Am Dienstag wurden in der Vianco-Arena Gunzwil LU 45 Kühe versteigert, im Schnitt für 3767 Franken – deutlich teurer als in den vergangenen Wochen. Auch die acht Rinder galten 2829 Franken. Etwas überraschend ist dies auch für Auktionator Michael Rüegsegger. Er vermutet, dass mehrere Faktoren zusammenkamen. Einerseits sei im Moment das Angebot eher klein. Hinzu komme, dass es nun in einigen Regionen geregnet habe und man somit wieder Futter habe. Aber auch die Qualität der Verkaufstiere sei hervorragend gewesen. Jedoch habe man beim Kuhhandel immer die Futterfrage im Hinterkopf. Sobald wie jetzt wieder Regen gemeldet sei, spüre man sofort eine bessere Nachfrage.
Mastkühe gesucht
Ähnliche Signale kommen diese Woche von den Schlachtviehmärkten, wo die Mastkühe deutlich überboten werden. So wurden beispielsweise an den öffentlichen Märkten in Bern die VK/3X für durchschnittlich 2379 Franken gehandelt, diese erzielten eine Überbietung von 799 Franken. Aber auch die VK/T erzielten im Schnitt 3442 Franken, mit einer durchschnittlichen Überbietung von 340 Franken.
Zu viele Aufzuchttiere
Auf den ersten Blick gibt es kaum Grund zur Sorge. Aber diese könnte derzeit auf den Alpen weiden. Aufzuchtbetriebe und die Auktionen spüren ein zu grosses Angebot an Jungvieh – der Absatz harzt. Auch Michael Rüegsegger befürchtet, dass Jungvieh im Herbst und Winter Mühe haben wird. Doch er rechnet damit, dass ein Grossteil dieses Problems gelöst werden könnte, wenn weniger saisonal abgekalbt würde: «Jetzt wären Kühe und Tränker sehr gesucht und würden gut bezahlt. Im Herbst und Winter werden wir dann viele Abkalbungen haben und zu viele Tiere auf dem Markt.» Aber wegen der vermehrten gesexten Besamungen kommen mehr weibliche Tiere zur Welt und werden dann aufgezogen. Das zeigt auch die Statistik. Während der Milchkuhbestand innert Jahresfrist um 11'212 Tiere abgenommen hat, stehen 5071 Stück mehr ungekalbte Rinder in den Ställen.
Steigende Jungviehzahlen, schwierige Prognose
Bereits länger zeigt sich, Milchviehrinder erzielen tiefere Preise und lassen sich schwerer verkaufen. Einerseits wollen Milchproduzenten zunehmend eine «funktionierende» Kuh kaufen, die auf allen Vierteln einwandfreie Milch gibt und gut gekalbt hat. Andererseits ist das Angebot an weiblichen Zuchttieren wegen gesexter Besamungen gestiegen, während es immer weniger Milchkühe gibt.
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Zu wenig Braunvieh
Bei den Zuchtverbänden beurteilt man die Situation unterschiedlich. Beim Braunvieh rechnet der angehende Direktor Martin Rust nicht mit einem Überangebot an Jungvieh: «Es scheint eher, dass der Markt ausgetrocknet ist und das Angebot von guten Zuchttieren knapp ist», lautet seine Einschätzung. Die Anzahl der Zuchtbesamungen liege in der letzten Saison gar deutlich tiefer als in den Vorjahren. Dies werde teilweise durch einen höheren Einsatz von gesextem Sperma ausgeglichen. Der Anteil der gesexten Besamungen lag 2022 bei 37 Prozent der Zuchtbesamungen, der Anteil Fleischrassenbesamungen lag bei 47 Prozent.
Verschiebung zu Milch
Auch bei Swissherdbook sieht man den Grund für den etwas harzigen Absatz eher bei der ungewissen Futtersituation als bei einer zu hohen Kälberzahl. Der Blick in die Statistik des grössten Herdebuchs zeigt, im Jahr 2019 wurden noch 68 270 weibliche Jungtiere registriert, im vergangenen Jahr waren es bereits 76 724. Gleichzeitig stiegen aber hier auch die Anzahl abgeschlossene Laktationen von 161 039 im Jahr 2019 auf 162 429 im vergangenen Jahr. Die Verschiebung beim Jungvieh geschah in erster Linie bei den milchbetonten Rassen, die gesext besamt werden, während die Zweinutzungsrassen weniger Aufzuchttiere generierten. Aber auch hier hat die Anzahl der Fleischrassenbesamungen zugenommen.
Mehr Tiere geschlachtet
Ebenfalls auf den Schlachtviehmärkten machte sich das etwas grössere Rinderangebot heuer bemerkbar. So stiegen im ersten Halbjahr die Grossviehschlachtungen um 2,5 Prozent, von 188 849 Stück im vergangenen Jahr auf 193 545 Stück heuer. Die grösste Zunahme bei den Schlachtzahlen gab es bei den Kategorien Rindern und Ochsen. So wurden heuer schon 47 864 Rinder, rund 2500 Stück mehr als im ersten Halbjahr 2021, geschlachtet. Bei den Ochsen wurden rund tausend Stück mehr geschlachtet, nämlich 25 179 Tiere. Und auch hier zeigt sich, der Schlachtviehmarkt ist stark vom Wetter und vom Futter abhängig.