigung erwartet werden. Sarkosporidiose gelte gemäss Tierseuchenverordnung nicht als Tierseuche. Generalisierte Sarkosporidiose sei jedoch in der Verordnung über die Hygiene beim Schlachten als möglicher Grund für eine Genussuntauglichkeitserklärung des Schlachttierkörpers aufgeführt. Eine Entschädigung könne daraus aber nicht abgeleitet werden. «Dafür müsste die Krankheit in der Tierseuchenverordnung entsprechend geregelt sein», erklärt Brügger.

Gemäss Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen ist Sarkosporidiose weder bei den hochansteckenden, noch auszurottenden, noch zu bekämpfenden noch zu überwachenden Tierseuchen gelistet, sondern bei den «weiteren Tierkrankheiten». Gewinnen diese aber in der Schweiz an Bedeutung, so könnten sie in eine der oben erwähnten Kategorien der meldepflichtigen Seuchen aufgenommen werden, heisst es auf der Website. Das ist offensichtlich nicht der Fall.

Meldung für Statistik

Fälle von Sarkosporidiose würden aber jeweils vom Fleischkontrolleur an die kantonale Behörde gemeldet, dies erfolge nur zu statistischen Zwecken, erklärt Martin Brügger. Allfällige Massnahmen im Betrieb seien Sache zwischen dem Bestandestierarzt und dem Tierhalter, der Veterinärdienst habe keine gesetzliche Grundlage, einzugreifen. Fälle von Sarkosporidiose gebe es im Kanton Luzern nur sehr vereinzelt, es sei auch keine Zunahme in den letzten Jahren feststellbar und auch keine Häufung je nach Region, erklärt Brügger.

Versicherungsschutz prüfen

Das nützt Landwirt Kammermann wenig, und viele Fragen bleiben offen. Es sei ja schon bedenklich, wenn am lebenden Tier nichts erkennbar sei, das Fleisch nach der Schlachtung als ungeniessbar gilt, und die Ursache der Kot von Haustieren sein könne. «Dann sollten solche Fälle zumindest versicherbar sein.»

Das sind sie, weiss Franz ­Philipp, Geschäftsführer der Schwyzer Viehvermarktungs AG. Er verweist auf die Schweizer Schlachtviehversicherung. Auf öffentlichen Schlachtviehmärkten aufgeführte Tiere seien gegen Sarkosporidiose versichert. «Was bei der Einschätzung der Lebendtiere nicht erkennbar ist, gilt als versichert.» Er bestätigt auch, dass diese Krankheit sehr selten ist. 

 

Rinder und Schweine sind Zwischenwirte

Bei der Sarkosporidiose be­fallen Sporentierchen als ­Zwischenwirte Rinder und Schweine und als Endwirte fleischfressende Tiere wie Hunde oder Katzen. Aber auch der Mensch kann Endwirt sein. Oft verläuft eine Infektion mit Sarkosporidiose ohne Symptome. Es können aber Übelkeit, Durchfall, Bauchschmerzen und Muskelschwäche auftreten. Die Erreger der Krankheit sind Sporentierchen der Gattung Sarcocystis. Die Ansteckung erfolgt über den Verzehr von verseuchten Nahrungsmitteln, so infiziertes Fleisch von Zwischenwirten, oder durch Kot. Nutztiere sollen möglichst nicht mit Kot von fleischfressenden Tieren in Kontakt kommen. Hunden und Katzen sollte nur vorgängig gefrorenes Fleisch verfüttert werden. (Quelle: Bundesamt für ­Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen)